hausen einige Wochen und ziehen eines Tages wieder ab, Niemand weiß wohin, hunderte von Stunden in die meer- ähnliche Fläche hinaus. Zwischen jenen Steinhaufen, die man kaum Wohnungen nennen kann, begegnet man den braunen Gestalten mit kurzem schwarzen Bart und bren- nenden Augen; sie weichen schüchtern aus, blicken unstät umher, und man sieht es ihnen an, daß sie fremd sind und fremd bleiben wollen, wo ihre Kameele nicht weiden, wo Mauern den Blick begrenzen und Diebstahl geahndet wird.
Jn Orfa stehen jetzt die meisten der Truppen, mit wel- chen ich im Sommer gegen die Kurden gezogen war; hier wurde ich als alter Bekannter empfangen, und die Auf- nahme, die mir zu Theil wurde, macht mir in der That viel Freude; Mehmet-Pascha, der Gouverneur von Orfa geworden ist, behielt mich gleich bei sich und hat mir Zim- mer im Seraj eingeräumt, welches eine Art Citadelle bil- det; Pferde, Dienerschaft und gute Mahlzeiten, Ehrenbezeu- gungen und Complimente, kurz Alles, was man in diesem Lande anbieten kann, stehen zu meinem Dienste.
Der folgende Tag war ein Freitag, der Sonntag der Türken, an welchem es hier Sitte ist, auf einem Platz vor dem Thore zusammen zu kommen, um den Dscherid zu wer- fen; der Pascha, die Bey's, die vornehmsten und die ge- ringsten Bewohner der Stadt, wer nur ein gutes Pferd hat, stellen sich ein. Die Araber, den weißen Mantel über die linke Schulter geworfen, den Dscherid hoch in der Rech- ten, tummeln da ihre kleinen mageren Stuten zwischen den schön gewarteten, reich gezäumten Rossen der Türken, welche nach der alten prächtigen Art gekleidet mit ihren Turbanen und rothen, blauen und gelben Gewändern einen höchst stattlichen Aufzug machen.
Der Platz ist freilich, wie man sich ihn bei uns nicht aussuchen würde, um Pferde darauf zu führen, denn er ist mit Stein und Geröll ganz überdeckt; aber man kann nicht rücksichtsloser reiten als diese Leute, und wenn man
hauſen einige Wochen und ziehen eines Tages wieder ab, Niemand weiß wohin, hunderte von Stunden in die meer- aͤhnliche Flaͤche hinaus. Zwiſchen jenen Steinhaufen, die man kaum Wohnungen nennen kann, begegnet man den braunen Geſtalten mit kurzem ſchwarzen Bart und bren- nenden Augen; ſie weichen ſchuͤchtern aus, blicken unſtaͤt umher, und man ſieht es ihnen an, daß ſie fremd ſind und fremd bleiben wollen, wo ihre Kameele nicht weiden, wo Mauern den Blick begrenzen und Diebſtahl geahndet wird.
Jn Orfa ſtehen jetzt die meiſten der Truppen, mit wel- chen ich im Sommer gegen die Kurden gezogen war; hier wurde ich als alter Bekannter empfangen, und die Auf- nahme, die mir zu Theil wurde, macht mir in der That viel Freude; Mehmet-Paſcha, der Gouverneur von Orfa geworden iſt, behielt mich gleich bei ſich und hat mir Zim- mer im Seraj eingeraͤumt, welches eine Art Citadelle bil- det; Pferde, Dienerſchaft und gute Mahlzeiten, Ehrenbezeu- gungen und Complimente, kurz Alles, was man in dieſem Lande anbieten kann, ſtehen zu meinem Dienſte.
Der folgende Tag war ein Freitag, der Sonntag der Tuͤrken, an welchem es hier Sitte iſt, auf einem Platz vor dem Thore zuſammen zu kommen, um den Dſcherid zu wer- fen; der Paſcha, die Bey's, die vornehmſten und die ge- ringſten Bewohner der Stadt, wer nur ein gutes Pferd hat, ſtellen ſich ein. Die Araber, den weißen Mantel uͤber die linke Schulter geworfen, den Dſcherid hoch in der Rech- ten, tummeln da ihre kleinen mageren Stuten zwiſchen den ſchoͤn gewarteten, reich gezaͤumten Roſſen der Tuͤrken, welche nach der alten praͤchtigen Art gekleidet mit ihren Turbanen und rothen, blauen und gelben Gewaͤndern einen hoͤchſt ſtattlichen Aufzug machen.
Der Platz iſt freilich, wie man ſich ihn bei uns nicht ausſuchen wuͤrde, um Pferde darauf zu fuͤhren, denn er iſt mit Stein und Geroͤll ganz uͤberdeckt; aber man kann nicht ruͤckſichtsloſer reiten als dieſe Leute, und wenn man
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[441[341]/0351]
hauſen einige Wochen und ziehen eines Tages wieder ab,
Niemand weiß wohin, hunderte von Stunden in die meer-
aͤhnliche Flaͤche hinaus. Zwiſchen jenen Steinhaufen, die
man kaum Wohnungen nennen kann, begegnet man den
braunen Geſtalten mit kurzem ſchwarzen Bart und bren-
nenden Augen; ſie weichen ſchuͤchtern aus, blicken unſtaͤt
umher, und man ſieht es ihnen an, daß ſie fremd ſind
und fremd bleiben wollen, wo ihre Kameele nicht weiden,
wo Mauern den Blick begrenzen und Diebſtahl geahndet
wird.
Jn Orfa ſtehen jetzt die meiſten der Truppen, mit wel-
chen ich im Sommer gegen die Kurden gezogen war; hier
wurde ich als alter Bekannter empfangen, und die Auf-
nahme, die mir zu Theil wurde, macht mir in der That
viel Freude; Mehmet-Paſcha, der Gouverneur von Orfa
geworden iſt, behielt mich gleich bei ſich und hat mir Zim-
mer im Seraj eingeraͤumt, welches eine Art Citadelle bil-
det; Pferde, Dienerſchaft und gute Mahlzeiten, Ehrenbezeu-
gungen und Complimente, kurz Alles, was man in dieſem
Lande anbieten kann, ſtehen zu meinem Dienſte.
Der folgende Tag war ein Freitag, der Sonntag der
Tuͤrken, an welchem es hier Sitte iſt, auf einem Platz vor
dem Thore zuſammen zu kommen, um den Dſcherid zu wer-
fen; der Paſcha, die Bey's, die vornehmſten und die ge-
ringſten Bewohner der Stadt, wer nur ein gutes Pferd
hat, ſtellen ſich ein. Die Araber, den weißen Mantel uͤber
die linke Schulter geworfen, den Dſcherid hoch in der Rech-
ten, tummeln da ihre kleinen mageren Stuten zwiſchen den
ſchoͤn gewarteten, reich gezaͤumten Roſſen der Tuͤrken, welche
nach der alten praͤchtigen Art gekleidet mit ihren Turbanen
und rothen, blauen und gelben Gewaͤndern einen hoͤchſt
ſtattlichen Aufzug machen.
Der Platz iſt freilich, wie man ſich ihn bei uns nicht
ausſuchen wuͤrde, um Pferde darauf zu fuͤhren, denn er
iſt mit Stein und Geroͤll ganz uͤberdeckt; aber man kann
nicht ruͤckſichtsloſer reiten als dieſe Leute, und wenn man
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 441[341]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/351>, abgerufen am 25.11.2024.
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