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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HANNIBALISCHER KRIEG.
nete Hannibal sein Fussvolk: in das erste Glied die kartha-
gischen Miethstruppen, in das zweite die africanische Land-
und die punische Bürgerwehr nebst dem makedonischen Corps,
in das dritte die Veteranen, die ihm aus Italien gefolgt waren.
Vor der Linie standen die 80 Elephanten, die Reiterei auf
den Flügeln. Scipio stellte gleichfalls seine Legionen in drei
Glieder, wie die Römer pflegten und ordnete sie so, dass die
Elephanten durch und neben der Linie weg ausbrechen konn-
ten, ohne sie zu sprengen. Dies gelang nicht bloss vollstän-
dig, sondern die seitwärts ausweichenden Elephanten brachten
auch die karthagischen Reiterflügel in Unordnung, so dass
gegen diese Scipios Reiterei, die überdies durch das Eintreffen
von Massinissas Schaaren dem Feinde weit überlegen war,
leichtes Spiel hatte und bald in vollem Nachsetzen begriffen war.
Ernster war der Kampf des Fussvolks. Lange stand das Ge-
fecht zwischen den beiderseitigen ersten Gliedern; in dem
äusserst blutigen Handgemenge geriethen endlich beide Theile
in Verwirrung und mussten an den zweiten Gliedern einen
Halt suchen. Die Römer fanden ihn; die karthagische Miliz aber
zeigte sich so unsicher und schwankend, dass sich die Söld-
ner verrathen glaubten und es zwischen ihnen und der kar-
thagischen Bürgerwehr zum Handgemenge kam. Indess Han-
nibal zog eilig, was von den beiden ersten Linien noch übrig
war, auf die beiden Flügel zurück und schob seine italischen
Kerntruppen auf der ganzen Linie vor. Scipio drängte dagegen in
der Mitte zusammen, was von der ersten Linie noch kampffähig
war und liess das zweite und dritte Glied rechts und links
an das erste sich anschliessen. Abermals begann auf derselben
Wahlstatt ein zweites noch fürchterlicheres Gemetzel; Hanni-
bals alte Soldaten wankten nicht trotz der Ueberzahl der
Feinde, bis die Reiterei der Römer und Massinissas, von der
Verfolgung der geschlagenen feindlichen zurückkehrend, sie
von allen Seiten umringte. Damit war nicht bloss der Kampf
zu Ende, sondern das punische Heer vernichtet; dieselben
Soldaten, die vierzehn Jahre zuvor bei Cannae gewichen wa-
ren, hatten ihren Ueberwindern bei Zama vergolten. Mit einer
Handvoll Leute gelangte Hannibal flüchtig nach Hadrumetum. --
Nach diesem Tage konnte auf karthagischer Seite nur der
Unverstand zur Fortsetzung des Krieges rathen; dagegen konnte
der römische Feldherr sofort die Belagerung der Hauptstadt
beginnen, die weder gedeckt noch verproviantirt war, und
es stand bei ihm, wenn nicht unberechenbare Zwischenfälle

HANNIBALISCHER KRIEG.
nete Hannibal sein Fuſsvolk: in das erste Glied die kartha-
gischen Miethstruppen, in das zweite die africanische Land-
und die punische Bürgerwehr nebst dem makedonischen Corps,
in das dritte die Veteranen, die ihm aus Italien gefolgt waren.
Vor der Linie standen die 80 Elephanten, die Reiterei auf
den Flügeln. Scipio stellte gleichfalls seine Legionen in drei
Glieder, wie die Römer pflegten und ordnete sie so, daſs die
Elephanten durch und neben der Linie weg ausbrechen konn-
ten, ohne sie zu sprengen. Dies gelang nicht bloſs vollstän-
dig, sondern die seitwärts ausweichenden Elephanten brachten
auch die karthagischen Reiterflügel in Unordnung, so daſs
gegen diese Scipios Reiterei, die überdies durch das Eintreffen
von Massinissas Schaaren dem Feinde weit überlegen war,
leichtes Spiel hatte und bald in vollem Nachsetzen begriffen war.
Ernster war der Kampf des Fuſsvolks. Lange stand das Ge-
fecht zwischen den beiderseitigen ersten Gliedern; in dem
äuſserst blutigen Handgemenge geriethen endlich beide Theile
in Verwirrung und muſsten an den zweiten Gliedern einen
Halt suchen. Die Römer fanden ihn; die karthagische Miliz aber
zeigte sich so unsicher und schwankend, daſs sich die Söld-
ner verrathen glaubten und es zwischen ihnen und der kar-
thagischen Bürgerwehr zum Handgemenge kam. Indeſs Han-
nibal zog eilig, was von den beiden ersten Linien noch übrig
war, auf die beiden Flügel zurück und schob seine italischen
Kerntruppen auf der ganzen Linie vor. Scipio drängte dagegen in
der Mitte zusammen, was von der ersten Linie noch kampffähig
war und lieſs das zweite und dritte Glied rechts und links
an das erste sich anschlieſsen. Abermals begann auf derselben
Wahlstatt ein zweites noch fürchterlicheres Gemetzel; Hanni-
bals alte Soldaten wankten nicht trotz der Ueberzahl der
Feinde, bis die Reiterei der Römer und Massinissas, von der
Verfolgung der geschlagenen feindlichen zurückkehrend, sie
von allen Seiten umringte. Damit war nicht bloſs der Kampf
zu Ende, sondern das punische Heer vernichtet; dieselben
Soldaten, die vierzehn Jahre zuvor bei Cannae gewichen wa-
ren, hatten ihren Ueberwindern bei Zama vergolten. Mit einer
Handvoll Leute gelangte Hannibal flüchtig nach Hadrumetum. —
Nach diesem Tage konnte auf karthagischer Seite nur der
Unverstand zur Fortsetzung des Krieges rathen; dagegen konnte
der römische Feldherr sofort die Belagerung der Hauptstadt
beginnen, die weder gedeckt noch verproviantirt war, und
es stand bei ihm, wenn nicht unberechenbare Zwischenfälle

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[477/0491] HANNIBALISCHER KRIEG. nete Hannibal sein Fuſsvolk: in das erste Glied die kartha- gischen Miethstruppen, in das zweite die africanische Land- und die punische Bürgerwehr nebst dem makedonischen Corps, in das dritte die Veteranen, die ihm aus Italien gefolgt waren. Vor der Linie standen die 80 Elephanten, die Reiterei auf den Flügeln. Scipio stellte gleichfalls seine Legionen in drei Glieder, wie die Römer pflegten und ordnete sie so, daſs die Elephanten durch und neben der Linie weg ausbrechen konn- ten, ohne sie zu sprengen. Dies gelang nicht bloſs vollstän- dig, sondern die seitwärts ausweichenden Elephanten brachten auch die karthagischen Reiterflügel in Unordnung, so daſs gegen diese Scipios Reiterei, die überdies durch das Eintreffen von Massinissas Schaaren dem Feinde weit überlegen war, leichtes Spiel hatte und bald in vollem Nachsetzen begriffen war. Ernster war der Kampf des Fuſsvolks. Lange stand das Ge- fecht zwischen den beiderseitigen ersten Gliedern; in dem äuſserst blutigen Handgemenge geriethen endlich beide Theile in Verwirrung und muſsten an den zweiten Gliedern einen Halt suchen. Die Römer fanden ihn; die karthagische Miliz aber zeigte sich so unsicher und schwankend, daſs sich die Söld- ner verrathen glaubten und es zwischen ihnen und der kar- thagischen Bürgerwehr zum Handgemenge kam. Indeſs Han- nibal zog eilig, was von den beiden ersten Linien noch übrig war, auf die beiden Flügel zurück und schob seine italischen Kerntruppen auf der ganzen Linie vor. Scipio drängte dagegen in der Mitte zusammen, was von der ersten Linie noch kampffähig war und lieſs das zweite und dritte Glied rechts und links an das erste sich anschlieſsen. Abermals begann auf derselben Wahlstatt ein zweites noch fürchterlicheres Gemetzel; Hanni- bals alte Soldaten wankten nicht trotz der Ueberzahl der Feinde, bis die Reiterei der Römer und Massinissas, von der Verfolgung der geschlagenen feindlichen zurückkehrend, sie von allen Seiten umringte. Damit war nicht bloſs der Kampf zu Ende, sondern das punische Heer vernichtet; dieselben Soldaten, die vierzehn Jahre zuvor bei Cannae gewichen wa- ren, hatten ihren Ueberwindern bei Zama vergolten. Mit einer Handvoll Leute gelangte Hannibal flüchtig nach Hadrumetum. — Nach diesem Tage konnte auf karthagischer Seite nur der Unverstand zur Fortsetzung des Krieges rathen; dagegen konnte der römische Feldherr sofort die Belagerung der Hauptstadt beginnen, die weder gedeckt noch verproviantirt war, und es stand bei ihm, wenn nicht unberechenbare Zwischenfälle

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/491>, abgerufen am 24.11.2024.