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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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2. Wie immer die Zahl der Bevölkerung beschaffen sein
mag, so ist es ein vernünftiger Wunsch aller Einzelnen und
der Vortheil der Gesammtheit, daß jeder Lebende gesund sei,
und möglichst lange am Leben bleibe. Allerdings wird
hier ein verständiges Verhalten jedes Einzelnen, sorgfältige
häusliche Pflege in gesunden und kranken Tagen, endlich ver-
breiteter Wohlstand die Hauptsache sein; dennoch ist eine
Nachhülfe des Staates in vielen Fällen unentbehrlich. Die-
selbe umfaßt aber zweierlei Gattungen von Maßregeln:

a. die Medicinalpolizei; welche wieder die doppelte
Aufgabe hat, einer Seits allgemeine Krankheitsursachen,
deren Beseitigung die Kräfte der Einzelnen übersteigt,
möglichst zu entfernen, anderer Seits die nöthigen Heil-
mittel für dennoch eingetretene Erkrankungen zugänglich
zu machen. In erster Beziehung handelt es sich von
Schutzanstalten gegen ansteckende und endemische Krankheiten;
von der Wegräumung schädlicher Einwirkungen auf die
Kindererziehung; von Maaßregeln gegen Verfälschung der
Lebensmittel; von Gesundmachung der Wohnorte. Der
andere Zweck wird erreicht durch Erziehungsanstalten für
ärztliches Personal jeder Art; Ordnung des Apotheken-
wesens und der Gesundbrunnen; Anlegung von Heil-
anstalten für verbreitete Uebel, welchen häusliche Pflege
nicht gewachsen ist (z. B. Geisteskrankheiten); endlich Hülfe
bei allgemeinen Seuchen.
b. Die Vorkehrungen zur Abwendung einzelner äußeren
Lebensgefahren
, z. B. Sicherheitsschranken, nächt-
liche Beleuchtung der Wohnorte, Beseitigung schadhaf-
ter Gebäude, Entfernung gefährlicher Gewerbe oder
Vorräthe.

3. Hülfe bei schwieriger Befriedigung der
nothwendigen Lebensbedürfnisse
. -- Die Berech-

2. Wie immer die Zahl der Bevölkerung beſchaffen ſein
mag, ſo iſt es ein vernünftiger Wunſch aller Einzelnen und
der Vortheil der Geſammtheit, daß jeder Lebende geſund ſei,
und möglichſt lange am Leben bleibe. Allerdings wird
hier ein verſtändiges Verhalten jedes Einzelnen, ſorgfältige
häusliche Pflege in geſunden und kranken Tagen, endlich ver-
breiteter Wohlſtand die Hauptſache ſein; dennoch iſt eine
Nachhülfe des Staates in vielen Fällen unentbehrlich. Die-
ſelbe umfaßt aber zweierlei Gattungen von Maßregeln:

a. die Medicinalpolizei; welche wieder die doppelte
Aufgabe hat, einer Seits allgemeine Krankheitsurſachen,
deren Beſeitigung die Kräfte der Einzelnen überſteigt,
möglichſt zu entfernen, anderer Seits die nöthigen Heil-
mittel für dennoch eingetretene Erkrankungen zugänglich
zu machen. In erſter Beziehung handelt es ſich von
Schutzanſtalten gegen anſteckende und endemiſche Krankheiten;
von der Wegräumung ſchädlicher Einwirkungen auf die
Kindererziehung; von Maaßregeln gegen Verfälſchung der
Lebensmittel; von Geſundmachung der Wohnorte. Der
andere Zweck wird erreicht durch Erziehungsanſtalten für
ärztliches Perſonal jeder Art; Ordnung des Apotheken-
weſens und der Geſundbrunnen; Anlegung von Heil-
anſtalten für verbreitete Uebel, welchen häusliche Pflege
nicht gewachſen iſt (z. B. Geiſteskrankheiten); endlich Hülfe
bei allgemeinen Seuchen.
b. Die Vorkehrungen zur Abwendung einzelner äußeren
Lebensgefahren
, z. B. Sicherheitsſchranken, nächt-
liche Beleuchtung der Wohnorte, Beſeitigung ſchadhaf-
ter Gebäude, Entfernung gefährlicher Gewerbe oder
Vorräthe.

3. Hülfe bei ſchwieriger Befriedigung der
nothwendigen Lebensbedürfniſſe
. — Die Berech-

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[664/0678] 2. Wie immer die Zahl der Bevölkerung beſchaffen ſein mag, ſo iſt es ein vernünftiger Wunſch aller Einzelnen und der Vortheil der Geſammtheit, daß jeder Lebende geſund ſei, und möglichſt lange am Leben bleibe. Allerdings wird hier ein verſtändiges Verhalten jedes Einzelnen, ſorgfältige häusliche Pflege in geſunden und kranken Tagen, endlich ver- breiteter Wohlſtand die Hauptſache ſein; dennoch iſt eine Nachhülfe des Staates in vielen Fällen unentbehrlich. Die- ſelbe umfaßt aber zweierlei Gattungen von Maßregeln: a. die Medicinalpolizei; welche wieder die doppelte Aufgabe hat, einer Seits allgemeine Krankheitsurſachen, deren Beſeitigung die Kräfte der Einzelnen überſteigt, möglichſt zu entfernen, anderer Seits die nöthigen Heil- mittel für dennoch eingetretene Erkrankungen zugänglich zu machen. In erſter Beziehung handelt es ſich von Schutzanſtalten gegen anſteckende und endemiſche Krankheiten; von der Wegräumung ſchädlicher Einwirkungen auf die Kindererziehung; von Maaßregeln gegen Verfälſchung der Lebensmittel; von Geſundmachung der Wohnorte. Der andere Zweck wird erreicht durch Erziehungsanſtalten für ärztliches Perſonal jeder Art; Ordnung des Apotheken- weſens und der Geſundbrunnen; Anlegung von Heil- anſtalten für verbreitete Uebel, welchen häusliche Pflege nicht gewachſen iſt (z. B. Geiſteskrankheiten); endlich Hülfe bei allgemeinen Seuchen. b. Die Vorkehrungen zur Abwendung einzelner äußeren Lebensgefahren, z. B. Sicherheitsſchranken, nächt- liche Beleuchtung der Wohnorte, Beſeitigung ſchadhaf- ter Gebäude, Entfernung gefährlicher Gewerbe oder Vorräthe. 3. Hülfe bei ſchwieriger Befriedigung der nothwendigen Lebensbedürfniſſe. — Die Berech-

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/678>, abgerufen am 24.11.2024.