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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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ZWEITES BUCH. KAPITEL VI.
mit raschen Schritten entgegen. In die Landschaft welche
Samnium und Etrurien scheidet, wurden zwei Militärstrassen
hineingeführt und durch neue Festungen gesichert. Die nörd-
liche, aus der später die flaminische wurde, deckte die Tiber-
linie; sie führte durch das mit Rom verbündete Ocriculum
nach Narnia, wie die Römer die alte umbrische Feste Nequi-
num nannten, als sie dort eine Militärcolonie anlegten (455).
Die südliche, die spätere valerische, lief an den Fucinersee
über Carsioli und Alba, welche beiden Plätze gleichfalls Colo-
nien erhielten (451-453), namentlich das wichtige Alba, der
Schlüssel zum Marserland, eine Besatzung von 6000 Mann.
Die kleinen Völkerschaften, in deren Gebiet diese Anlagen statt-
fanden, setzten sich zur Wehre, aber die Umbrer, die in Nequi-
num sich hartnäckig vertheidigten, die Aequer, die Alba, die
Marser, die Carsioli überfielen, konnten Rom freilich nicht auf-
halten in seinem Gang und nicht verhindern, dass jene beiden
grossen Riegel sich zwischen Samnium und Etrurien schoben.

Die hochherzige samnitische Nation begriff es, dass ein
solcher Friede verderblicher war als der verderblichste Krieg
und was mehr ist, sie handelte danach. Noch standen in
Etrurien einzelne Gemeinden gegen Rom im Felde und kurze
Waffenstillstände wechselten mit heftigen, aber erfolglosen Ge-
fechten, während auch die Gallier sich nach langer Waffen-
ruhe wieder anfingen zu regen; noch war ganz Mittelitalien
in Gährung und zum Theil in offenem Aufstand; noch waren
die Festungen in der Anlage begriffen, der Weg zwischen
Etrurien und Samnium noch nicht völlig gesperrt. Vielleicht
war es noch nicht zu spät die Freiheit zu retten; aber man
durfte nicht säumen, die Schwierigkeit der Aufgabe stieg, die
Mittel der Abwehr sanken mit jedem Jahre. Nach kaum fünf-
jähriger Friedensruhe begann die samnitische Eidgenossenschaft
im Jahre 456 aufs Neue den Kampf, indem sie zuerst sich
mit aller Macht auf die Lucaner warfen und diese zum An-
schluss an Samnium nöthigten; vielleicht um Tarent Luft zu
machen und es mit zum Krieg heranzuziehen. Natürlich er-
klärten die Römer sofort den Krieg, auf den man in Samnium
gefasst war; es bezeichnet die Stimmung, dass die samnitische
Regierung den römischen Gesandten die Anzeige machte, sie sei
nicht im Stande für ihre Unverletzlichkeit ihnen zu bürgen,
wenn sie samnitisches Gebiet beträten. -- Der Krieg begann
also von neuem und wieder durchzogen die römischen Truppen
Samnium, während ein zweites Heer in Etrurien focht (456);

ZWEITES BUCH. KAPITEL VI.
mit raschen Schritten entgegen. In die Landschaft welche
Samnium und Etrurien scheidet, wurden zwei Militärstraſsen
hineingeführt und durch neue Festungen gesichert. Die nörd-
liche, aus der später die flaminische wurde, deckte die Tiber-
linie; sie führte durch das mit Rom verbündete Ocriculum
nach Narnia, wie die Römer die alte umbrische Feste Nequi-
num nannten, als sie dort eine Militärcolonie anlegten (455).
Die südliche, die spätere valerische, lief an den Fucinersee
über Carsioli und Alba, welche beiden Plätze gleichfalls Colo-
nien erhielten (451-453), namentlich das wichtige Alba, der
Schlüssel zum Marserland, eine Besatzung von 6000 Mann.
Die kleinen Völkerschaften, in deren Gebiet diese Anlagen statt-
fanden, setzten sich zur Wehre, aber die Umbrer, die in Nequi-
num sich hartnäckig vertheidigten, die Aequer, die Alba, die
Marser, die Carsioli überfielen, konnten Rom freilich nicht auf-
halten in seinem Gang und nicht verhindern, daſs jene beiden
groſsen Riegel sich zwischen Samnium und Etrurien schoben.

Die hochherzige samnitische Nation begriff es, daſs ein
solcher Friede verderblicher war als der verderblichste Krieg
und was mehr ist, sie handelte danach. Noch standen in
Etrurien einzelne Gemeinden gegen Rom im Felde und kurze
Waffenstillstände wechselten mit heftigen, aber erfolglosen Ge-
fechten, während auch die Gallier sich nach langer Waffen-
ruhe wieder anfingen zu regen; noch war ganz Mittelitalien
in Gährung und zum Theil in offenem Aufstand; noch waren
die Festungen in der Anlage begriffen, der Weg zwischen
Etrurien und Samnium noch nicht völlig gesperrt. Vielleicht
war es noch nicht zu spät die Freiheit zu retten; aber man
durfte nicht säumen, die Schwierigkeit der Aufgabe stieg, die
Mittel der Abwehr sanken mit jedem Jahre. Nach kaum fünf-
jähriger Friedensruhe begann die samnitische Eidgenossenschaft
im Jahre 456 aufs Neue den Kampf, indem sie zuerst sich
mit aller Macht auf die Lucaner warfen und diese zum An-
schluſs an Samnium nöthigten; vielleicht um Tarent Luft zu
machen und es mit zum Krieg heranzuziehen. Natürlich er-
klärten die Römer sofort den Krieg, auf den man in Samnium
gefaſst war; es bezeichnet die Stimmung, daſs die samnitische
Regierung den römischen Gesandten die Anzeige machte, sie sei
nicht im Stande für ihre Unverletzlichkeit ihnen zu bürgen,
wenn sie samnitisches Gebiet beträten. — Der Krieg begann
also von neuem und wieder durchzogen die römischen Truppen
Samnium, während ein zweites Heer in Etrurien focht (456);

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[246/0260] ZWEITES BUCH. KAPITEL VI. mit raschen Schritten entgegen. In die Landschaft welche Samnium und Etrurien scheidet, wurden zwei Militärstraſsen hineingeführt und durch neue Festungen gesichert. Die nörd- liche, aus der später die flaminische wurde, deckte die Tiber- linie; sie führte durch das mit Rom verbündete Ocriculum nach Narnia, wie die Römer die alte umbrische Feste Nequi- num nannten, als sie dort eine Militärcolonie anlegten (455). Die südliche, die spätere valerische, lief an den Fucinersee über Carsioli und Alba, welche beiden Plätze gleichfalls Colo- nien erhielten (451-453), namentlich das wichtige Alba, der Schlüssel zum Marserland, eine Besatzung von 6000 Mann. Die kleinen Völkerschaften, in deren Gebiet diese Anlagen statt- fanden, setzten sich zur Wehre, aber die Umbrer, die in Nequi- num sich hartnäckig vertheidigten, die Aequer, die Alba, die Marser, die Carsioli überfielen, konnten Rom freilich nicht auf- halten in seinem Gang und nicht verhindern, daſs jene beiden groſsen Riegel sich zwischen Samnium und Etrurien schoben. Die hochherzige samnitische Nation begriff es, daſs ein solcher Friede verderblicher war als der verderblichste Krieg und was mehr ist, sie handelte danach. Noch standen in Etrurien einzelne Gemeinden gegen Rom im Felde und kurze Waffenstillstände wechselten mit heftigen, aber erfolglosen Ge- fechten, während auch die Gallier sich nach langer Waffen- ruhe wieder anfingen zu regen; noch war ganz Mittelitalien in Gährung und zum Theil in offenem Aufstand; noch waren die Festungen in der Anlage begriffen, der Weg zwischen Etrurien und Samnium noch nicht völlig gesperrt. Vielleicht war es noch nicht zu spät die Freiheit zu retten; aber man durfte nicht säumen, die Schwierigkeit der Aufgabe stieg, die Mittel der Abwehr sanken mit jedem Jahre. Nach kaum fünf- jähriger Friedensruhe begann die samnitische Eidgenossenschaft im Jahre 456 aufs Neue den Kampf, indem sie zuerst sich mit aller Macht auf die Lucaner warfen und diese zum An- schluſs an Samnium nöthigten; vielleicht um Tarent Luft zu machen und es mit zum Krieg heranzuziehen. Natürlich er- klärten die Römer sofort den Krieg, auf den man in Samnium gefaſst war; es bezeichnet die Stimmung, daſs die samnitische Regierung den römischen Gesandten die Anzeige machte, sie sei nicht im Stande für ihre Unverletzlichkeit ihnen zu bürgen, wenn sie samnitisches Gebiet beträten. — Der Krieg begann also von neuem und wieder durchzogen die römischen Truppen Samnium, während ein zweites Heer in Etrurien focht (456);

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/260>, abgerufen am 22.11.2024.