denken erlosch, und die Neugier fand in dem ehrwürdigen Grabhügel nur, was die Eitelkeit hinein gethan hatte.
Merkwürdiger als alle Andere schien mir das kolossale Grab des Aesyates, welches schon den Haupt-umlockten Danaern ein Geheimniß war, als sie Troja bedrängten, ein Denkmal, das bereis in jener grauen Vorzeit ferne Vergangenheit war.
34. Alterthümer zu Konstantinopel. -- Die St. Sophia. -- Der Hippodrom. -- Das Forum Constantinum. -- Säulen und Kirchen. -- Die Stadtmauer.
Konstantinopel, den 28. Dezember 1837.
Solche Fluten von Verheerungen sind über Konstan- tinopel zusammen geschlagen, daß fast jede Spur ihres Al- terthums verwischt worden ist. Die Stadt des Bysas ging in der des Konstantin unter, und die Schöpfung des rö- mischen Jmperators wurde von Stambul, dem stehenden Lager eines Tatarenstammes, überdeckt. Zwar ist Konstan- tinopel voll von Trümmern, aber es sind die Trümmer von gestern, und darin unterscheidet sich die oströmische von der abendländischen Hauptstadt. Die, welche die sie- ben Hügel am Tiber krönt, ist fast ganz in die Ruinen des alten Roms hineingebaut, indeß eine Stadt aus Holz die sieben Hügel am Bosphor bedeckt, welche jede Feuersbrunst umgestaltet. Dennoch ragen einige Denkmäler aus der Vorzeit, und ich will Dich an ihnen vorüberführen.
Die mehrsten Erinnerungen haften an dem Tempel, welchen Konstantin der göttlichen Weisheit errichtete, und dessen Kalkwände und Bleikuppeln, durch vier riesenhafte Strebepfeiler gestützt, sich noch heute hoch über den letzten Hügel, zwischen dem Propontis und dem goldenen Horn erheben. Dort steht noch immer die alte Sophia, wie eine
denken erloſch, und die Neugier fand in dem ehrwuͤrdigen Grabhuͤgel nur, was die Eitelkeit hinein gethan hatte.
Merkwuͤrdiger als alle Andere ſchien mir das koloſſale Grab des Aeſyates, welches ſchon den Haupt-umlockten Danaern ein Geheimniß war, als ſie Troja bedraͤngten, ein Denkmal, das bereis in jener grauen Vorzeit ferne Vergangenheit war.
34. Alterthuͤmer zu Konſtantinopel. — Die St. Sophia. — Der Hippodrom. — Das Forum Conſtantinum. — Saͤulen und Kirchen. — Die Stadtmauer.
Konſtantinopel, den 28. Dezember 1837.
Solche Fluten von Verheerungen ſind uͤber Konſtan- tinopel zuſammen geſchlagen, daß faſt jede Spur ihres Al- terthums verwiſcht worden iſt. Die Stadt des Byſas ging in der des Konſtantin unter, und die Schoͤpfung des roͤ- miſchen Jmperators wurde von Stambul, dem ſtehenden Lager eines Tatarenſtammes, uͤberdeckt. Zwar iſt Konſtan- tinopel voll von Truͤmmern, aber es ſind die Truͤmmer von geſtern, und darin unterſcheidet ſich die oſtroͤmiſche von der abendlaͤndiſchen Hauptſtadt. Die, welche die ſie- ben Huͤgel am Tiber kroͤnt, iſt faſt ganz in die Ruinen des alten Roms hineingebaut, indeß eine Stadt aus Holz die ſieben Huͤgel am Bosphor bedeckt, welche jede Feuersbrunſt umgeſtaltet. Dennoch ragen einige Denkmaͤler aus der Vorzeit, und ich will Dich an ihnen voruͤberfuͤhren.
Die mehrſten Erinnerungen haften an dem Tempel, welchen Konſtantin der goͤttlichen Weisheit errichtete, und deſſen Kalkwaͤnde und Bleikuppeln, durch vier rieſenhafte Strebepfeiler geſtuͤtzt, ſich noch heute hoch uͤber den letzten Huͤgel, zwiſchen dem Propontis und dem goldenen Horn erheben. Dort ſteht noch immer die alte Sophia, wie eine
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0182"n="172"/>
denken erloſch, und die Neugier fand in dem ehrwuͤrdigen<lb/>
Grabhuͤgel nur, was die Eitelkeit hinein gethan hatte.</p><lb/><p>Merkwuͤrdiger als alle Andere ſchien mir das koloſſale<lb/>
Grab des Aeſyates, welches ſchon den Haupt-umlockten<lb/>
Danaern ein Geheimniß war, als ſie Troja bedraͤngten,<lb/>
ein Denkmal, das bereis in jener grauen Vorzeit ferne<lb/>
Vergangenheit war.</p></div><lb/><divn="1"><head>34.<lb/><hirendition="#b">Alterthuͤmer zu Konſtantinopel. — Die St. Sophia. —<lb/>
Der Hippodrom. — Das Forum Conſtantinum. —<lb/>
Saͤulen und Kirchen. — Die Stadtmauer.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">Konſtantinopel, den 28. Dezember 1837.</hi></dateline><lb/><p>Solche Fluten von Verheerungen ſind uͤber Konſtan-<lb/>
tinopel zuſammen geſchlagen, daß faſt jede Spur ihres Al-<lb/>
terthums verwiſcht worden iſt. Die Stadt des Byſas ging<lb/>
in der des Konſtantin unter, und die Schoͤpfung des roͤ-<lb/>
miſchen Jmperators wurde von Stambul, dem ſtehenden<lb/>
Lager eines Tatarenſtammes, uͤberdeckt. Zwar iſt Konſtan-<lb/>
tinopel voll von Truͤmmern, aber es ſind die Truͤmmer<lb/>
von geſtern, und darin unterſcheidet ſich die oſtroͤmiſche<lb/>
von der abendlaͤndiſchen Hauptſtadt. Die, welche die ſie-<lb/>
ben Huͤgel am Tiber kroͤnt, iſt faſt ganz in die Ruinen des<lb/>
alten Roms hineingebaut, indeß eine Stadt aus Holz die<lb/>ſieben Huͤgel am Bosphor bedeckt, welche jede Feuersbrunſt<lb/>
umgeſtaltet. Dennoch ragen einige Denkmaͤler aus der<lb/>
Vorzeit, und ich will Dich an ihnen voruͤberfuͤhren.</p><lb/><p>Die mehrſten Erinnerungen haften an dem Tempel,<lb/>
welchen Konſtantin der goͤttlichen Weisheit errichtete, und<lb/>
deſſen Kalkwaͤnde und Bleikuppeln, durch vier rieſenhafte<lb/>
Strebepfeiler geſtuͤtzt, ſich noch heute hoch uͤber den letzten<lb/>
Huͤgel, zwiſchen dem Propontis und dem goldenen Horn<lb/>
erheben. Dort ſteht noch immer die alte Sophia, wie eine<lb/></p></div></body></text></TEI>
[172/0182]
denken erloſch, und die Neugier fand in dem ehrwuͤrdigen
Grabhuͤgel nur, was die Eitelkeit hinein gethan hatte.
Merkwuͤrdiger als alle Andere ſchien mir das koloſſale
Grab des Aeſyates, welches ſchon den Haupt-umlockten
Danaern ein Geheimniß war, als ſie Troja bedraͤngten,
ein Denkmal, das bereis in jener grauen Vorzeit ferne
Vergangenheit war.
34.
Alterthuͤmer zu Konſtantinopel. — Die St. Sophia. —
Der Hippodrom. — Das Forum Conſtantinum. —
Saͤulen und Kirchen. — Die Stadtmauer.
Konſtantinopel, den 28. Dezember 1837.
Solche Fluten von Verheerungen ſind uͤber Konſtan-
tinopel zuſammen geſchlagen, daß faſt jede Spur ihres Al-
terthums verwiſcht worden iſt. Die Stadt des Byſas ging
in der des Konſtantin unter, und die Schoͤpfung des roͤ-
miſchen Jmperators wurde von Stambul, dem ſtehenden
Lager eines Tatarenſtammes, uͤberdeckt. Zwar iſt Konſtan-
tinopel voll von Truͤmmern, aber es ſind die Truͤmmer
von geſtern, und darin unterſcheidet ſich die oſtroͤmiſche
von der abendlaͤndiſchen Hauptſtadt. Die, welche die ſie-
ben Huͤgel am Tiber kroͤnt, iſt faſt ganz in die Ruinen des
alten Roms hineingebaut, indeß eine Stadt aus Holz die
ſieben Huͤgel am Bosphor bedeckt, welche jede Feuersbrunſt
umgeſtaltet. Dennoch ragen einige Denkmaͤler aus der
Vorzeit, und ich will Dich an ihnen voruͤberfuͤhren.
Die mehrſten Erinnerungen haften an dem Tempel,
welchen Konſtantin der goͤttlichen Weisheit errichtete, und
deſſen Kalkwaͤnde und Bleikuppeln, durch vier rieſenhafte
Strebepfeiler geſtuͤtzt, ſich noch heute hoch uͤber den letzten
Huͤgel, zwiſchen dem Propontis und dem goldenen Horn
erheben. Dort ſteht noch immer die alte Sophia, wie eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/182>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.