seift er seinen Mann vom Scheitel bis zur Fußsohle, Haare, Gesicht, Alles ein, und mit wahrem Vergnügen gießt man sich dann das kalte Wasser über Kopf, Brust und Leib.
Jetzt ist man fertig; statt der durchnäßten Tücher er- hält man trockene, über dem Feuer erwärmte, umgewik- kelt, einen Turban auf den Kopf und ein Laken über die Schultern, denn die größte Dezenz wird beobachtet. B. und ich erkannten uns in dieser Maskerade kaum wieder und mußten Einer über den Andern lachen. Wir streckten uns nun in der Eingangshalle so behaglich hin, wie wir es von den Türken gesehen. Man schlürft einen Scher- bet, Kaffee oder die Pfeife, und empfindet die Kälte nur als angenehme Erfrischung, so innerlich durchwärmt ist der Körper. Die Haut fühlt sich äußerst glatt und geschmei- dig an, und es ist gar nicht zu beschreiben, wie erquickend und wohlthätig ein solches Bad auf große Ermüdung wirkt. Nach einem köstlichen Schlaf setzten wir am folgenden Mor- gen unsern Ritt so frisch fort, als ob wir noch keine An- strengung gehabt hätten.
Da alle Bäche und Flüsse ausgetreten waren, so muß- ten wir uns von Schumla zu einem weiten Umweg über Eski-Schumna und Osman-basary entschließen. Von dort erstiegen wir ganz allmählig und auf breiten Schnee- flächen den Balkan, und nachdem wir einen felsigen Grat überschritten, sahen wir das tiefe Thal von Kasann vor uns, in welches die Straße sich sehr steil hinabsenkt. Die Stadt Kasann (Kessel) erblickt man erst in einer letzten Schlucht, tief begraben zwischen den schroffen hohen Fels- wänden. Jenseits windet sich der nur für Reiter prakti- cable Pfad wieder sehr steil empor. Der Weg wird nun dadurch, daß er über mehrere kleine Rücken und durch tiefe Thäler zieht, äußerst beschwerlich. Endlich erreicht man die letzte Höhe, von welcher man weit über das rumelische Hügelland hinschaut. Hier wehte uns eine mildere Luft entgegen; der Schnee verschwand, die Bäume trugen noch Laub und zahllose Krokos blühten auf den grünen Wiesen.
ſeift er ſeinen Mann vom Scheitel bis zur Fußſohle, Haare, Geſicht, Alles ein, und mit wahrem Vergnuͤgen gießt man ſich dann das kalte Waſſer uͤber Kopf, Bruſt und Leib.
Jetzt iſt man fertig; ſtatt der durchnaͤßten Tuͤcher er- haͤlt man trockene, uͤber dem Feuer erwaͤrmte, umgewik- kelt, einen Turban auf den Kopf und ein Laken uͤber die Schultern, denn die groͤßte Dezenz wird beobachtet. B. und ich erkannten uns in dieſer Maskerade kaum wieder und mußten Einer uͤber den Andern lachen. Wir ſtreckten uns nun in der Eingangshalle ſo behaglich hin, wie wir es von den Tuͤrken geſehen. Man ſchluͤrft einen Scher- bet, Kaffee oder die Pfeife, und empfindet die Kaͤlte nur als angenehme Erfriſchung, ſo innerlich durchwaͤrmt iſt der Koͤrper. Die Haut fuͤhlt ſich aͤußerſt glatt und geſchmei- dig an, und es iſt gar nicht zu beſchreiben, wie erquickend und wohlthaͤtig ein ſolches Bad auf große Ermuͤdung wirkt. Nach einem koͤſtlichen Schlaf ſetzten wir am folgenden Mor- gen unſern Ritt ſo friſch fort, als ob wir noch keine An- ſtrengung gehabt haͤtten.
Da alle Baͤche und Fluͤſſe ausgetreten waren, ſo muß- ten wir uns von Schumla zu einem weiten Umweg uͤber Eski-Schumna und Osman-baſary entſchließen. Von dort erſtiegen wir ganz allmaͤhlig und auf breiten Schnee- flaͤchen den Balkan, und nachdem wir einen felſigen Grat uͤberſchritten, ſahen wir das tiefe Thal von Kaſann vor uns, in welches die Straße ſich ſehr ſteil hinabſenkt. Die Stadt Kaſann (Keſſel) erblickt man erſt in einer letzten Schlucht, tief begraben zwiſchen den ſchroffen hohen Fels- waͤnden. Jenſeits windet ſich der nur fuͤr Reiter prakti- cable Pfad wieder ſehr ſteil empor. Der Weg wird nun dadurch, daß er uͤber mehrere kleine Ruͤcken und durch tiefe Thaͤler zieht, aͤußerſt beſchwerlich. Endlich erreicht man die letzte Hoͤhe, von welcher man weit uͤber das rumeliſche Huͤgelland hinſchaut. Hier wehte uns eine mildere Luft entgegen; der Schnee verſchwand, die Baͤume trugen noch Laub und zahlloſe Krokos bluͤhten auf den gruͤnen Wieſen.
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ſeift er ſeinen Mann vom Scheitel bis zur Fußſohle, Haare,
Geſicht, Alles ein, und mit wahrem Vergnuͤgen gießt man
ſich dann das kalte Waſſer uͤber Kopf, Bruſt und Leib.
Jetzt iſt man fertig; ſtatt der durchnaͤßten Tuͤcher er-
haͤlt man trockene, uͤber dem Feuer erwaͤrmte, umgewik-
kelt, einen Turban auf den Kopf und ein Laken uͤber die
Schultern, denn die groͤßte Dezenz wird beobachtet. B.
und ich erkannten uns in dieſer Maskerade kaum wieder
und mußten Einer uͤber den Andern lachen. Wir ſtreckten
uns nun in der Eingangshalle ſo behaglich hin, wie wir
es von den Tuͤrken geſehen. Man ſchluͤrft einen Scher-
bet, Kaffee oder die Pfeife, und empfindet die Kaͤlte nur
als angenehme Erfriſchung, ſo innerlich durchwaͤrmt iſt der
Koͤrper. Die Haut fuͤhlt ſich aͤußerſt glatt und geſchmei-
dig an, und es iſt gar nicht zu beſchreiben, wie erquickend
und wohlthaͤtig ein ſolches Bad auf große Ermuͤdung wirkt.
Nach einem koͤſtlichen Schlaf ſetzten wir am folgenden Mor-
gen unſern Ritt ſo friſch fort, als ob wir noch keine An-
ſtrengung gehabt haͤtten.
Da alle Baͤche und Fluͤſſe ausgetreten waren, ſo muß-
ten wir uns von Schumla zu einem weiten Umweg uͤber
Eski-Schumna und Osman-baſary entſchließen. Von
dort erſtiegen wir ganz allmaͤhlig und auf breiten Schnee-
flaͤchen den Balkan, und nachdem wir einen felſigen Grat
uͤberſchritten, ſahen wir das tiefe Thal von Kaſann vor
uns, in welches die Straße ſich ſehr ſteil hinabſenkt. Die
Stadt Kaſann (Keſſel) erblickt man erſt in einer letzten
Schlucht, tief begraben zwiſchen den ſchroffen hohen Fels-
waͤnden. Jenſeits windet ſich der nur fuͤr Reiter prakti-
cable Pfad wieder ſehr ſteil empor. Der Weg wird nun
dadurch, daß er uͤber mehrere kleine Ruͤcken und durch tiefe
Thaͤler zieht, aͤußerſt beſchwerlich. Endlich erreicht man
die letzte Hoͤhe, von welcher man weit uͤber das rumeliſche
Huͤgelland hinſchaut. Hier wehte uns eine mildere Luft
entgegen; der Schnee verſchwand, die Baͤume trugen noch
Laub und zahlloſe Krokos bluͤhten auf den gruͤnen Wieſen.
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/26>, abgerufen am 03.12.2024.
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