der Benachrichtigung anzugeben. Von amtlichen Bearbeitern läßt sich mit Recht eine größere Vollständigkeit und Ausführlichkeit verlangen; privatschriftstellern wird Unbefangenheit und rück- sichtslose Aufdeckung der ganzen Wahrheit leichter werden.
Eine vergleichende Statistik entsteht, wenn die Mit- theilungen von den Zuständen verschiedener Staaten neben- einander gestellt und daraus denn die Verschiedenheiten oder Uebereinstimmungen derselben nachgewiesen werden. Eine Quelle im engeren Sinne ist eine solche Zusammenstellung natürlich nicht; dennoch kann sie Vieles lehren, was aus einer verein- zelten Darstellung nicht hervorgeht oder worauf wenigstens ohne solchen äußeren Anstoß die Aufmerksamkeit nicht leicht fällt. Natürlich hängt die Möglichkeit einer richtigen Vergleichung wesentlich davon ab, daß die Mittheilungen über die verschie- denen Staaten in Beziehung auf die Zuverlässigkeit gleich und daß sie nach derselben Methode gesammelt und dargestellt sind. Auch hier ist nicht die Wissenschaft, sondern der Leichtsinn, die Unwissenheit oder die vorgefaßte Absicht der Benützenden Schuld daram, wenn Ungleichartiges mit einander verglichen oder auf verschiedenen Voraussetzungen Beruhendes als gleichbeweisend angenommen wird.
1) Die Zahl der amtlichen statistischen Bureaus und der Umfang ihrer Mittheilungen ist allmälig ein sehr beträchtlicher geworden. Kaum ist noch ein gesittigter größerer Staat, welcher nicht mehr oder weniger reichliche Beiträge zu seiner genaueren Kenntniß sammeln und veröffentlichen läßt. Eine vortreffliche, bei Gelegenheit des großen statistischen Congresses in Brüssel im Jahre 1853 gesammelte Uebersicht über die gesammte amtliche Statistik Europa's und Amerika's gibt Fallati in der Tübinger Zeitschrift für St.-W., 1853, S. 633 u. fg. Ueber den Stand der administrativen Statistik in Deutschland insbesondere s. denselben in der genannten Zeitschrift, 1850, S. 727 u. fg. Ein, freilich wohl nicht vollständiger, Versuch einer Aufzählung sämmtlicher amtlicher statistischer Arbeiten ist aber gemacht in meiner Geschichte und Literatur der St.-W., Bd. III, S. 691 fg.
der Benachrichtigung anzugeben. Von amtlichen Bearbeitern läßt ſich mit Recht eine größere Vollſtändigkeit und Ausführlichkeit verlangen; privatſchriftſtellern wird Unbefangenheit und rück- ſichtsloſe Aufdeckung der ganzen Wahrheit leichter werden.
Eine vergleichende Statiſtik entſteht, wenn die Mit- theilungen von den Zuſtänden verſchiedener Staaten neben- einander geſtellt und daraus denn die Verſchiedenheiten oder Uebereinſtimmungen derſelben nachgewieſen werden. Eine Quelle im engeren Sinne iſt eine ſolche Zuſammenſtellung natürlich nicht; dennoch kann ſie Vieles lehren, was aus einer verein- zelten Darſtellung nicht hervorgeht oder worauf wenigſtens ohne ſolchen äußeren Anſtoß die Aufmerkſamkeit nicht leicht fällt. Natürlich hängt die Möglichkeit einer richtigen Vergleichung weſentlich davon ab, daß die Mittheilungen über die verſchie- denen Staaten in Beziehung auf die Zuverläſſigkeit gleich und daß ſie nach derſelben Methode geſammelt und dargeſtellt ſind. Auch hier iſt nicht die Wiſſenſchaft, ſondern der Leichtſinn, die Unwiſſenheit oder die vorgefaßte Abſicht der Benützenden Schuld daram, wenn Ungleichartiges mit einander verglichen oder auf verſchiedenen Vorausſetzungen Beruhendes als gleichbeweiſend angenommen wird.
1) Die Zahl der amtlichen ſtatiſtiſchen Bureaus und der Umfang ihrer Mittheilungen iſt allmälig ein ſehr beträchtlicher geworden. Kaum iſt noch ein geſittigter größerer Staat, welcher nicht mehr oder weniger reichliche Beiträge zu ſeiner genaueren Kenntniß ſammeln und veröffentlichen läßt. Eine vortreffliche, bei Gelegenheit des großen ſtatiſtiſchen Congreſſes in Brüſſel im Jahre 1853 geſammelte Ueberſicht über die geſammte amtliche Statiſtik Europa’s und Amerika’s gibt Fallati in der Tübinger Zeitſchrift für St.-W., 1853, S. 633 u. fg. Ueber den Stand der adminiſtrativen Statiſtik in Deutſchland insbeſondere ſ. denſelben in der genannten Zeitſchrift, 1850, S. 727 u. fg. Ein, freilich wohl nicht vollſtändiger, Verſuch einer Aufzählung ſämmtlicher amtlicher ſtatiſtiſcher Arbeiten iſt aber gemacht in meiner Geſchichte und Literatur der St.-W., Bd. III, S. 691 fg.
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der Benachrichtigung anzugeben. Von amtlichen Bearbeitern läßt
ſich mit Recht eine größere Vollſtändigkeit und Ausführlichkeit
verlangen; privatſchriftſtellern wird Unbefangenheit und rück-
ſichtsloſe Aufdeckung der ganzen Wahrheit leichter werden.
Eine vergleichende Statiſtik entſteht, wenn die Mit-
theilungen von den Zuſtänden verſchiedener Staaten neben-
einander geſtellt und daraus denn die Verſchiedenheiten oder
Uebereinſtimmungen derſelben nachgewieſen werden. Eine Quelle
im engeren Sinne iſt eine ſolche Zuſammenſtellung natürlich
nicht; dennoch kann ſie Vieles lehren, was aus einer verein-
zelten Darſtellung nicht hervorgeht oder worauf wenigſtens ohne
ſolchen äußeren Anſtoß die Aufmerkſamkeit nicht leicht fällt.
Natürlich hängt die Möglichkeit einer richtigen Vergleichung
weſentlich davon ab, daß die Mittheilungen über die verſchie-
denen Staaten in Beziehung auf die Zuverläſſigkeit gleich und
daß ſie nach derſelben Methode geſammelt und dargeſtellt ſind.
Auch hier iſt nicht die Wiſſenſchaft, ſondern der Leichtſinn, die
Unwiſſenheit oder die vorgefaßte Abſicht der Benützenden Schuld
daram, wenn Ungleichartiges mit einander verglichen oder auf
verſchiedenen Vorausſetzungen Beruhendes als gleichbeweiſend
angenommen wird.
¹⁾ Die Zahl der amtlichen ſtatiſtiſchen Bureaus und der Umfang ihrer
Mittheilungen iſt allmälig ein ſehr beträchtlicher geworden. Kaum iſt noch
ein geſittigter größerer Staat, welcher nicht mehr oder weniger reichliche
Beiträge zu ſeiner genaueren Kenntniß ſammeln und veröffentlichen läßt.
Eine vortreffliche, bei Gelegenheit des großen ſtatiſtiſchen Congreſſes in
Brüſſel im Jahre 1853 geſammelte Ueberſicht über die geſammte amtliche
Statiſtik Europa’s und Amerika’s gibt Fallati in der Tübinger Zeitſchrift
für St.-W., 1853, S. 633 u. fg. Ueber den Stand der adminiſtrativen
Statiſtik in Deutſchland insbeſondere ſ. denſelben in der genannten
Zeitſchrift, 1850, S. 727 u. fg. Ein, freilich wohl nicht vollſtändiger,
Verſuch einer Aufzählung ſämmtlicher amtlicher ſtatiſtiſcher Arbeiten iſt aber
gemacht in meiner Geſchichte und Literatur der St.-W., Bd. III, S.
691 fg.
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 739. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/753>, abgerufen am 24.11.2024.
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