Mommsen, Theodor: Auch ein Wort über unser Judenthum. Berlin, 1880.mischungsregulativ von Haus aus in die Domaine des Herrn Ernst Es soll ganz und gar nicht in Abrede gestellt werden, daß die miſchungsregulativ von Haus aus in die Domaine des Herrn Ernſt Es ſoll ganz und gar nicht in Abrede geſtellt werden, daß die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0008" n="8"/> <p> miſchungsregulativ von Haus aus in die Domaine des Herrn Ernſt<lb/> Dohm gehört. Morgen wird vielleicht bewieſen, daß genau ge-<lb/> nommen jeder Berliner nicht beſſer ſei, als ein Semit. Noch etwas<lb/> weiterhin, und der Pommer fordert die Erſtreckung der Statiſtik auf<lb/> die Windbeutelei und hofft durch Zahlen zu beweiſen, daß dann in<lb/> den weſtlichen Provinzen ein doppelter Procentſatz ſich herausſtellen<lb/> werde. Es wäre das nicht der ungeſchickteſte Weg um die Einheit<lb/> unſerer Nation zu untergraben. Wir verdanken ſie mehr dem Haß<lb/> unſerer Feinde als unſerem eigenen Verdienſt; was der Krieg ver-<lb/> bunden hat, kann der Friede, namentlich ein Friede, wie er jetzt in<lb/> der Preſſe und auf den Tribünen ſchaltet, wiederum lockern. Aller-<lb/> dings wird das Weitergehen auf dieſem Wege etwas mehr Umſtände<lb/> machen als der Geſammtangriff, den die große deutſche Nation jetzt<lb/> ſich anzuſchicken ſcheint gegen den Mühlendamm zu unternehmen,<lb/> welcher keinen Judas Maccabäus beſitzt. Aber der Fanatismus iſt<lb/> leider nicht immer inconſequent; und der Hader unter Weſt und Oſt,<lb/> unter Norden und Süden der Nation kann ebenſo von den Todten<lb/> wieder auferſtehen, wie andere längſt für geſtorben und begraben ge-<lb/> haltene Ungeheuerlichkeiten. Uns allen klingt Moltkes Wort im<lb/> Gedächtniß nach, daß was ein Feldzug gewonnen hat, dreißig Jahre<lb/> der Vertheidigung fordert. Vertheidigung aber heißt nicht blos Ein-<lb/> heit, ſondern auch Einigkeit.<lb/></p> <p> Es ſoll ganz und gar nicht in Abrede geſtellt werden, daß die<lb/> Sondereigenſchaften der unter uns lebenden Perſonen jüdiſcher Ab-<lb/> ſtammung weit ſchärfer empfunden werden als diejenigen anderer<lb/> Stämme und ſelbſt anderer Nationen. Sie ſind von Haus aus<lb/> beſtimmter ausgeprägt und durch die beiden Theilen gleich verderbliche<lb/> tauſendjährige Unterdrückung der deutſchen Semiten durch die deutſchen<lb/> Chriſten in künſtlicher und zum Theil grauenvoller Weiſe geſteigert.<lb/> Unſere politiſche wie unſere litterariſche Entwickelung trägt die Spuren<lb/> davon und kein Hiſtoriker kann ſie überſchweigen. Die Geſchichte<lb/> des Hauſes Rothſchild iſt für die Weltgeſchichte von größerer Be-<lb/> deutung als die innere Geſchichte des Staates Sachſen; und iſt es<lb/> gleichgültig, daß dies die Geſchichte eines deutſchen Juden iſt?<lb/> Unſer Jahrhundert hat vielleicht kein größeres Dichtertalent geſehen<lb/> als Heine; und wer kann dieſes Spielen des Verſtandes mit dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0008]
miſchungsregulativ von Haus aus in die Domaine des Herrn Ernſt
Dohm gehört. Morgen wird vielleicht bewieſen, daß genau ge-
nommen jeder Berliner nicht beſſer ſei, als ein Semit. Noch etwas
weiterhin, und der Pommer fordert die Erſtreckung der Statiſtik auf
die Windbeutelei und hofft durch Zahlen zu beweiſen, daß dann in
den weſtlichen Provinzen ein doppelter Procentſatz ſich herausſtellen
werde. Es wäre das nicht der ungeſchickteſte Weg um die Einheit
unſerer Nation zu untergraben. Wir verdanken ſie mehr dem Haß
unſerer Feinde als unſerem eigenen Verdienſt; was der Krieg ver-
bunden hat, kann der Friede, namentlich ein Friede, wie er jetzt in
der Preſſe und auf den Tribünen ſchaltet, wiederum lockern. Aller-
dings wird das Weitergehen auf dieſem Wege etwas mehr Umſtände
machen als der Geſammtangriff, den die große deutſche Nation jetzt
ſich anzuſchicken ſcheint gegen den Mühlendamm zu unternehmen,
welcher keinen Judas Maccabäus beſitzt. Aber der Fanatismus iſt
leider nicht immer inconſequent; und der Hader unter Weſt und Oſt,
unter Norden und Süden der Nation kann ebenſo von den Todten
wieder auferſtehen, wie andere längſt für geſtorben und begraben ge-
haltene Ungeheuerlichkeiten. Uns allen klingt Moltkes Wort im
Gedächtniß nach, daß was ein Feldzug gewonnen hat, dreißig Jahre
der Vertheidigung fordert. Vertheidigung aber heißt nicht blos Ein-
heit, ſondern auch Einigkeit.
Es ſoll ganz und gar nicht in Abrede geſtellt werden, daß die
Sondereigenſchaften der unter uns lebenden Perſonen jüdiſcher Ab-
ſtammung weit ſchärfer empfunden werden als diejenigen anderer
Stämme und ſelbſt anderer Nationen. Sie ſind von Haus aus
beſtimmter ausgeprägt und durch die beiden Theilen gleich verderbliche
tauſendjährige Unterdrückung der deutſchen Semiten durch die deutſchen
Chriſten in künſtlicher und zum Theil grauenvoller Weiſe geſteigert.
Unſere politiſche wie unſere litterariſche Entwickelung trägt die Spuren
davon und kein Hiſtoriker kann ſie überſchweigen. Die Geſchichte
des Hauſes Rothſchild iſt für die Weltgeſchichte von größerer Be-
deutung als die innere Geſchichte des Staates Sachſen; und iſt es
gleichgültig, daß dies die Geſchichte eines deutſchen Juden iſt?
Unſer Jahrhundert hat vielleicht kein größeres Dichtertalent geſehen
als Heine; und wer kann dieſes Spielen des Verſtandes mit dem
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