rung seiner Vorzüge und zur möglichsten Beseitigung seiner gefährlichen Eigenschaften. Die bedeutendsten dieser Maaßregeln sind nachstehende:
1. Ordnung der Ehen in den regierenden Familien. -- Daß nur eheliche Kinder in der Regierung nachfolgen dürfen, ist nicht blos eine Berücksichtigung sittlicher Forderungen, son- dern ist auch der Unzweifelhaftigkeit der Ansprüche wegen noth- wendig. Wer von den aus einer Ehe Stammenden der nach bestimmten Grundsätzen Nächstberechtigte ist, kann nie zweifel- haft sein; wohl aber wäre jedem Truge, und somit jeder Un- gewißheit, Thür und Thor geöffnet, wenn auch angebliche uneheliche Kinder einen Anspruch geltend machen könnten. Eine nothwendige Folge hiervon ist denn namentlich, daß alle ge- setzlichen Vorschriften, welche die Thatsache und den Zeitpunkt der Eingehung einer Ehe zu beweisen bestimmt sind., in den regierenden Familien vorzugsweise eingehalten werden müssen. Es ist daher nicht blos vom Standpunkte des positiven Rechtes, son- dern weit mehr noch aus dem der Zweckmäßigkeit gegen den Begriff von Gewissensehen u. dgl. in den fürstlichen Familien ernstlichste Verwahrung einzulegen. Mit der Unzweifelhaftigkeit der Regierungsberechtigung geht einer der Hauptvortheile der Erbmonarchie, welcher für manche Schattenseiten derselben Ent- schädigung zu gewähren hat, verloren. -- Die Staatsklugheit erfordert aber überdieß noch, daß die Ehen in den fürstlichen Familien einer Reihe von ganz eigenthümlichen Bestimmungen unterworfen werden, für welche in der Stellung von Privat- personen kein Bedürfniß vorhanden ist, und welche daher auch dem gemeinen Rechte des Landes fremd sein können und selbst müssen. Namentlich gehören hierher die beiden Satzungen, daß die Ehen in den fürstlichen Familien nur ebenbürtige seien, d. h. nur mit ebenfalls Fürstenmäßigen abgeschlossen werden können; und daß zu ihrer Gültigkeit die Zustimmung des
rung ſeiner Vorzüge und zur möglichſten Beſeitigung ſeiner gefährlichen Eigenſchaften. Die bedeutendſten dieſer Maaßregeln ſind nachſtehende:
1. Ordnung der Ehen in den regierenden Familien. — Daß nur eheliche Kinder in der Regierung nachfolgen dürfen, iſt nicht blos eine Berückſichtigung ſittlicher Forderungen, ſon- dern iſt auch der Unzweifelhaftigkeit der Anſprüche wegen noth- wendig. Wer von den aus einer Ehe Stammenden der nach beſtimmten Grundſätzen Nächſtberechtigte iſt, kann nie zweifel- haft ſein; wohl aber wäre jedem Truge, und ſomit jeder Un- gewißheit, Thür und Thor geöffnet, wenn auch angebliche uneheliche Kinder einen Anſpruch geltend machen könnten. Eine nothwendige Folge hiervon iſt denn namentlich, daß alle ge- ſetzlichen Vorſchriften, welche die Thatſache und den Zeitpunkt der Eingehung einer Ehe zu beweiſen beſtimmt ſind., in den regierenden Familien vorzugsweiſe eingehalten werden müſſen. Es iſt daher nicht blos vom Standpunkte des poſitiven Rechtes, ſon- dern weit mehr noch aus dem der Zweckmäßigkeit gegen den Begriff von Gewiſſensehen u. dgl. in den fürſtlichen Familien ernſtlichſte Verwahrung einzulegen. Mit der Unzweifelhaftigkeit der Regierungsberechtigung geht einer der Hauptvortheile der Erbmonarchie, welcher für manche Schattenſeiten derſelben Ent- ſchädigung zu gewähren hat, verloren. — Die Staatsklugheit erfordert aber überdieß noch, daß die Ehen in den fürſtlichen Familien einer Reihe von ganz eigenthümlichen Beſtimmungen unterworfen werden, für welche in der Stellung von Privat- perſonen kein Bedürfniß vorhanden iſt, und welche daher auch dem gemeinen Rechte des Landes fremd ſein können und ſelbſt müſſen. Namentlich gehören hierher die beiden Satzungen, daß die Ehen in den fürſtlichen Familien nur ebenbürtige ſeien, d. h. nur mit ebenfalls Fürſtenmäßigen abgeſchloſſen werden können; und daß zu ihrer Gültigkeit die Zuſtimmung des
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rung ſeiner Vorzüge und zur möglichſten Beſeitigung ſeiner
gefährlichen Eigenſchaften. Die bedeutendſten dieſer Maaßregeln
ſind nachſtehende:
1. Ordnung der Ehen in den regierenden Familien. —
Daß nur eheliche Kinder in der Regierung nachfolgen dürfen,
iſt nicht blos eine Berückſichtigung ſittlicher Forderungen, ſon-
dern iſt auch der Unzweifelhaftigkeit der Anſprüche wegen noth-
wendig. Wer von den aus einer Ehe Stammenden der nach
beſtimmten Grundſätzen Nächſtberechtigte iſt, kann nie zweifel-
haft ſein; wohl aber wäre jedem Truge, und ſomit jeder Un-
gewißheit, Thür und Thor geöffnet, wenn auch angebliche
uneheliche Kinder einen Anſpruch geltend machen könnten. Eine
nothwendige Folge hiervon iſt denn namentlich, daß alle ge-
ſetzlichen Vorſchriften, welche die Thatſache und den Zeitpunkt
der Eingehung einer Ehe zu beweiſen beſtimmt ſind., in den
regierenden Familien vorzugsweiſe eingehalten werden müſſen. Es
iſt daher nicht blos vom Standpunkte des poſitiven Rechtes, ſon-
dern weit mehr noch aus dem der Zweckmäßigkeit gegen den
Begriff von Gewiſſensehen u. dgl. in den fürſtlichen Familien
ernſtlichſte Verwahrung einzulegen. Mit der Unzweifelhaftigkeit
der Regierungsberechtigung geht einer der Hauptvortheile der
Erbmonarchie, welcher für manche Schattenſeiten derſelben Ent-
ſchädigung zu gewähren hat, verloren. — Die Staatsklugheit
erfordert aber überdieß noch, daß die Ehen in den fürſtlichen
Familien einer Reihe von ganz eigenthümlichen Beſtimmungen
unterworfen werden, für welche in der Stellung von Privat-
perſonen kein Bedürfniß vorhanden iſt, und welche daher auch
dem gemeinen Rechte des Landes fremd ſein können und ſelbſt
müſſen. Namentlich gehören hierher die beiden Satzungen, daß
die Ehen in den fürſtlichen Familien nur ebenbürtige ſeien,
d. h. nur mit ebenfalls Fürſtenmäßigen abgeſchloſſen werden
können; und daß zu ihrer Gültigkeit die Zuſtimmung des
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/634>, abgerufen am 24.11.2024.
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