Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.KOENIG PYRRHOS. war, gewährten die Römer das Begehren der Thuriner undgeboten ihren Bundesfreunden von der Stadt, die sich den Römern ergeben habe, abzulassen. Die Lucaner und Brettier, also von den mächtigeren Verbündeten betrogen um den An- theil an der gemeinschaftlichen Beute, knüpften Verhandlungen an mit der samnitisch-tarentinischen Partei, um eine neue Coalition der Italiker zu Stande zu bringen; als die Römer sie durch eine Gesandtschaft warnen liessen, setzten sie die Gesandten gefangen und begannen den Krieg gegen Rom mit einem neuen Angriff auf Thurii (um 469), indem sie zugleich nicht bloss die Samniten und die Tarentiner, sondern auch die Norditaliker, die Etrusker, Umbrer, Galler aufriefen mit ihnen zum Freiheitskampf sich zu vereinigen. In der That erhob sich der etruskische Bund und warb zahlreiche gallische Söldner; das römische Heer, das der Praetor Lucius Caecilius den treugebliebenen Arretinern zu Hülfe führte, ward unter den Mauern dieser Stadt von den senonischen Söldnern der Etrusker vernichtet, der Feldherr selbst fiel mit 13000 seiner Leute (470). Die römischen Gesandten, welche bei den noch dem Namen nach zu Roms Bundesgenossen zählenden Senonen über die Stellung von Reisläufern gegen Rom Klage führen und die unentgeltliche Rückgabe der Gefangenen begehren sollten, wurden erschlagen auf Befehl des Senonenhäuptlings Britomaris, der den Tod seines Vaters an den Römern zu rächen hatte, und in Folge dessen ergriffen die Senonen offen Partei für die Etrusker. Ganz Norditalien, Etrusker, Umbrer, Gallier, stand somit gegen Rom in Waffen; es konnten grosse Erfolge gewonnen werden, wenn auch die südlichen Land- schaften den Augenblick ergriffen und sich gegen Rom erklär- ten. In der That scheinen die immer für die Freiheit einzu- stehen willigen Samniten den Krieg erklärt zu haben; aber geschwächt und von allen Seiten eingeschlossen wie sie waren, konnten sie dem Bunde wenig nützen, und Tarent zauderte nach seiner Gewohnheit. Während unter den Gegnern Bündnisse ver- handelt, Subsidientractate festgesetzt, Söldner zusammengebracht wurden, handelten die Römer und liessen zunächst die Senonen es empfinden, wie gefährlich es sei die Römer zu besiegen. Der Consul Publius Cornelius Dolabella rückte mit einem star- ken Heer in ihr Gebiet; was nicht über die Klinge sprang, ward aus dem Lande ausgetrieben -- bei einem Hirtenvolk lässt sich das begreifen -- und dieser Stamm ausgestrichen aus der Reihe der italischen Nationen (471); es ist nicht un- 17*
KOENIG PYRRHOS. war, gewährten die Römer das Begehren der Thuriner undgeboten ihren Bundesfreunden von der Stadt, die sich den Römern ergeben habe, abzulassen. Die Lucaner und Brettier, also von den mächtigeren Verbündeten betrogen um den An- theil an der gemeinschaftlichen Beute, knüpften Verhandlungen an mit der samnitisch-tarentinischen Partei, um eine neue Coalition der Italiker zu Stande zu bringen; als die Römer sie durch eine Gesandtschaft warnen lieſsen, setzten sie die Gesandten gefangen und begannen den Krieg gegen Rom mit einem neuen Angriff auf Thurii (um 469), indem sie zugleich nicht bloſs die Samniten und die Tarentiner, sondern auch die Norditaliker, die Etrusker, Umbrer, Galler aufriefen mit ihnen zum Freiheitskampf sich zu vereinigen. In der That erhob sich der etruskische Bund und warb zahlreiche gallische Söldner; das römische Heer, das der Praetor Lucius Caecilius den treugebliebenen Arretinern zu Hülfe führte, ward unter den Mauern dieser Stadt von den senonischen Söldnern der Etrusker vernichtet, der Feldherr selbst fiel mit 13000 seiner Leute (470). Die römischen Gesandten, welche bei den noch dem Namen nach zu Roms Bundesgenossen zählenden Senonen über die Stellung von Reisläufern gegen Rom Klage führen und die unentgeltliche Rückgabe der Gefangenen begehren sollten, wurden erschlagen auf Befehl des Senonenhäuptlings Britomaris, der den Tod seines Vaters an den Römern zu rächen hatte, und in Folge dessen ergriffen die Senonen offen Partei für die Etrusker. Ganz Norditalien, Etrusker, Umbrer, Gallier, stand somit gegen Rom in Waffen; es konnten groſse Erfolge gewonnen werden, wenn auch die südlichen Land- schaften den Augenblick ergriffen und sich gegen Rom erklär- ten. In der That scheinen die immer für die Freiheit einzu- stehen willigen Samniten den Krieg erklärt zu haben; aber geschwächt und von allen Seiten eingeschlossen wie sie waren, konnten sie dem Bunde wenig nützen, und Tarent zauderte nach seiner Gewohnheit. Während unter den Gegnern Bündnisse ver- handelt, Subsidientractate festgesetzt, Söldner zusammengebracht wurden, handelten die Römer und lieſsen zunächst die Senonen es empfinden, wie gefährlich es sei die Römer zu besiegen. Der Consul Publius Cornelius Dolabella rückte mit einem star- ken Heer in ihr Gebiet; was nicht über die Klinge sprang, ward aus dem Lande ausgetrieben — bei einem Hirtenvolk läſst sich das begreifen — und dieser Stamm ausgestrichen aus der Reihe der italischen Nationen (471); es ist nicht un- 17*
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KOENIG PYRRHOS.
war, gewährten die Römer das Begehren der Thuriner und
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Römern ergeben habe, abzulassen. Die Lucaner und Brettier,
also von den mächtigeren Verbündeten betrogen um den An-
theil an der gemeinschaftlichen Beute, knüpften Verhandlungen
an mit der samnitisch-tarentinischen Partei, um eine neue
Coalition der Italiker zu Stande zu bringen; als die Römer
sie durch eine Gesandtschaft warnen lieſsen, setzten sie die
Gesandten gefangen und begannen den Krieg gegen Rom mit
einem neuen Angriff auf Thurii (um 469), indem sie zugleich
nicht bloſs die Samniten und die Tarentiner, sondern auch
die Norditaliker, die Etrusker, Umbrer, Galler aufriefen mit
ihnen zum Freiheitskampf sich zu vereinigen. In der That
erhob sich der etruskische Bund und warb zahlreiche gallische
Söldner; das römische Heer, das der Praetor Lucius Caecilius
den treugebliebenen Arretinern zu Hülfe führte, ward unter
den Mauern dieser Stadt von den senonischen Söldnern der
Etrusker vernichtet, der Feldherr selbst fiel mit 13000 seiner
Leute (470). Die römischen Gesandten, welche bei den noch
dem Namen nach zu Roms Bundesgenossen zählenden Senonen
über die Stellung von Reisläufern gegen Rom Klage führen
und die unentgeltliche Rückgabe der Gefangenen begehren
sollten, wurden erschlagen auf Befehl des Senonenhäuptlings
Britomaris, der den Tod seines Vaters an den Römern zu
rächen hatte, und in Folge dessen ergriffen die Senonen offen
Partei für die Etrusker. Ganz Norditalien, Etrusker, Umbrer,
Gallier, stand somit gegen Rom in Waffen; es konnten groſse
Erfolge gewonnen werden, wenn auch die südlichen Land-
schaften den Augenblick ergriffen und sich gegen Rom erklär-
ten. In der That scheinen die immer für die Freiheit einzu-
stehen willigen Samniten den Krieg erklärt zu haben; aber
geschwächt und von allen Seiten eingeschlossen wie sie waren,
konnten sie dem Bunde wenig nützen, und Tarent zauderte nach
seiner Gewohnheit. Während unter den Gegnern Bündnisse ver-
handelt, Subsidientractate festgesetzt, Söldner zusammengebracht
wurden, handelten die Römer und lieſsen zunächst die Senonen
es empfinden, wie gefährlich es sei die Römer zu besiegen.
Der Consul Publius Cornelius Dolabella rückte mit einem star-
ken Heer in ihr Gebiet; was nicht über die Klinge sprang,
ward aus dem Lande ausgetrieben — bei einem Hirtenvolk
läſst sich das begreifen — und dieser Stamm ausgestrichen
aus der Reihe der italischen Nationen (471); es ist nicht un-
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