Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.UNTERWERFUNG DER LATINER UND CAMPANER. nen wir, dass es den Römern und Latinern vor allem daraufankam die Aequer von den Volskern zu trennen und der Com- municationen Herr zu werden; zu diesem Ende wurden die ältesten Bundesfestungen oder sogenannten latinischen Colonien angelegt, Cora, Norba (angeblich 262), Signia (angeblich ver- stärkt 259), welche alle auf den Verbindungspunkten liegen. Vollständiger noch ward der Zweck erreicht durch den Beitritt der Herniker zu dem Bunde der Latiner und Römer (268), welcher die Volsker vollständig isolirte und dem Bunde eine Vormauer gewährte gegen die südlich und östlich wohnenden sabellischen Stämme; es ist begreiflich, wesshalb dem kleinen Volk volle Gleichheit mit den beiden andern in Rath und Beuteantheil zugestanden ward. Die schwächeren Aequer waren seitdem wenig gefährlich; es genügte von Zeit zu Zeit einen Plünderzug gegen sie zu unternehmen. Ernstlicher wi- derstanden die Volsker, denen der Bund durch allmählich vor- geschobene Festungen langsam den Boden abgewann. Velitrae war schon 260 als Vormauer für Latium gegründet worden; es folgten Suessa Pometia, Ardea (312) und merkwürdig genug Circeii (361), das, so lange Antium und Tarracina noch frei waren, nur zu Wasser mit Latium in Verbindung gestanden haben kann. Antium zu besetzen ward oft versucht und ge- lang auch vorübergehend 287; aber 295 machte die Stadt sich wieder frei und führte einen siebzigjährigen Krieg gegen Rom, bis sie bald nach dem gallischen Brande (365) sich an Marcus Furius Camillus ergab. Damit war der feste Besitz des pomptinischen Gebietes gewonnen, das gesichert ward durch die Anlage der Festung Setia (371, verstärkt 375) und 396 in Ackerloose und in Bürgerbezirke vertheilt ward. Seit- dem haben die Volsker wohl noch sich empört, aber keine Kriege mehr gegen Rom geführt. -- Ueber das Verhältniss der sabinischen Landschaft ist wenig bekannt; der Verlauf der Ereignisse zeigt, dass dieselbe früh von Rom abhängig ward -- schon in den Samniterkriegen marschiren die römischen Heere durch die Sabina stets wie durch friedliches Land -- und dass sie früh, viel früher zum Beispiel als der volskische District, sich romanisirt hat. Es hängt dies, und vermuthlich ebenso die geringe Theilnahme der Sabiner an dem verzwei- felten Widerstand der Aequer und Volsker, wohl damit zu- sammen, dass eben um diese Zeit die von dort ausgehenden Schaaren sich über Unteritalien ergossen; da die campani- schen Fluren stärker lockten als die römische Ebene und UNTERWERFUNG DER LATINER UND CAMPANER. nen wir, daſs es den Römern und Latinern vor allem daraufankam die Aequer von den Volskern zu trennen und der Com- municationen Herr zu werden; zu diesem Ende wurden die ältesten Bundesfestungen oder sogenannten latinischen Colonien angelegt, Cora, Norba (angeblich 262), Signia (angeblich ver- stärkt 259), welche alle auf den Verbindungspunkten liegen. Vollständiger noch ward der Zweck erreicht durch den Beitritt der Herniker zu dem Bunde der Latiner und Römer (268), welcher die Volsker vollständig isolirte und dem Bunde eine Vormauer gewährte gegen die südlich und östlich wohnenden sabellischen Stämme; es ist begreiflich, weſshalb dem kleinen Volk volle Gleichheit mit den beiden andern in Rath und Beuteantheil zugestanden ward. Die schwächeren Aequer waren seitdem wenig gefährlich; es genügte von Zeit zu Zeit einen Plünderzug gegen sie zu unternehmen. Ernstlicher wi- derstanden die Volsker, denen der Bund durch allmählich vor- geschobene Festungen langsam den Boden abgewann. Velitrae war schon 260 als Vormauer für Latium gegründet worden; es folgten Suessa Pometia, Ardea (312) und merkwürdig genug Circeii (361), das, so lange Antium und Tarracina noch frei waren, nur zu Wasser mit Latium in Verbindung gestanden haben kann. Antium zu besetzen ward oft versucht und ge- lang auch vorübergehend 287; aber 295 machte die Stadt sich wieder frei und führte einen siebzigjährigen Krieg gegen Rom, bis sie bald nach dem gallischen Brande (365) sich an Marcus Furius Camillus ergab. Damit war der feste Besitz des pomptinischen Gebietes gewonnen, das gesichert ward durch die Anlage der Festung Setia (371, verstärkt 375) und 396 in Ackerloose und in Bürgerbezirke vertheilt ward. Seit- dem haben die Volsker wohl noch sich empört, aber keine Kriege mehr gegen Rom geführt. — Ueber das Verhältniſs der sabinischen Landschaft ist wenig bekannt; der Verlauf der Ereignisse zeigt, daſs dieselbe früh von Rom abhängig ward — schon in den Samniterkriegen marschiren die römischen Heere durch die Sabina stets wie durch friedliches Land — und daſs sie früh, viel früher zum Beispiel als der volskische District, sich romanisirt hat. Es hängt dies, und vermuthlich ebenso die geringe Theilnahme der Sabiner an dem verzwei- felten Widerstand der Aequer und Volsker, wohl damit zu- sammen, daſs eben um diese Zeit die von dort ausgehenden Schaaren sich über Unteritalien ergossen; da die campani- schen Fluren stärker lockten als die römische Ebene und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0235" n="221"/><fw place="top" type="header">UNTERWERFUNG DER LATINER UND CAMPANER.</fw><lb/> nen wir, daſs es den Römern und Latinern vor allem darauf<lb/> ankam die Aequer von den Volskern zu trennen und der Com-<lb/> municationen Herr zu werden; zu diesem Ende wurden die<lb/> ältesten Bundesfestungen oder sogenannten latinischen Colonien<lb/> angelegt, Cora, Norba (angeblich 262), Signia (angeblich ver-<lb/> stärkt 259), welche alle auf den Verbindungspunkten liegen.<lb/> Vollständiger noch ward der Zweck erreicht durch den Beitritt<lb/> der Herniker zu dem Bunde der Latiner und Römer (268),<lb/> welcher die Volsker vollständig isolirte und dem Bunde eine<lb/> Vormauer gewährte gegen die südlich und östlich wohnenden<lb/> sabellischen Stämme; es ist begreiflich, weſshalb dem kleinen<lb/> Volk volle Gleichheit mit den beiden andern in Rath und<lb/> Beuteantheil zugestanden ward. 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UNTERWERFUNG DER LATINER UND CAMPANER.
nen wir, daſs es den Römern und Latinern vor allem darauf
ankam die Aequer von den Volskern zu trennen und der Com-
municationen Herr zu werden; zu diesem Ende wurden die
ältesten Bundesfestungen oder sogenannten latinischen Colonien
angelegt, Cora, Norba (angeblich 262), Signia (angeblich ver-
stärkt 259), welche alle auf den Verbindungspunkten liegen.
Vollständiger noch ward der Zweck erreicht durch den Beitritt
der Herniker zu dem Bunde der Latiner und Römer (268),
welcher die Volsker vollständig isolirte und dem Bunde eine
Vormauer gewährte gegen die südlich und östlich wohnenden
sabellischen Stämme; es ist begreiflich, weſshalb dem kleinen
Volk volle Gleichheit mit den beiden andern in Rath und
Beuteantheil zugestanden ward. Die schwächeren Aequer
waren seitdem wenig gefährlich; es genügte von Zeit zu Zeit
einen Plünderzug gegen sie zu unternehmen. Ernstlicher wi-
derstanden die Volsker, denen der Bund durch allmählich vor-
geschobene Festungen langsam den Boden abgewann. Velitrae
war schon 260 als Vormauer für Latium gegründet worden;
es folgten Suessa Pometia, Ardea (312) und merkwürdig genug
Circeii (361), das, so lange Antium und Tarracina noch frei
waren, nur zu Wasser mit Latium in Verbindung gestanden
haben kann. Antium zu besetzen ward oft versucht und ge-
lang auch vorübergehend 287; aber 295 machte die Stadt
sich wieder frei und führte einen siebzigjährigen Krieg gegen
Rom, bis sie bald nach dem gallischen Brande (365) sich an
Marcus Furius Camillus ergab. Damit war der feste Besitz
des pomptinischen Gebietes gewonnen, das gesichert ward
durch die Anlage der Festung Setia (371, verstärkt 375) und
396 in Ackerloose und in Bürgerbezirke vertheilt ward. Seit-
dem haben die Volsker wohl noch sich empört, aber keine
Kriege mehr gegen Rom geführt. — Ueber das Verhältniſs der
sabinischen Landschaft ist wenig bekannt; der Verlauf der
Ereignisse zeigt, daſs dieselbe früh von Rom abhängig ward
— schon in den Samniterkriegen marschiren die römischen
Heere durch die Sabina stets wie durch friedliches Land —
und daſs sie früh, viel früher zum Beispiel als der volskische
District, sich romanisirt hat. Es hängt dies, und vermuthlich
ebenso die geringe Theilnahme der Sabiner an dem verzwei-
felten Widerstand der Aequer und Volsker, wohl damit zu-
sammen, daſs eben um diese Zeit die von dort ausgehenden
Schaaren sich über Unteritalien ergossen; da die campani-
schen Fluren stärker lockten als die römische Ebene und
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