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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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Weltanschauung, Gewohnheiten, Höhe und Richtung der Bil-
dung; ferner das Wesen ihrer wirthschaftlichen Thätigkeit und
die daraus entstehenden Interessen freundlicher oder feindlicher
Art; die Erinnerungen an früher erfahrene Unbilden und
Kämpfe und die hieraus entstandenen nationellen Abneigungen
oder Mitgefühle. Alle diese zwar nicht in Formen und Ge-
setzen ausgedrückten Bestandtheile des Völkerlebens sind häufig
von den größten Folgen auch für die Handlungsweise der ver-
fassungsmäßigen Staatsorgane, selbst da, wo eine unmittelbare
Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten der Masse des
Volkes nicht zusteht, indem die Herrschenden theils selbst in der
nämlichen geistigen Atmosphäre leben, theils doch Rücksicht zu
nehmen haben auf die Neigungen und auf die Befähigungen
der Bevölkerungen, auf welche sie sich stützen und durch welche
sie wirken 4).

Es ist unmöglich, alle denkbaren Fehler in der Behand-
lung der Staatsgeschichte einzeln bemerklich zu machen und vor
ihnen zu warnen; doch mögen einige, als besonders häufig
vorkommend und in der That auch näher liegend, hervorgehoben
werden. Vorerst ist die persönliche Geschichte der einzelnen
Regenten kein Gegenstand für die Staatsgeschichte, in welcher
dieselben nur insoferne einen Platz finden können, als sie bleibende
und wesentliche Veränderungen im Staatsleben hervorgerufen
haben. Wo möglich noch ungehöriger ist eine ins Einzelne
gehende Geschichte der Kriege, welche lediglich nur in ihren
Ergebnissen, falls diese von staatlicher Bedeutung sind, berück-
sichtigt werden können. Ferner sind einzelne Ereignisse, und
wären sie in andern Beziehungen noch so auffallend und merk-
würdig, nur dann ein gehöriger Stoff zur Besprechung, wenn
sie entweder Veranlassung zu einer neuen Entwickelung des
staatlichen Lebens waren, oder wenn sie etwa als besonders
bezeichnend für den Geist concreter staatlicher Zustände erscheinen.

Weltanſchauung, Gewohnheiten, Höhe und Richtung der Bil-
dung; ferner das Weſen ihrer wirthſchaftlichen Thätigkeit und
die daraus entſtehenden Intereſſen freundlicher oder feindlicher
Art; die Erinnerungen an früher erfahrene Unbilden und
Kämpfe und die hieraus entſtandenen nationellen Abneigungen
oder Mitgefühle. Alle dieſe zwar nicht in Formen und Ge-
ſetzen ausgedrückten Beſtandtheile des Völkerlebens ſind häufig
von den größten Folgen auch für die Handlungsweiſe der ver-
faſſungsmäßigen Staatsorgane, ſelbſt da, wo eine unmittelbare
Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten der Maſſe des
Volkes nicht zuſteht, indem die Herrſchenden theils ſelbſt in der
nämlichen geiſtigen Atmoſphäre leben, theils doch Rückſicht zu
nehmen haben auf die Neigungen und auf die Befähigungen
der Bevölkerungen, auf welche ſie ſich ſtützen und durch welche
ſie wirken 4).

Es iſt unmöglich, alle denkbaren Fehler in der Behand-
lung der Staatsgeſchichte einzeln bemerklich zu machen und vor
ihnen zu warnen; doch mögen einige, als beſonders häufig
vorkommend und in der That auch näher liegend, hervorgehoben
werden. Vorerſt iſt die perſönliche Geſchichte der einzelnen
Regenten kein Gegenſtand für die Staatsgeſchichte, in welcher
dieſelben nur inſoferne einen Platz finden können, als ſie bleibende
und weſentliche Veränderungen im Staatsleben hervorgerufen
haben. Wo möglich noch ungehöriger iſt eine ins Einzelne
gehende Geſchichte der Kriege, welche lediglich nur in ihren
Ergebniſſen, falls dieſe von ſtaatlicher Bedeutung ſind, berück-
ſichtigt werden können. Ferner ſind einzelne Ereigniſſe, und
wären ſie in andern Beziehungen noch ſo auffallend und merk-
würdig, nur dann ein gehöriger Stoff zur Beſprechung, wenn
ſie entweder Veranlaſſung zu einer neuen Entwickelung des
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[724/0738] Weltanſchauung, Gewohnheiten, Höhe und Richtung der Bil- dung; ferner das Weſen ihrer wirthſchaftlichen Thätigkeit und die daraus entſtehenden Intereſſen freundlicher oder feindlicher Art; die Erinnerungen an früher erfahrene Unbilden und Kämpfe und die hieraus entſtandenen nationellen Abneigungen oder Mitgefühle. Alle dieſe zwar nicht in Formen und Ge- ſetzen ausgedrückten Beſtandtheile des Völkerlebens ſind häufig von den größten Folgen auch für die Handlungsweiſe der ver- faſſungsmäßigen Staatsorgane, ſelbſt da, wo eine unmittelbare Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten der Maſſe des Volkes nicht zuſteht, indem die Herrſchenden theils ſelbſt in der nämlichen geiſtigen Atmoſphäre leben, theils doch Rückſicht zu nehmen haben auf die Neigungen und auf die Befähigungen der Bevölkerungen, auf welche ſie ſich ſtützen und durch welche ſie wirken 4). Es iſt unmöglich, alle denkbaren Fehler in der Behand- lung der Staatsgeſchichte einzeln bemerklich zu machen und vor ihnen zu warnen; doch mögen einige, als beſonders häufig vorkommend und in der That auch näher liegend, hervorgehoben werden. Vorerſt iſt die perſönliche Geſchichte der einzelnen Regenten kein Gegenſtand für die Staatsgeſchichte, in welcher dieſelben nur inſoferne einen Platz finden können, als ſie bleibende und weſentliche Veränderungen im Staatsleben hervorgerufen haben. Wo möglich noch ungehöriger iſt eine ins Einzelne gehende Geſchichte der Kriege, welche lediglich nur in ihren Ergebniſſen, falls dieſe von ſtaatlicher Bedeutung ſind, berück- ſichtigt werden können. Ferner ſind einzelne Ereigniſſe, und wären ſie in andern Beziehungen noch ſo auffallend und merk- würdig, nur dann ein gehöriger Stoff zur Beſprechung, wenn ſie entweder Veranlaſſung zu einer neuen Entwickelung des ſtaatlichen Lebens waren, oder wenn ſie etwa als beſonders bezeichnend für den Geiſt concreter ſtaatlicher Zuſtände erſcheinen.

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/738>, abgerufen am 24.11.2024.