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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL III.
nig ordnete er seine Legionen und von beiden Seiten drang
das römische Fussvolk auf das Keltenheer ein. Muthig stellte
dieses sich zum Doppelkampf, die Transalpiner und Insubrer
gegen die Truppen des Papus, die alpinischen Taurisker und
die Boier gegen die sardinischen Legionen; das Reitergefecht
ging davon gesondert seinen Gang auf dem Flügel. Die Kräfte
waren der Zahl nach nicht ungleich gemessen und die ver-
zweifelte Lage der Gallier zwang sie zur hartnäckigsten Ge-
genwehr. Aber die Transalpiner, nur des Nahkampfes ge-
wohnt, wichen vor den Geschossen der römischen Plänkler;
im Handgemenge setzte die bessere Stählung der römischen
Waffen die Gallier in Nachtheil; endlich entschied der Flanken-
angriff der siegreichen römischen Reiterei den Tag. Die kelti-
schen Berittenen entrannen; für das Fussvolk, das zwischen
dem Meere und den drei römischen Heeren eingekeilt war, gab
es keine Flucht. 10000 Kelten mit dem König Concolitanus
wurden gefangen; 40000 andere lagen todt auf dem Schlacht-
feld; Aneroestus und sein Gefolge hatten sich nach kelti-
scher Sitte selber den Tod gegeben. -- Der Sieg war voll-
ständig und die Römer fest entschlossen die Wiederholung
solchen Einfalls durch die völlige Ueberwältigung der Kelten
diesseit der Alpen unmöglich zu machen. Ohne Widerstand
ergaben im folgenden Jahr (530) sich die Boier nebst den
Lingonen, das Jahr darauf (531) die Anaren; damit war das
Flachland bis zum Padus in römischen Händen. Ernstlichere
Kämpfe kostete die Eroberung des nördlichen Ufers. Gaius
Flaminius überschritt in dem neugewonnenen anarischen Ge-
biet (etwa bei Piacenza) den Fluss (531); allein bei dem
Uebergang und mehr noch bei der Festsetzung am andern
Ufer erlitt er so schwere Verluste und fand sich den Fluss
im Rücken in einer so gefährlichen Lage, dass er mit dem
Feind um freien Abzug capitulirte, den die Insubrer thörichter
Weise zugestanden. Kaum war er indess abgezogen, als er
auch schon wieder vom Gebiet der Cenomanen aus und mit
diesen vereinigt von Norden her zum zweitenmal einrückte in
den Gau der Insubrer. Zu spät begriffen diese, um was es sich
jetzt handle; sie nahmen aus dem Tempel ihrer Göttin die
goldenen Feldzeichen, ,die unbeweglichen' genannt, und mit
ihrem ganzen Aufgebot, 50000 Mann stark boten sie den
Römern die Schlacht an. Die Lage war gefährlich; die Römer
standen an einem Fluss (vielleicht dem Oglio), von der Hei-
math getrennt durch das feindliche Gebiet und für den Bei-

DRITTES BUCH. KAPITEL III.
nig ordnete er seine Legionen und von beiden Seiten drang
das römische Fuſsvolk auf das Keltenheer ein. Muthig stellte
dieses sich zum Doppelkampf, die Transalpiner und Insubrer
gegen die Truppen des Papus, die alpinischen Taurisker und
die Boier gegen die sardinischen Legionen; das Reitergefecht
ging davon gesondert seinen Gang auf dem Flügel. Die Kräfte
waren der Zahl nach nicht ungleich gemessen und die ver-
zweifelte Lage der Gallier zwang sie zur hartnäckigsten Ge-
genwehr. Aber die Transalpiner, nur des Nahkampfes ge-
wohnt, wichen vor den Geschossen der römischen Plänkler;
im Handgemenge setzte die bessere Stählung der römischen
Waffen die Gallier in Nachtheil; endlich entschied der Flanken-
angriff der siegreichen römischen Reiterei den Tag. Die kelti-
schen Berittenen entrannen; für das Fuſsvolk, das zwischen
dem Meere und den drei römischen Heeren eingekeilt war, gab
es keine Flucht. 10000 Kelten mit dem König Concolitanus
wurden gefangen; 40000 andere lagen todt auf dem Schlacht-
feld; Aneroestus und sein Gefolge hatten sich nach kelti-
scher Sitte selber den Tod gegeben. — Der Sieg war voll-
ständig und die Römer fest entschlossen die Wiederholung
solchen Einfalls durch die völlige Ueberwältigung der Kelten
diesseit der Alpen unmöglich zu machen. Ohne Widerstand
ergaben im folgenden Jahr (530) sich die Boier nebst den
Lingonen, das Jahr darauf (531) die Anaren; damit war das
Flachland bis zum Padus in römischen Händen. Ernstlichere
Kämpfe kostete die Eroberung des nördlichen Ufers. Gaius
Flaminius überschritt in dem neugewonnenen anarischen Ge-
biet (etwa bei Piacenza) den Fluſs (531); allein bei dem
Uebergang und mehr noch bei der Festsetzung am andern
Ufer erlitt er so schwere Verluste und fand sich den Fluſs
im Rücken in einer so gefährlichen Lage, daſs er mit dem
Feind um freien Abzug capitulirte, den die Insubrer thörichter
Weise zugestanden. Kaum war er indeſs abgezogen, als er
auch schon wieder vom Gebiet der Cenomanen aus und mit
diesen vereinigt von Norden her zum zweitenmal einrückte in
den Gau der Insubrer. Zu spät begriffen diese, um was es sich
jetzt handle; sie nahmen aus dem Tempel ihrer Göttin die
goldenen Feldzeichen, ‚die unbeweglichen‘ genannt, und mit
ihrem ganzen Aufgebot, 50000 Mann stark boten sie den
Römern die Schlacht an. Die Lage war gefährlich; die Römer
standen an einem Fluſs (vielleicht dem Oglio), von der Hei-
math getrennt durch das feindliche Gebiet und für den Bei-

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[376/0390] DRITTES BUCH. KAPITEL III. nig ordnete er seine Legionen und von beiden Seiten drang das römische Fuſsvolk auf das Keltenheer ein. Muthig stellte dieses sich zum Doppelkampf, die Transalpiner und Insubrer gegen die Truppen des Papus, die alpinischen Taurisker und die Boier gegen die sardinischen Legionen; das Reitergefecht ging davon gesondert seinen Gang auf dem Flügel. Die Kräfte waren der Zahl nach nicht ungleich gemessen und die ver- zweifelte Lage der Gallier zwang sie zur hartnäckigsten Ge- genwehr. Aber die Transalpiner, nur des Nahkampfes ge- wohnt, wichen vor den Geschossen der römischen Plänkler; im Handgemenge setzte die bessere Stählung der römischen Waffen die Gallier in Nachtheil; endlich entschied der Flanken- angriff der siegreichen römischen Reiterei den Tag. Die kelti- schen Berittenen entrannen; für das Fuſsvolk, das zwischen dem Meere und den drei römischen Heeren eingekeilt war, gab es keine Flucht. 10000 Kelten mit dem König Concolitanus wurden gefangen; 40000 andere lagen todt auf dem Schlacht- feld; Aneroestus und sein Gefolge hatten sich nach kelti- scher Sitte selber den Tod gegeben. — Der Sieg war voll- ständig und die Römer fest entschlossen die Wiederholung solchen Einfalls durch die völlige Ueberwältigung der Kelten diesseit der Alpen unmöglich zu machen. Ohne Widerstand ergaben im folgenden Jahr (530) sich die Boier nebst den Lingonen, das Jahr darauf (531) die Anaren; damit war das Flachland bis zum Padus in römischen Händen. Ernstlichere Kämpfe kostete die Eroberung des nördlichen Ufers. Gaius Flaminius überschritt in dem neugewonnenen anarischen Ge- biet (etwa bei Piacenza) den Fluſs (531); allein bei dem Uebergang und mehr noch bei der Festsetzung am andern Ufer erlitt er so schwere Verluste und fand sich den Fluſs im Rücken in einer so gefährlichen Lage, daſs er mit dem Feind um freien Abzug capitulirte, den die Insubrer thörichter Weise zugestanden. Kaum war er indeſs abgezogen, als er auch schon wieder vom Gebiet der Cenomanen aus und mit diesen vereinigt von Norden her zum zweitenmal einrückte in den Gau der Insubrer. Zu spät begriffen diese, um was es sich jetzt handle; sie nahmen aus dem Tempel ihrer Göttin die goldenen Feldzeichen, ‚die unbeweglichen‘ genannt, und mit ihrem ganzen Aufgebot, 50000 Mann stark boten sie den Römern die Schlacht an. Die Lage war gefährlich; die Römer standen an einem Fluſs (vielleicht dem Oglio), von der Hei- math getrennt durch das feindliche Gebiet und für den Bei-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/390>, abgerufen am 25.11.2024.