Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite

erhalten und noch zu steigern wünscht: desto unerläßlicher ist es,
diejenigen Opfer zu bringen, welche zur Vertheidigung des
Daseins der bedingenden Einrichtungen erforderlich sind 1).

Die hierzu führenden Mittel sind verschiedener Art, be-
stehen aber aus zwei Hauptgattungen, nämlich aus der eigenen
Waffenrüstung und aus den Verbindungen mit anderen Staaten
zu gemeinschaftlicher Vertheidigung.

Bei der eigenen Waffenrüstung ist ebenfalls wieder
zu unterscheiden zwischen der Vertheidigungsfähigkeit eines Staates,
welche durch zweckmäßige Bildung des Gebietes und der Grenzen
erlangt wird, und der Errichtung einer zur Bekämpfung der
Feinde bestimmten bewaffneten Macht.

1. Die Vertheidigungsfähigkeit des Staatsge-
bietes hängt theils von seiner Größe, theils von seiner geome-
trischen Figur, theils endlich von der Art der Grenzen ab.
Vergl. hierüber das oben § 88, S. 562 fg., Bemerkte. Zugefügt
mag hier noch sein, daß ein Staat jede von Recht und Sitt-
lichkeit gebilligte Gelegenheit zu ergreifen hat, um die zu seiner
Sicherstellung wünschenswerthe Gestaltung des Gebietes zu er-
langen; aber daß es auch ein Fehler ist, wenn die natürlichen
Verhältnisse unbeachtet bleiben und der Staat sich ehrgeizig
über Landstriche ausdehnt, welche jenseits der natürlichen
Grenzen liegen und die Vertheidigungskraft eher schwächen als
verstärken. -- Wo keine der Kriegskunst entsprechenden Grenzen
erlangt werden können, muß durch Befestigungen das Fehlende
ersetzt werden.

2. Die bewaffnete Macht mag nach drei verschie-
denen Hauptsystemen geordnet werden, von welchen jedes wieder
seine Unterabtheilungen hat, deren Werth verschieden und deren
Annahme oder Verwerfung also Bedingung des Urtheiles ist.

Das System der allgemeinen Volksbewaffnung
beruht wesentlich auf drei Grundgedanken: auf Erdrückung

erhalten und noch zu ſteigern wünſcht: deſto unerläßlicher iſt es,
diejenigen Opfer zu bringen, welche zur Vertheidigung des
Daſeins der bedingenden Einrichtungen erforderlich ſind 1).

Die hierzu führenden Mittel ſind verſchiedener Art, be-
ſtehen aber aus zwei Hauptgattungen, nämlich aus der eigenen
Waffenrüſtung und aus den Verbindungen mit anderen Staaten
zu gemeinſchaftlicher Vertheidigung.

Bei der eigenen Waffenrüſtung iſt ebenfalls wieder
zu unterſcheiden zwiſchen der Vertheidigungsfähigkeit eines Staates,
welche durch zweckmäßige Bildung des Gebietes und der Grenzen
erlangt wird, und der Errichtung einer zur Bekämpfung der
Feinde beſtimmten bewaffneten Macht.

1. Die Vertheidigungsfähigkeit des Staatsge-
bietes hängt theils von ſeiner Größe, theils von ſeiner geome-
triſchen Figur, theils endlich von der Art der Grenzen ab.
Vergl. hierüber das oben § 88, S. 562 fg., Bemerkte. Zugefügt
mag hier noch ſein, daß ein Staat jede von Recht und Sitt-
lichkeit gebilligte Gelegenheit zu ergreifen hat, um die zu ſeiner
Sicherſtellung wünſchenswerthe Geſtaltung des Gebietes zu er-
langen; aber daß es auch ein Fehler iſt, wenn die natürlichen
Verhältniſſe unbeachtet bleiben und der Staat ſich ehrgeizig
über Landſtriche ausdehnt, welche jenſeits der natürlichen
Grenzen liegen und die Vertheidigungskraft eher ſchwächen als
verſtärken. — Wo keine der Kriegskunſt entſprechenden Grenzen
erlangt werden können, muß durch Befeſtigungen das Fehlende
erſetzt werden.

2. Die bewaffnete Macht mag nach drei verſchie-
denen Hauptſyſtemen geordnet werden, von welchen jedes wieder
ſeine Unterabtheilungen hat, deren Werth verſchieden und deren
Annahme oder Verwerfung alſo Bedingung des Urtheiles iſt.

Das Syſtem der allgemeinen Volksbewaffnung
beruht weſentlich auf drei Grundgedanken: auf Erdrückung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0699" n="685"/>
erhalten und noch zu &#x017F;teigern wün&#x017F;cht: de&#x017F;to unerläßlicher i&#x017F;t es,<lb/>
diejenigen Opfer zu bringen, welche zur Vertheidigung des<lb/>
Da&#x017F;eins der bedingenden Einrichtungen erforderlich &#x017F;ind <hi rendition="#sup">1</hi>).</p><lb/>
                <p>Die hierzu führenden Mittel &#x017F;ind ver&#x017F;chiedener Art, be-<lb/>
&#x017F;tehen aber aus zwei Hauptgattungen, nämlich aus der eigenen<lb/>
Waffenrü&#x017F;tung und aus den Verbindungen mit anderen Staaten<lb/>
zu gemein&#x017F;chaftlicher Vertheidigung.</p><lb/>
                <p>Bei der <hi rendition="#g">eigenen Waffenrü&#x017F;tung</hi> i&#x017F;t ebenfalls wieder<lb/>
zu unter&#x017F;cheiden zwi&#x017F;chen der Vertheidigungsfähigkeit eines Staates,<lb/>
welche durch zweckmäßige Bildung des Gebietes und der Grenzen<lb/>
erlangt wird, und der Errichtung einer zur Bekämpfung der<lb/>
Feinde be&#x017F;timmten bewaffneten Macht.</p><lb/>
                <p>1. Die <hi rendition="#g">Vertheidigungsfähigkeit</hi> des Staatsge-<lb/>
bietes hängt theils von &#x017F;einer Größe, theils von &#x017F;einer geome-<lb/>
tri&#x017F;chen Figur, theils endlich von der Art der Grenzen ab.<lb/>
Vergl. hierüber das oben § 88, S. 562 fg., Bemerkte. Zugefügt<lb/>
mag hier noch &#x017F;ein, daß ein Staat jede von Recht und Sitt-<lb/>
lichkeit gebilligte Gelegenheit zu ergreifen hat, um die zu &#x017F;einer<lb/>
Sicher&#x017F;tellung wün&#x017F;chenswerthe Ge&#x017F;taltung des Gebietes zu er-<lb/>
langen; aber daß es auch ein Fehler i&#x017F;t, wenn die natürlichen<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e unbeachtet bleiben und der Staat &#x017F;ich ehrgeizig<lb/>
über Land&#x017F;triche ausdehnt, welche jen&#x017F;eits der natürlichen<lb/>
Grenzen liegen und die Vertheidigungskraft eher &#x017F;chwächen als<lb/>
ver&#x017F;tärken. &#x2014; Wo keine der Kriegskun&#x017F;t ent&#x017F;prechenden Grenzen<lb/>
erlangt werden können, muß durch Befe&#x017F;tigungen das Fehlende<lb/>
er&#x017F;etzt werden.</p><lb/>
                <p>2. Die <hi rendition="#g">bewaffnete Macht</hi> mag nach drei ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Haupt&#x017F;y&#x017F;temen geordnet werden, von welchen jedes wieder<lb/>
&#x017F;eine Unterabtheilungen hat, deren Werth ver&#x017F;chieden und deren<lb/>
Annahme oder Verwerfung al&#x017F;o Bedingung des Urtheiles i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Das Sy&#x017F;tem der <hi rendition="#g">allgemeinen Volksbewaffnung</hi><lb/>
beruht we&#x017F;entlich auf drei Grundgedanken: auf Erdrückung<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[685/0699] erhalten und noch zu ſteigern wünſcht: deſto unerläßlicher iſt es, diejenigen Opfer zu bringen, welche zur Vertheidigung des Daſeins der bedingenden Einrichtungen erforderlich ſind 1). Die hierzu führenden Mittel ſind verſchiedener Art, be- ſtehen aber aus zwei Hauptgattungen, nämlich aus der eigenen Waffenrüſtung und aus den Verbindungen mit anderen Staaten zu gemeinſchaftlicher Vertheidigung. Bei der eigenen Waffenrüſtung iſt ebenfalls wieder zu unterſcheiden zwiſchen der Vertheidigungsfähigkeit eines Staates, welche durch zweckmäßige Bildung des Gebietes und der Grenzen erlangt wird, und der Errichtung einer zur Bekämpfung der Feinde beſtimmten bewaffneten Macht. 1. Die Vertheidigungsfähigkeit des Staatsge- bietes hängt theils von ſeiner Größe, theils von ſeiner geome- triſchen Figur, theils endlich von der Art der Grenzen ab. Vergl. hierüber das oben § 88, S. 562 fg., Bemerkte. Zugefügt mag hier noch ſein, daß ein Staat jede von Recht und Sitt- lichkeit gebilligte Gelegenheit zu ergreifen hat, um die zu ſeiner Sicherſtellung wünſchenswerthe Geſtaltung des Gebietes zu er- langen; aber daß es auch ein Fehler iſt, wenn die natürlichen Verhältniſſe unbeachtet bleiben und der Staat ſich ehrgeizig über Landſtriche ausdehnt, welche jenſeits der natürlichen Grenzen liegen und die Vertheidigungskraft eher ſchwächen als verſtärken. — Wo keine der Kriegskunſt entſprechenden Grenzen erlangt werden können, muß durch Befeſtigungen das Fehlende erſetzt werden. 2. Die bewaffnete Macht mag nach drei verſchie- denen Hauptſyſtemen geordnet werden, von welchen jedes wieder ſeine Unterabtheilungen hat, deren Werth verſchieden und deren Annahme oder Verwerfung alſo Bedingung des Urtheiles iſt. Das Syſtem der allgemeinen Volksbewaffnung beruht weſentlich auf drei Grundgedanken: auf Erdrückung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/699
Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/699>, abgerufen am 24.11.2024.