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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HANNIBALISCHER KRIEG.
ständig zu reformiren und den Versuch zu machen den unbe-
siegbaren italischen africanische Legionen gegenüberzustellen.
Allein seine Hoffnung, dass die Eidgenossenschaft nun anfan-
gen werde sich zu lockern, erfüllte sich nicht. Auf die Etrusker,
die schon ihre letzten Unabhängigkeitskriege vorzugsweise mit
gallischen Söldnern geführt hatten, kam es hiebei am wenig-
sten an; der Kern der Eidgenossenschaft, namentlich in mili-
tärischer Hinsicht, waren nächst den latinischen die sabelli-
schen Gemeinden, und mit gutem Grund hatte Hannibal jetzt
diesen sich genähert. Allein eine Stadt nach der andern
schloss ihre Thore; nicht eine einzige italische Gemeinde
machte Bündniss mit dem Phoenikier. Damit war viel, ja
alles gewonnen für die Römer; indess man begriff in der
Hauptstadt, wie unvorsichtig es sein würde die Treue der
Bundesgenossen auf eine solche Probe zu stellen, ohne dass
sich ein römisches Heer auch nur im Felde zeigte. Der Dic-
tator Quintus Fabius zog die beiden in Rom gebildeten Ersatz-
legionen und das Heer von Ariminum zusammen und als Han-
nibal an der römischen Festung Luceria vorbei gegen Arpi
marschirte, zeigten sich in seiner rechten Flanke bei Aecae
die römischen Feldzeichen. Ihr Führer indess verfuhr anders
als seine Vorgänger. Quintus Fabius war ein hochbejahrter
Mann, von einer Festigkeit, die nicht Wenigen als Eigensinn
erschien; ein eifriger Verehrer der guten alten Zeit, der politi-
schen Allmacht des Senats und des Bürgermeistercommandos
erwartete er das Heil des Staates nächst Opfern und Gebeten
von der methodischen Kriegführung. Politischer Gegner des
Gaius Flaminius und durch die Reaction gegen dessen thö-
richte Kriegsdemagogie an die Spitze der Geschäfte gerufen
reiste er ins Lager, eben so fest entschlossen um jeden Preis
eine Hauptschlacht zu vermeiden wie sein Vorgänger um jeden
Preis eine solche zu liefern, und ohne Zweifel überzeugt, dass
die ersten Elemente der Strategik Hannibal verbieten würden
vorzurücken, so lange das römische Heer intact ihm gegen-
überstehe, und dass es also nicht schwer halten werde die
auf das Fouragiren angewiesene feindliche Armee im kleinen
Gefecht zu schwächen und allmählich auszuhungern. Hannibal,
wohlbedient von seinen Spionen in Rom und im römischen
Heer, erfuhr den Stand der Dinge sofort und richtete wie
immer seinen Feldzugsplan ein nach der Individualität des
feindlichen Anführers. An dem römischen Heer vorüber mar-
schirte er über den Apennin in das Herz von Italien nach

Röm. Gesch. I. 27

HANNIBALISCHER KRIEG.
ständig zu reformiren und den Versuch zu machen den unbe-
siegbaren italischen africanische Legionen gegenüberzustellen.
Allein seine Hoffnung, daſs die Eidgenossenschaft nun anfan-
gen werde sich zu lockern, erfüllte sich nicht. Auf die Etrusker,
die schon ihre letzten Unabhängigkeitskriege vorzugsweise mit
gallischen Söldnern geführt hatten, kam es hiebei am wenig-
sten an; der Kern der Eidgenossenschaft, namentlich in mili-
tärischer Hinsicht, waren nächst den latinischen die sabelli-
schen Gemeinden, und mit gutem Grund hatte Hannibal jetzt
diesen sich genähert. Allein eine Stadt nach der andern
schloſs ihre Thore; nicht eine einzige italische Gemeinde
machte Bündniſs mit dem Phoenikier. Damit war viel, ja
alles gewonnen für die Römer; indeſs man begriff in der
Hauptstadt, wie unvorsichtig es sein würde die Treue der
Bundesgenossen auf eine solche Probe zu stellen, ohne daſs
sich ein römisches Heer auch nur im Felde zeigte. Der Dic-
tator Quintus Fabius zog die beiden in Rom gebildeten Ersatz-
legionen und das Heer von Ariminum zusammen und als Han-
nibal an der römischen Festung Luceria vorbei gegen Arpi
marschirte, zeigten sich in seiner rechten Flanke bei Aecae
die römischen Feldzeichen. Ihr Führer indeſs verfuhr anders
als seine Vorgänger. Quintus Fabius war ein hochbejahrter
Mann, von einer Festigkeit, die nicht Wenigen als Eigensinn
erschien; ein eifriger Verehrer der guten alten Zeit, der politi-
schen Allmacht des Senats und des Bürgermeistercommandos
erwartete er das Heil des Staates nächst Opfern und Gebeten
von der methodischen Kriegführung. Politischer Gegner des
Gaius Flaminius und durch die Reaction gegen dessen thö-
richte Kriegsdemagogie an die Spitze der Geschäfte gerufen
reiste er ins Lager, eben so fest entschlossen um jeden Preis
eine Hauptschlacht zu vermeiden wie sein Vorgänger um jeden
Preis eine solche zu liefern, und ohne Zweifel überzeugt, daſs
die ersten Elemente der Strategik Hannibal verbieten würden
vorzurücken, so lange das römische Heer intact ihm gegen-
überstehe, und daſs es also nicht schwer halten werde die
auf das Fouragiren angewiesene feindliche Armee im kleinen
Gefecht zu schwächen und allmählich auszuhungern. Hannibal,
wohlbedient von seinen Spionen in Rom und im römischen
Heer, erfuhr den Stand der Dinge sofort und richtete wie
immer seinen Feldzugsplan ein nach der Individualität des
feindlichen Anführers. An dem römischen Heer vorüber mar-
schirte er über den Apennin in das Herz von Italien nach

Röm. Gesch. I. 27
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[417/0431] HANNIBALISCHER KRIEG. ständig zu reformiren und den Versuch zu machen den unbe- siegbaren italischen africanische Legionen gegenüberzustellen. Allein seine Hoffnung, daſs die Eidgenossenschaft nun anfan- gen werde sich zu lockern, erfüllte sich nicht. Auf die Etrusker, die schon ihre letzten Unabhängigkeitskriege vorzugsweise mit gallischen Söldnern geführt hatten, kam es hiebei am wenig- sten an; der Kern der Eidgenossenschaft, namentlich in mili- tärischer Hinsicht, waren nächst den latinischen die sabelli- schen Gemeinden, und mit gutem Grund hatte Hannibal jetzt diesen sich genähert. Allein eine Stadt nach der andern schloſs ihre Thore; nicht eine einzige italische Gemeinde machte Bündniſs mit dem Phoenikier. Damit war viel, ja alles gewonnen für die Römer; indeſs man begriff in der Hauptstadt, wie unvorsichtig es sein würde die Treue der Bundesgenossen auf eine solche Probe zu stellen, ohne daſs sich ein römisches Heer auch nur im Felde zeigte. Der Dic- tator Quintus Fabius zog die beiden in Rom gebildeten Ersatz- legionen und das Heer von Ariminum zusammen und als Han- nibal an der römischen Festung Luceria vorbei gegen Arpi marschirte, zeigten sich in seiner rechten Flanke bei Aecae die römischen Feldzeichen. Ihr Führer indeſs verfuhr anders als seine Vorgänger. Quintus Fabius war ein hochbejahrter Mann, von einer Festigkeit, die nicht Wenigen als Eigensinn erschien; ein eifriger Verehrer der guten alten Zeit, der politi- schen Allmacht des Senats und des Bürgermeistercommandos erwartete er das Heil des Staates nächst Opfern und Gebeten von der methodischen Kriegführung. Politischer Gegner des Gaius Flaminius und durch die Reaction gegen dessen thö- richte Kriegsdemagogie an die Spitze der Geschäfte gerufen reiste er ins Lager, eben so fest entschlossen um jeden Preis eine Hauptschlacht zu vermeiden wie sein Vorgänger um jeden Preis eine solche zu liefern, und ohne Zweifel überzeugt, daſs die ersten Elemente der Strategik Hannibal verbieten würden vorzurücken, so lange das römische Heer intact ihm gegen- überstehe, und daſs es also nicht schwer halten werde die auf das Fouragiren angewiesene feindliche Armee im kleinen Gefecht zu schwächen und allmählich auszuhungern. Hannibal, wohlbedient von seinen Spionen in Rom und im römischen Heer, erfuhr den Stand der Dinge sofort und richtete wie immer seinen Feldzugsplan ein nach der Individualität des feindlichen Anführers. An dem römischen Heer vorüber mar- schirte er über den Apennin in das Herz von Italien nach Röm. Gesch. I. 27

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/431>, abgerufen am 24.11.2024.