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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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ERSTER PUNISCHER KRIEG.
sem Falle liess sich entweder von der Bestürzung der
Feinde nach den ersten Erfolgen ein mässiger Frie-
de erwarten oder, wenn man wollte, mit äusserster Ge-
walt der Feind zu vollständiger Ergebung nöthigen. -- Man
wählte zunächst den ersten Operationsplan. Im Jahre nach
der Schlacht von Mylae (495) erstürmte der Consul Lucius Sci-
pio den Hafen Aleria auf Corsica -- wir besitzen noch den
Grabstein des Feldherrn, der dieser That gedenkt -- und
machte aus Corsica eine Seestation gegen Sardinien. Ein
Versuch sich in Olbia auf der Nordküste dieser Insel fest-
zusetzen misslang indess, da es der Flotte an Landungstruppen
fehlte. Im folgenden Jahre (496) ward er zwar mit besserem
Erfolg wiederholt und die offenen Flecken an der Küste ge-
plündert; aber zu einer bleibenden Festsetzung der Römer
kam es nicht. Ebenso wenig kam man in Sicilien vorwärts.
Hamilkar führte energisch und geschickt den Krieg nicht
bloss zu Lande und zur See, sondern auch mit der politischen
Propaganda; von den zahllosen kleinen Landstädten fielen
jährlich einige von den Römern ab und mussten den Puniern
mühsam wieder entrissen werden, und in den Küstenfestungen
behaupteten die Karthager sich unangefochten, namentlich in
ihrem Hauptquartier Panormos und in ihrem neuen Waffen-
platz Drepana, wohin der leichteren Seevertheidigung wegen
Hamilkar die Bewohner des Eryx übergesiedelt hatte. Ein
zweites grosses Seetreffen am tyndarischen Vorgebirg (497),
in dem beide Theile sich den Sieg zuschrieben, änderte nichts
in der Lage der Dinge. In dieser Weise kam man nicht vom
Fleck, mochte die Schuld nun liegen an den Verhältnissen
oder an dem getheilten und schnell wechselnden Oberbefehl
der römischen Truppen, der die concentrirte Gesammtleitung
einer Reihe kleinerer Operationen ungemein erschwerte. Mitt-
lerweile litt, wenn auch die Brandschatzung der italischen
Küsten aufgehört hatte, doch der italische Handel nicht viel
weniger als vor dem Flottenbau; müde des erfolglosen Ganges
der Operationen und ungeduldig dem Kriege ein Ziel zu set-
zen beschloss der Senat das System zu ändern und Karthago
in Africa anzugreifen. Im Frühjahr 498 ging eine Flotte von
330 Linienschiffen unter Segel nach der libyschen Küste; an
der Mündung des Himeraflusses am südlichen Ufer Siciliens
nahm sie das Landungsheer an Bord: es waren vier Legionen
unter der Führung der beiden Consuln Marcus Atilius Regulus
und Lucius Manlius Vulso, beides erprobter Generale. Der

ERSTER PUNISCHER KRIEG.
sem Falle lieſs sich entweder von der Bestürzung der
Feinde nach den ersten Erfolgen ein mäſsiger Frie-
de erwarten oder, wenn man wollte, mit äuſserster Ge-
walt der Feind zu vollständiger Ergebung nöthigen. — Man
wählte zunächst den ersten Operationsplan. Im Jahre nach
der Schlacht von Mylae (495) erstürmte der Consul Lucius Sci-
pio den Hafen Aleria auf Corsica — wir besitzen noch den
Grabstein des Feldherrn, der dieser That gedenkt — und
machte aus Corsica eine Seestation gegen Sardinien. Ein
Versuch sich in Olbia auf der Nordküste dieser Insel fest-
zusetzen miſslang indeſs, da es der Flotte an Landungstruppen
fehlte. Im folgenden Jahre (496) ward er zwar mit besserem
Erfolg wiederholt und die offenen Flecken an der Küste ge-
plündert; aber zu einer bleibenden Festsetzung der Römer
kam es nicht. Ebenso wenig kam man in Sicilien vorwärts.
Hamilkar führte energisch und geschickt den Krieg nicht
bloſs zu Lande und zur See, sondern auch mit der politischen
Propaganda; von den zahllosen kleinen Landstädten fielen
jährlich einige von den Römern ab und muſsten den Puniern
mühsam wieder entrissen werden, und in den Küstenfestungen
behaupteten die Karthager sich unangefochten, namentlich in
ihrem Hauptquartier Panormos und in ihrem neuen Waffen-
platz Drepana, wohin der leichteren Seevertheidigung wegen
Hamilkar die Bewohner des Eryx übergesiedelt hatte. Ein
zweites groſses Seetreffen am tyndarischen Vorgebirg (497),
in dem beide Theile sich den Sieg zuschrieben, änderte nichts
in der Lage der Dinge. In dieser Weise kam man nicht vom
Fleck, mochte die Schuld nun liegen an den Verhältnissen
oder an dem getheilten und schnell wechselnden Oberbefehl
der römischen Truppen, der die concentrirte Gesammtleitung
einer Reihe kleinerer Operationen ungemein erschwerte. Mitt-
lerweile litt, wenn auch die Brandschatzung der italischen
Küsten aufgehört hatte, doch der italische Handel nicht viel
weniger als vor dem Flottenbau; müde des erfolglosen Ganges
der Operationen und ungeduldig dem Kriege ein Ziel zu set-
zen beschloſs der Senat das System zu ändern und Karthago
in Africa anzugreifen. Im Frühjahr 498 ging eine Flotte von
330 Linienschiffen unter Segel nach der libyschen Küste; an
der Mündung des Himeraflusses am südlichen Ufer Siciliens
nahm sie das Landungsheer an Bord: es waren vier Legionen
unter der Führung der beiden Consuln Marcus Atilius Regulus
und Lucius Manlius Vulso, beides erprobter Generale. Der

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[343/0357] ERSTER PUNISCHER KRIEG. sem Falle lieſs sich entweder von der Bestürzung der Feinde nach den ersten Erfolgen ein mäſsiger Frie- de erwarten oder, wenn man wollte, mit äuſserster Ge- walt der Feind zu vollständiger Ergebung nöthigen. — Man wählte zunächst den ersten Operationsplan. Im Jahre nach der Schlacht von Mylae (495) erstürmte der Consul Lucius Sci- pio den Hafen Aleria auf Corsica — wir besitzen noch den Grabstein des Feldherrn, der dieser That gedenkt — und machte aus Corsica eine Seestation gegen Sardinien. Ein Versuch sich in Olbia auf der Nordküste dieser Insel fest- zusetzen miſslang indeſs, da es der Flotte an Landungstruppen fehlte. Im folgenden Jahre (496) ward er zwar mit besserem Erfolg wiederholt und die offenen Flecken an der Küste ge- plündert; aber zu einer bleibenden Festsetzung der Römer kam es nicht. Ebenso wenig kam man in Sicilien vorwärts. Hamilkar führte energisch und geschickt den Krieg nicht bloſs zu Lande und zur See, sondern auch mit der politischen Propaganda; von den zahllosen kleinen Landstädten fielen jährlich einige von den Römern ab und muſsten den Puniern mühsam wieder entrissen werden, und in den Küstenfestungen behaupteten die Karthager sich unangefochten, namentlich in ihrem Hauptquartier Panormos und in ihrem neuen Waffen- platz Drepana, wohin der leichteren Seevertheidigung wegen Hamilkar die Bewohner des Eryx übergesiedelt hatte. Ein zweites groſses Seetreffen am tyndarischen Vorgebirg (497), in dem beide Theile sich den Sieg zuschrieben, änderte nichts in der Lage der Dinge. In dieser Weise kam man nicht vom Fleck, mochte die Schuld nun liegen an den Verhältnissen oder an dem getheilten und schnell wechselnden Oberbefehl der römischen Truppen, der die concentrirte Gesammtleitung einer Reihe kleinerer Operationen ungemein erschwerte. Mitt- lerweile litt, wenn auch die Brandschatzung der italischen Küsten aufgehört hatte, doch der italische Handel nicht viel weniger als vor dem Flottenbau; müde des erfolglosen Ganges der Operationen und ungeduldig dem Kriege ein Ziel zu set- zen beschloſs der Senat das System zu ändern und Karthago in Africa anzugreifen. Im Frühjahr 498 ging eine Flotte von 330 Linienschiffen unter Segel nach der libyschen Küste; an der Mündung des Himeraflusses am südlichen Ufer Siciliens nahm sie das Landungsheer an Bord: es waren vier Legionen unter der Führung der beiden Consuln Marcus Atilius Regulus und Lucius Manlius Vulso, beides erprobter Generale. Der

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/357>, abgerufen am 23.11.2024.