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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VII.
liche Scheidewand der Halbinsel und des inneren Continents
auch als politische Grenze festzustellen. Dass die Furcht vor
dem römischen Namen auch schon zu den nächstliegenden
keltischen Cantonen jenseit der Alpen gedrungen war, zeigt
nicht bloss die vollständige Unthätigkeit, mit der dieselben
der Vernichtung oder Unterjochung ihrer diesseitigen Lands-
leute zusahen, sondern mehr noch die officielle Missbilligung
und Desavouirung, welche die transalpinischen Cantone -- man
wird zunächst an die Helvetier (zwischen dem Genfersee und
dem Main) und an die Carner und Taurisker (in Kärnthen
und Steiermark) zu denken haben -- gegen die beschwerde-
führenden römischen Gesandten aussprachen über die Ver-
suche einzelner keltischer Haufen sich diesseit der Alpen in
friedlicher Weise anzusiedeln, nicht minder die demüthige Art, in
welcher diese Auswandererhaufen selbst zuerst bei dem römi-
schen Senat um Landanweisung bittend einkamen, alsdann
aber dem strengen Gebot über die Alpen zurückzugehen ohne
Widerrede sich fügten (568 fg. 575) und die Stadt, die sie
12000 Schritt von Aquileia schon angelegt hatten, zerstören
liessen. Mit weiser Strenge gestattete der Senat keinerlei
Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Alpenthore für die
keltische Nation fortan geschlossen seien, und schritt mit
schweren Strafen gegen diejenigen römischen Unterthanen ein,
die solche Uebersiedlungsversuche von Italien aus veranlasst
hatten. Ein solcher Versuch, welcher auf einer bis dahin den
Römern unbekannt gebliebenen Strasse im innersten Winkel
des adriatischen Meeres stattfand, mehr aber noch, wie es
scheint, der Plan Philipps von Makedonien wie Hannibal von
Westen so seinerseits von Osten her in Italien einzufallen, veran-
lassten die Gründung einer Festung in dem äussersten nord-
östlichen Winkel Italiens, der nördlichsten italischen Colonie
Aquileia (571-573), die nicht bloss diesen Weg den Fremden
für immer zu verlegen, sondern auch die dortige für die
Schifffahrt vorzüglich gelegene Meeresbucht zu sichern und
der immer noch nicht ganz ausgerotteten Piraterie in diesen
Gewässern zu steuern bestimmt war. Die Anlage derselben
veranlasste einen Krieg gegen die Istrier (576, 577), der mit
der Erstürmung einiger Castelle und dem Fall des Königs
Aepulo schnell beendigt war und durch nichts merkwürdig ist
als durch den panischen Schreck, den die Kunde von der
Ueberrumpelung des römischen Lagers durch eine Handvoll
Barbaren bei der Flotte und sodann in ganz Italien hervorrief.

DRITTES BUCH. KAPITEL VII.
liche Scheidewand der Halbinsel und des inneren Continents
auch als politische Grenze festzustellen. Daſs die Furcht vor
dem römischen Namen auch schon zu den nächstliegenden
keltischen Cantonen jenseit der Alpen gedrungen war, zeigt
nicht bloſs die vollständige Unthätigkeit, mit der dieselben
der Vernichtung oder Unterjochung ihrer diesseitigen Lands-
leute zusahen, sondern mehr noch die officielle Miſsbilligung
und Desavouirung, welche die transalpinischen Cantone — man
wird zunächst an die Helvetier (zwischen dem Genfersee und
dem Main) und an die Carner und Taurisker (in Kärnthen
und Steiermark) zu denken haben — gegen die beschwerde-
führenden römischen Gesandten aussprachen über die Ver-
suche einzelner keltischer Haufen sich diesseit der Alpen in
friedlicher Weise anzusiedeln, nicht minder die demüthige Art, in
welcher diese Auswandererhaufen selbst zuerst bei dem römi-
schen Senat um Landanweisung bittend einkamen, alsdann
aber dem strengen Gebot über die Alpen zurückzugehen ohne
Widerrede sich fügten (568 fg. 575) und die Stadt, die sie
12000 Schritt von Aquileia schon angelegt hatten, zerstören
lieſsen. Mit weiser Strenge gestattete der Senat keinerlei
Ausnahme von dem Grundsatz, daſs die Alpenthore für die
keltische Nation fortan geschlossen seien, und schritt mit
schweren Strafen gegen diejenigen römischen Unterthanen ein,
die solche Uebersiedlungsversuche von Italien aus veranlaſst
hatten. Ein solcher Versuch, welcher auf einer bis dahin den
Römern unbekannt gebliebenen Straſse im innersten Winkel
des adriatischen Meeres stattfand, mehr aber noch, wie es
scheint, der Plan Philipps von Makedonien wie Hannibal von
Westen so seinerseits von Osten her in Italien einzufallen, veran-
laſsten die Gründung einer Festung in dem äuſsersten nord-
östlichen Winkel Italiens, der nördlichsten italischen Colonie
Aquileia (571-573), die nicht bloſs diesen Weg den Fremden
für immer zu verlegen, sondern auch die dortige für die
Schifffahrt vorzüglich gelegene Meeresbucht zu sichern und
der immer noch nicht ganz ausgerotteten Piraterie in diesen
Gewässern zu steuern bestimmt war. Die Anlage derselben
veranlaſste einen Krieg gegen die Istrier (576, 577), der mit
der Erstürmung einiger Castelle und dem Fall des Königs
Aepulo schnell beendigt war und durch nichts merkwürdig ist
als durch den panischen Schreck, den die Kunde von der
Ueberrumpelung des römischen Lagers durch eine Handvoll
Barbaren bei der Flotte und sodann in ganz Italien hervorrief.

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[486/0500] DRITTES BUCH. KAPITEL VII. liche Scheidewand der Halbinsel und des inneren Continents auch als politische Grenze festzustellen. Daſs die Furcht vor dem römischen Namen auch schon zu den nächstliegenden keltischen Cantonen jenseit der Alpen gedrungen war, zeigt nicht bloſs die vollständige Unthätigkeit, mit der dieselben der Vernichtung oder Unterjochung ihrer diesseitigen Lands- leute zusahen, sondern mehr noch die officielle Miſsbilligung und Desavouirung, welche die transalpinischen Cantone — man wird zunächst an die Helvetier (zwischen dem Genfersee und dem Main) und an die Carner und Taurisker (in Kärnthen und Steiermark) zu denken haben — gegen die beschwerde- führenden römischen Gesandten aussprachen über die Ver- suche einzelner keltischer Haufen sich diesseit der Alpen in friedlicher Weise anzusiedeln, nicht minder die demüthige Art, in welcher diese Auswandererhaufen selbst zuerst bei dem römi- schen Senat um Landanweisung bittend einkamen, alsdann aber dem strengen Gebot über die Alpen zurückzugehen ohne Widerrede sich fügten (568 fg. 575) und die Stadt, die sie 12000 Schritt von Aquileia schon angelegt hatten, zerstören lieſsen. Mit weiser Strenge gestattete der Senat keinerlei Ausnahme von dem Grundsatz, daſs die Alpenthore für die keltische Nation fortan geschlossen seien, und schritt mit schweren Strafen gegen diejenigen römischen Unterthanen ein, die solche Uebersiedlungsversuche von Italien aus veranlaſst hatten. Ein solcher Versuch, welcher auf einer bis dahin den Römern unbekannt gebliebenen Straſse im innersten Winkel des adriatischen Meeres stattfand, mehr aber noch, wie es scheint, der Plan Philipps von Makedonien wie Hannibal von Westen so seinerseits von Osten her in Italien einzufallen, veran- laſsten die Gründung einer Festung in dem äuſsersten nord- östlichen Winkel Italiens, der nördlichsten italischen Colonie Aquileia (571-573), die nicht bloſs diesen Weg den Fremden für immer zu verlegen, sondern auch die dortige für die Schifffahrt vorzüglich gelegene Meeresbucht zu sichern und der immer noch nicht ganz ausgerotteten Piraterie in diesen Gewässern zu steuern bestimmt war. Die Anlage derselben veranlaſste einen Krieg gegen die Istrier (576, 577), der mit der Erstürmung einiger Castelle und dem Fall des Königs Aepulo schnell beendigt war und durch nichts merkwürdig ist als durch den panischen Schreck, den die Kunde von der Ueberrumpelung des römischen Lagers durch eine Handvoll Barbaren bei der Flotte und sodann in ganz Italien hervorrief.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/500>, abgerufen am 22.11.2024.