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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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ERSTES BUCH. KAPITEL V.
tinischen Bünde, dem der albischen Orte mit jener Sicherheit
entgegensehen, die die politisch und militärisch geschlossene
Macht zum ebenbürtigen Gegner der scheinbar überlegenen
Ligue macht.

Erfolgt ist der Zusammenstoss; Alba ward von römischen
Schaaren erobert und zerstört, die albische Mark mit der römi-
schen vereinigt, die Einwohner theils am Fusse des Berges in
Bovillae angesiedelt, theils nach Rom verpflanzt. Noch in der
Kaiserzeit kannte man die von Alba nach Rom übergesiedel-
ten vornehmen Geschlechter, darunter die der Iulier, Servilier,
Quinctilier, Cloelier, Geganier, Curiatier, Metilier; sie hatten
ohne Zweifel ihre albischen Familienheiligthümer bewahrt, wie
denn der Geschlechtcult der Iulier in Bovillae in der Kaiser-
zeit wieder zu grossem Ansehen sich erhob. Wie der Zu-
sammenstoss entstand und wie er entschieden ward, ist nicht
bekannt; der Kampf der drei römischen gegen die drei albi-
schen Brüder ist nichts als eine factische Bezeichnung eines
Zwistes zweier gleich mächtiger und eng verwandter Stämme.
Mehr als die Kriegsgeschichten vermissen wir genaue Berichte
über die Folgen dieses tiefgreifenden Ereignisses. Nur so viel
ist bezeugt und beglaubigt, dass, während Alba selbst zerstört
ward, Rom als einen Theil des Eroberten die Hegemonie in
Anspruch nahm über die bis dahin von Alba abhängigen Ort-
schaften und sie erlangte, und dass hieraus unter Benutzung
der alten Tradition, dass Alba die Urheimath des latinischen
Stammes sei, vor allen Dingen aber durch die Macht und das
Glück der römischen Waffen allmählig die Hegemonie Roms
über ganz Latium erwachsen ist. Indem man formell und
sacral den alten albischen Bund bestehen liess mit seiner
Versammlung der dreissig Gemeinden und seinem Bundesfest,
wurden doch, in ähnlicher Art wie in der englischen Verfas-
sung, die verfallenen Communen entweder ganz beseitigt oder
doch aus der Liste der stimmberechtigten Ortschaften gestri-
chen; so scheint es erklärt werden zu müssen, dass der Verein,
obgleich die Versammlung nach wie vor aus dreissig Gliedern
bestand, doch schliesslich sieben und vierzig Gemeinden in
sich schloss. Auf diesem Wege gelang es die ganze latinische
Landschaft und einen nicht unbeträchtlichen Theil der südlich
und östlich angrenzenden Stämme in dem Bunde zu vereinigen,
dessen bleibende Hegemonie Rom mehr als selbstständiger
Sonderstaat, denn als Bundesglied führte. Es versteht sich,
dass man daneben nicht versäumte abgefallene oder ver-

ERSTES BUCH. KAPITEL V.
tinischen Bünde, dem der albischen Orte mit jener Sicherheit
entgegensehen, die die politisch und militärisch geschlossene
Macht zum ebenbürtigen Gegner der scheinbar überlegenen
Ligue macht.

Erfolgt ist der Zusammenstoſs; Alba ward von römischen
Schaaren erobert und zerstört, die albische Mark mit der römi-
schen vereinigt, die Einwohner theils am Fuſse des Berges in
Bovillae angesiedelt, theils nach Rom verpflanzt. Noch in der
Kaiserzeit kannte man die von Alba nach Rom übergesiedel-
ten vornehmen Geschlechter, darunter die der Iulier, Servilier,
Quinctilier, Cloelier, Geganier, Curiatier, Metilier; sie hatten
ohne Zweifel ihre albischen Familienheiligthümer bewahrt, wie
denn der Geschlechtcult der Iulier in Bovillae in der Kaiser-
zeit wieder zu groſsem Ansehen sich erhob. Wie der Zu-
sammenstoſs entstand und wie er entschieden ward, ist nicht
bekannt; der Kampf der drei römischen gegen die drei albi-
schen Brüder ist nichts als eine factische Bezeichnung eines
Zwistes zweier gleich mächtiger und eng verwandter Stämme.
Mehr als die Kriegsgeschichten vermissen wir genaue Berichte
über die Folgen dieses tiefgreifenden Ereignisses. Nur so viel
ist bezeugt und beglaubigt, daſs, während Alba selbst zerstört
ward, Rom als einen Theil des Eroberten die Hegemonie in
Anspruch nahm über die bis dahin von Alba abhängigen Ort-
schaften und sie erlangte, und dass hieraus unter Benutzung
der alten Tradition, daſs Alba die Urheimath des latinischen
Stammes sei, vor allen Dingen aber durch die Macht und das
Glück der römischen Waffen allmählig die Hegemonie Roms
über ganz Latium erwachsen ist. Indem man formell und
sacral den alten albischen Bund bestehen lieſs mit seiner
Versammlung der dreiſsig Gemeinden und seinem Bundesfest,
wurden doch, in ähnlicher Art wie in der englischen Verfas-
sung, die verfallenen Communen entweder ganz beseitigt oder
doch aus der Liste der stimmberechtigten Ortschaften gestri-
chen; so scheint es erklärt werden zu müssen, daſs der Verein,
obgleich die Versammlung nach wie vor aus dreiſsig Gliedern
bestand, doch schlieſslich sieben und vierzig Gemeinden in
sich schloſs. Auf diesem Wege gelang es die ganze latinische
Landschaft und einen nicht unbeträchtlichen Theil der südlich
und östlich angrenzenden Stämme in dem Bunde zu vereinigen,
dessen bleibende Hegemonie Rom mehr als selbstständiger
Sonderstaat, denn als Bundesglied führte. Es versteht sich,
daſs man daneben nicht versäumte abgefallene oder ver-

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[40/0054] ERSTES BUCH. KAPITEL V. tinischen Bünde, dem der albischen Orte mit jener Sicherheit entgegensehen, die die politisch und militärisch geschlossene Macht zum ebenbürtigen Gegner der scheinbar überlegenen Ligue macht. Erfolgt ist der Zusammenstoſs; Alba ward von römischen Schaaren erobert und zerstört, die albische Mark mit der römi- schen vereinigt, die Einwohner theils am Fuſse des Berges in Bovillae angesiedelt, theils nach Rom verpflanzt. Noch in der Kaiserzeit kannte man die von Alba nach Rom übergesiedel- ten vornehmen Geschlechter, darunter die der Iulier, Servilier, Quinctilier, Cloelier, Geganier, Curiatier, Metilier; sie hatten ohne Zweifel ihre albischen Familienheiligthümer bewahrt, wie denn der Geschlechtcult der Iulier in Bovillae in der Kaiser- zeit wieder zu groſsem Ansehen sich erhob. Wie der Zu- sammenstoſs entstand und wie er entschieden ward, ist nicht bekannt; der Kampf der drei römischen gegen die drei albi- schen Brüder ist nichts als eine factische Bezeichnung eines Zwistes zweier gleich mächtiger und eng verwandter Stämme. Mehr als die Kriegsgeschichten vermissen wir genaue Berichte über die Folgen dieses tiefgreifenden Ereignisses. Nur so viel ist bezeugt und beglaubigt, daſs, während Alba selbst zerstört ward, Rom als einen Theil des Eroberten die Hegemonie in Anspruch nahm über die bis dahin von Alba abhängigen Ort- schaften und sie erlangte, und dass hieraus unter Benutzung der alten Tradition, daſs Alba die Urheimath des latinischen Stammes sei, vor allen Dingen aber durch die Macht und das Glück der römischen Waffen allmählig die Hegemonie Roms über ganz Latium erwachsen ist. Indem man formell und sacral den alten albischen Bund bestehen lieſs mit seiner Versammlung der dreiſsig Gemeinden und seinem Bundesfest, wurden doch, in ähnlicher Art wie in der englischen Verfas- sung, die verfallenen Communen entweder ganz beseitigt oder doch aus der Liste der stimmberechtigten Ortschaften gestri- chen; so scheint es erklärt werden zu müssen, daſs der Verein, obgleich die Versammlung nach wie vor aus dreiſsig Gliedern bestand, doch schlieſslich sieben und vierzig Gemeinden in sich schloſs. Auf diesem Wege gelang es die ganze latinische Landschaft und einen nicht unbeträchtlichen Theil der südlich und östlich angrenzenden Stämme in dem Bunde zu vereinigen, dessen bleibende Hegemonie Rom mehr als selbstständiger Sonderstaat, denn als Bundesglied führte. Es versteht sich, daſs man daneben nicht versäumte abgefallene oder ver-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/54>, abgerufen am 21.11.2024.