Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG. zwischen den Kykladen, beschützten die nach Makedonienbestimmten Kornschiffe und griffen die feindlichen Transporte auf. Bei der Westarmee stand es noch weniger gut; Appius Claudius konnte mit seiner geschwächten Abtheilung nichts ausrichten und der von ihm begehrte Zuzug aus Achaia ward durch die Eifersucht des Consuls vereitelt. Dazu kam, dass Genthios sich von Perseus durch das Versprechen einer gro- ssen Geldsumme hatte erkaufen lassen mit Rom zu brechen und die römischen Gesandten einkerkern liess; worauf der sparsame König es überflüssig fand die Gelder zu zahlen, da Genthios nun ohnehin gezwungen war statt seiner zweideutigen eine entschieden feindliche Stellung gegen Rom einzunehmen. So hatte man also einen kleinen Krieg mehr neben dem grossen, der nun schon drei Jahre sich hinzog. Ja hätte Perseus sich von seinem Golde zu trennen vermocht, er hätte einen dritten Krieg entzünden können. Ein Keltenschwarm unter Clondicus, 20000 Mann halb zu Pferd, halb zu Fuss, bot in Makedonien selbst sich an bei ihm Dienste zu nehmen; allein man konnte sich nicht einigen über den Sold. Auch in Hellas gährte es so, dass ein Guerillakrieg sich mit einiger Geschicklich- keit und einer vollen Kasse leicht hätte entzünden lassen; allein da Perseus nicht Lust hatte zu geben und die Griechen nichts umsonst thaten, blieb das Land ruhig. Endlich entschloss man sich in Rom den rechten Mann DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG. zwischen den Kykladen, beschützten die nach Makedonienbestimmten Kornschiffe und griffen die feindlichen Transporte auf. Bei der Westarmee stand es noch weniger gut; Appius Claudius konnte mit seiner geschwächten Abtheilung nichts ausrichten und der von ihm begehrte Zuzug aus Achaia ward durch die Eifersucht des Consuls vereitelt. Dazu kam, daſs Genthios sich von Perseus durch das Versprechen einer gro- ſsen Geldsumme hatte erkaufen lassen mit Rom zu brechen und die römischen Gesandten einkerkern lieſs; worauf der sparsame König es überflüssig fand die Gelder zu zahlen, da Genthios nun ohnehin gezwungen war statt seiner zweideutigen eine entschieden feindliche Stellung gegen Rom einzunehmen. So hatte man also einen kleinen Krieg mehr neben dem groſsen, der nun schon drei Jahre sich hinzog. Ja hätte Perseus sich von seinem Golde zu trennen vermocht, er hätte einen dritten Krieg entzünden können. Ein Keltenschwarm unter Clondicus, 20000 Mann halb zu Pferd, halb zu Fuſs, bot in Makedonien selbst sich an bei ihm Dienste zu nehmen; allein man konnte sich nicht einigen über den Sold. Auch in Hellas gährte es so, daſs ein Guerillakrieg sich mit einiger Geschicklich- keit und einer vollen Kasse leicht hätte entzünden lassen; allein da Perseus nicht Lust hatte zu geben und die Griechen nichts umsonst thaten, blieb das Land ruhig. Endlich entschloſs man sich in Rom den rechten Mann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0601" n="587"/><fw place="top" type="header">DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.</fw><lb/> zwischen den Kykladen, beschützten die nach Makedonien<lb/> bestimmten Kornschiffe und griffen die feindlichen Transporte<lb/> auf. Bei der Westarmee stand es noch weniger gut; Appius<lb/> Claudius konnte mit seiner geschwächten Abtheilung nichts<lb/> ausrichten und der von ihm begehrte Zuzug aus Achaia ward<lb/> durch die Eifersucht des Consuls vereitelt. 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Er war in jeder Beziehung der Rechte: ein vorzüg-<lb/> licher Feldherr von der alten Schule, streng gegen sich und<lb/> seine Leute und trotz seiner sechzig Jahre noch frisch und<lb/> kräftig, ein unbestechlicher Beamter — ‚einer der wenigen<lb/> Römer jener Zeit, denen man kein Geld bieten konnte‘, sagt<lb/> ein Zeitgenosse von ihm — und ein Mann von hellenischer<lb/> Bildung, der den Waffenstillstand benutzte Griechenland der<lb/> Kunstwerke wegen zu bereisen und vor dem olympischen Zeus<lb/> stehend es aussprach, daſs nur Pheidias es verstanden habe das<lb/> homerische Ideal darzustellen. — Nachdem der neue Consul<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [587/0601]
DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
zwischen den Kykladen, beschützten die nach Makedonien
bestimmten Kornschiffe und griffen die feindlichen Transporte
auf. Bei der Westarmee stand es noch weniger gut; Appius
Claudius konnte mit seiner geschwächten Abtheilung nichts
ausrichten und der von ihm begehrte Zuzug aus Achaia ward
durch die Eifersucht des Consuls vereitelt. Dazu kam, daſs
Genthios sich von Perseus durch das Versprechen einer gro-
ſsen Geldsumme hatte erkaufen lassen mit Rom zu brechen
und die römischen Gesandten einkerkern lieſs; worauf der
sparsame König es überflüssig fand die Gelder zu zahlen, da
Genthios nun ohnehin gezwungen war statt seiner zweideutigen
eine entschieden feindliche Stellung gegen Rom einzunehmen.
So hatte man also einen kleinen Krieg mehr neben dem
groſsen, der nun schon drei Jahre sich hinzog. Ja hätte Perseus
sich von seinem Golde zu trennen vermocht, er hätte einen
dritten Krieg entzünden können. Ein Keltenschwarm unter
Clondicus, 20000 Mann halb zu Pferd, halb zu Fuſs, bot in
Makedonien selbst sich an bei ihm Dienste zu nehmen; allein
man konnte sich nicht einigen über den Sold. Auch in Hellas
gährte es so, daſs ein Guerillakrieg sich mit einiger Geschicklich-
keit und einer vollen Kasse leicht hätte entzünden lassen; allein
da Perseus nicht Lust hatte zu geben und die Griechen nichts
umsonst thaten, blieb das Land ruhig.
Endlich entschloſs man sich in Rom den rechten Mann
nach Griechenland zu senden. Es war Lucius Aemilius Paul-
lus, der Sohn des gleichnamigen Consuls, der bei Cannae
fiel; ein Mann von altem Adel, aber geringem Vermögen und
deſshalb auf dem Wahlplatz nicht so glücklich wie auf dem
Schlachtfeld, wo er in Spanien und mehr noch in Ligurien
sich ungewöhnlich hervorgethan. Jetzt wählte das Volk ihn
zum zweitenmal zum Consul für das Jahr 586 seiner Ver-
dienste wegen, was damals schon eine seltene Ausnahme
war. Er war in jeder Beziehung der Rechte: ein vorzüg-
licher Feldherr von der alten Schule, streng gegen sich und
seine Leute und trotz seiner sechzig Jahre noch frisch und
kräftig, ein unbestechlicher Beamter — ‚einer der wenigen
Römer jener Zeit, denen man kein Geld bieten konnte‘, sagt
ein Zeitgenosse von ihm — und ein Mann von hellenischer
Bildung, der den Waffenstillstand benutzte Griechenland der
Kunstwerke wegen zu bereisen und vor dem olympischen Zeus
stehend es aussprach, daſs nur Pheidias es verstanden habe das
homerische Ideal darzustellen. — Nachdem der neue Consul
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