lichen Nachtheile aber so weit als möglich zu beschränken. Hierbei ist denn ein Unterschied zu machen zwischen solchen Versammlungen, deren Zahl schon verfassungsmäßig und nach dem Begriffe derselben beschränkt ist, und sehr zahlreichen Ver- sammlungen, welche einer möglichst großen Betheiligung zugäng- lich sein sollen.
Bei kleineren Versammlungen ist zweierlei ins Auge zu fassen. Einmal, eine tüchtige Geschäftsausbildung sämmt- licher zur Theilnahme Berufener, wie eine solche sowohl noth- wendig zur Erreichung einer guten Regierung, als möglich bei den besonderen Verhältnissen der Berechtigten ist. Zweitens die Sorge dafür, daß die Zahl der zur Mitregierung Berufenen nicht allmälig sich allzu sehr verringere, was Verlust von Kraft und von Befähigung zur Folge hätte. Ersteres mag denn aber erreicht werden durch eine zweckmäßige Erziehung sämmtlicher zur Mitregierung einst Berufener, sowie durch frühe wohlgeordnete und vielseitige Uebung in Staatsgeschäften. Gegen allzu große Verminderung der Zahl hilft bei einer erblichen Aristokratie die Möglichkeit einer Aufnahme neuer Mitglieder, natürlich mit Verhinderung von Uebermaß; bei einer Regierung Bevorzugter dagegen, wo das Vermögen den Ausschlag gibt, ist vorübergehende Herabsetzung des Census räthlich, wenn die unverminderte Aufrechterhaltung der ganzen Summe die vollständige Ergänzung nicht gestattete.
In reinen Volksherrschaften kann selbstredend von einer systematischen Erziehung aller Bürger zur Regierung nicht die Rede sein, und braucht man anderer Seits ein Erlöschen der Regierungsberechtigten nicht zu fürchten; vielmehr ist hier die Aufgabe, durch Ausschließung der nach ihren Verhältnissen wahrscheinlich Unfähigen eine übergroße Ausdehnung der Volks- versammlung zu verhindern und zu gleicher Zeit wenigstens eine negative Sicherstellung der Regierungsbefähigung zu er-
lichen Nachtheile aber ſo weit als möglich zu beſchränken. Hierbei iſt denn ein Unterſchied zu machen zwiſchen ſolchen Verſammlungen, deren Zahl ſchon verfaſſungsmäßig und nach dem Begriffe derſelben beſchränkt iſt, und ſehr zahlreichen Ver- ſammlungen, welche einer möglichſt großen Betheiligung zugäng- lich ſein ſollen.
Bei kleineren Verſammlungen iſt zweierlei ins Auge zu faſſen. Einmal, eine tüchtige Geſchäftsausbildung ſämmt- licher zur Theilnahme Berufener, wie eine ſolche ſowohl noth- wendig zur Erreichung einer guten Regierung, als möglich bei den beſonderen Verhältniſſen der Berechtigten iſt. Zweitens die Sorge dafür, daß die Zahl der zur Mitregierung Berufenen nicht allmälig ſich allzu ſehr verringere, was Verluſt von Kraft und von Befähigung zur Folge hätte. Erſteres mag denn aber erreicht werden durch eine zweckmäßige Erziehung ſämmtlicher zur Mitregierung einſt Berufener, ſowie durch frühe wohlgeordnete und vielſeitige Uebung in Staatsgeſchäften. Gegen allzu große Verminderung der Zahl hilft bei einer erblichen Ariſtokratie die Möglichkeit einer Aufnahme neuer Mitglieder, natürlich mit Verhinderung von Uebermaß; bei einer Regierung Bevorzugter dagegen, wo das Vermögen den Ausſchlag gibt, iſt vorübergehende Herabſetzung des Cenſus räthlich, wenn die unverminderte Aufrechterhaltung der ganzen Summe die vollſtändige Ergänzung nicht geſtattete.
In reinen Volksherrſchaften kann ſelbſtredend von einer ſyſtematiſchen Erziehung aller Bürger zur Regierung nicht die Rede ſein, und braucht man anderer Seits ein Erlöſchen der Regierungsberechtigten nicht zu fürchten; vielmehr iſt hier die Aufgabe, durch Ausſchließung der nach ihren Verhältniſſen wahrſcheinlich Unfähigen eine übergroße Ausdehnung der Volks- verſammlung zu verhindern und zu gleicher Zeit wenigſtens eine negative Sicherſtellung der Regierungsbefähigung zu er-
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lichen Nachtheile aber ſo weit als möglich zu beſchränken.
Hierbei iſt denn ein Unterſchied zu machen zwiſchen ſolchen
Verſammlungen, deren Zahl ſchon verfaſſungsmäßig und nach
dem Begriffe derſelben beſchränkt iſt, und ſehr zahlreichen Ver-
ſammlungen, welche einer möglichſt großen Betheiligung zugäng-
lich ſein ſollen.
Bei kleineren Verſammlungen iſt zweierlei ins Auge
zu faſſen. Einmal, eine tüchtige Geſchäftsausbildung ſämmt-
licher zur Theilnahme Berufener, wie eine ſolche ſowohl noth-
wendig zur Erreichung einer guten Regierung, als möglich bei
den beſonderen Verhältniſſen der Berechtigten iſt. Zweitens
die Sorge dafür, daß die Zahl der zur Mitregierung Berufenen
nicht allmälig ſich allzu ſehr verringere, was Verluſt von
Kraft und von Befähigung zur Folge hätte. Erſteres mag
denn aber erreicht werden durch eine zweckmäßige Erziehung
ſämmtlicher zur Mitregierung einſt Berufener, ſowie durch
frühe wohlgeordnete und vielſeitige Uebung in Staatsgeſchäften.
Gegen allzu große Verminderung der Zahl hilft bei einer
erblichen Ariſtokratie die Möglichkeit einer Aufnahme neuer
Mitglieder, natürlich mit Verhinderung von Uebermaß; bei
einer Regierung Bevorzugter dagegen, wo das Vermögen den
Ausſchlag gibt, iſt vorübergehende Herabſetzung des Cenſus
räthlich, wenn die unverminderte Aufrechterhaltung der ganzen
Summe die vollſtändige Ergänzung nicht geſtattete.
In reinen Volksherrſchaften kann ſelbſtredend von
einer ſyſtematiſchen Erziehung aller Bürger zur Regierung nicht
die Rede ſein, und braucht man anderer Seits ein Erlöſchen
der Regierungsberechtigten nicht zu fürchten; vielmehr iſt hier
die Aufgabe, durch Ausſchließung der nach ihren Verhältniſſen
wahrſcheinlich Unfähigen eine übergroße Ausdehnung der Volks-
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/631>, abgerufen am 24.11.2024.
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