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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL X.
passes den rhodischen Gesandten Agepolis mit Artigkeiten
überhäufte und ihn unter der Hand ersuchte den Frieden zu
vermitteln. Republikanische Eitelkeit und Verkehrtheit thaten
das Uebrige; man meinte, die Römer gäben sich verloren,
man hätte gern zwischen vier Grossmächten zugleich den Ver-
mittler gespielt -- Verbindungen mit Perseus spannen sich
an; rhodische Gesandte von makedonischer Gesinnung sagten
mehr als sie sagen sollten; und man war gefangen. Der
Senat, der ohne Zweifel grösstentheils selbst von jenen Intri-
guen nichts wusste, vernahm die wundersame Botschaft mit
begreiflicher Indignation und war sehr erfreut über die gute
Gelegenheit die übermüthige Kaufstadt etwas zu demüthigen.
Ein kriegslustiger Prätor ging gar so weit bei dem Volk die
Kriegserklärung gegen Rhodos zu beantragen. Umsonst be-
schworen die rhodischen Gesandten einmal über das andere
kniefällig den Senat der 140jährigen Freundschaft mehr als
des einen Irrthumes zu gedenken; umsonst schickten sie die
Häupter der makedonischen Partei auf das Schaffot oder nach
Rom; umsonst sandten sie einen schweren Goldkranz zum
Dank für die unterlassene Kriegserklärung. Der ehrliche Cato
bewies zwar, dass die Rhodier eigentlich gar nichts verbrochen
hätten und fragte, ob man anfangen wolle Wünsche und Ge-
danken zu strafen und ob man den Völkern die Besorgniss
verargen könne, dass die Römer sich alles erlauben möchten,
wenn sie Niemanden mehr fürchten würden. Seine Worte
waren vergeblich. Der Senat nahm den Rhodiern ihre Be-
sitzungen auf dem Festland, die einen jährlichen Ertrag von
120 Talenten (180000 Thlr.) abwarfen. Schlimmer noch
waren die Massregeln, die den rhodischen Handel trafen.
Schon das Verbot der Salzeinfuhr nach und der Ausfuhr von
Schiffbauholz aus Makedonien scheinen gegen Rhodos gerichtet.
Unmittelbarer noch traf den rhodischen Handel die Errichtung
des delischen Freihafens; der rhodische Hafenzoll, der bis
dahin das Jahr 1 Mill. Drachmen (250000 Thlr.) abgeworfen
hatte, sank in kürzester Zeit auf 15000 Dr. (37500 Thlr.).
Ueberhaupt aber waren die Rhodier in ihrer Freiheit und
dadurch in ihrer freien und kühnen Handelspolitik gelähmt
und der Staat fing an zu siechen. Selbst das erbetene Bünd-
niss ward anfangs abgeschlagen und erst 590 nach wieder-
holten Bitten erneuert. Die gleich schuldigen, aber macht-
losen Kreter kamen mit einem derben Verweis davon.

Mit Syrien und Aegypten konnte man kürzer zu Werke

DRITTES BUCH. KAPITEL X.
passes den rhodischen Gesandten Agepolis mit Artigkeiten
überhäufte und ihn unter der Hand ersuchte den Frieden zu
vermitteln. Republikanische Eitelkeit und Verkehrtheit thaten
das Uebrige; man meinte, die Römer gäben sich verloren,
man hätte gern zwischen vier Groſsmächten zugleich den Ver-
mittler gespielt — Verbindungen mit Perseus spannen sich
an; rhodische Gesandte von makedonischer Gesinnung sagten
mehr als sie sagen sollten; und man war gefangen. Der
Senat, der ohne Zweifel gröſstentheils selbst von jenen Intri-
guen nichts wuſste, vernahm die wundersame Botschaft mit
begreiflicher Indignation und war sehr erfreut über die gute
Gelegenheit die übermüthige Kaufstadt etwas zu demüthigen.
Ein kriegslustiger Prätor ging gar so weit bei dem Volk die
Kriegserklärung gegen Rhodos zu beantragen. Umsonst be-
schworen die rhodischen Gesandten einmal über das andere
kniefällig den Senat der 140jährigen Freundschaft mehr als
des einen Irrthumes zu gedenken; umsonst schickten sie die
Häupter der makedonischen Partei auf das Schaffot oder nach
Rom; umsonst sandten sie einen schweren Goldkranz zum
Dank für die unterlassene Kriegserklärung. Der ehrliche Cato
bewies zwar, daſs die Rhodier eigentlich gar nichts verbrochen
hätten und fragte, ob man anfangen wolle Wünsche und Ge-
danken zu strafen und ob man den Völkern die Besorgniſs
verargen könne, daſs die Römer sich alles erlauben möchten,
wenn sie Niemanden mehr fürchten würden. Seine Worte
waren vergeblich. Der Senat nahm den Rhodiern ihre Be-
sitzungen auf dem Festland, die einen jährlichen Ertrag von
120 Talenten (180000 Thlr.) abwarfen. Schlimmer noch
waren die Maſsregeln, die den rhodischen Handel trafen.
Schon das Verbot der Salzeinfuhr nach und der Ausfuhr von
Schiffbauholz aus Makedonien scheinen gegen Rhodos gerichtet.
Unmittelbarer noch traf den rhodischen Handel die Errichtung
des delischen Freihafens; der rhodische Hafenzoll, der bis
dahin das Jahr 1 Mill. Drachmen (250000 Thlr.) abgeworfen
hatte, sank in kürzester Zeit auf 15000 Dr. (37500 Thlr.).
Ueberhaupt aber waren die Rhodier in ihrer Freiheit und
dadurch in ihrer freien und kühnen Handelspolitik gelähmt
und der Staat fing an zu siechen. Selbst das erbetene Bünd-
niſs ward anfangs abgeschlagen und erst 590 nach wieder-
holten Bitten erneuert. Die gleich schuldigen, aber macht-
losen Kreter kamen mit einem derben Verweis davon.

Mit Syrien und Aegypten konnte man kürzer zu Werke

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[594/0608] DRITTES BUCH. KAPITEL X. passes den rhodischen Gesandten Agepolis mit Artigkeiten überhäufte und ihn unter der Hand ersuchte den Frieden zu vermitteln. Republikanische Eitelkeit und Verkehrtheit thaten das Uebrige; man meinte, die Römer gäben sich verloren, man hätte gern zwischen vier Groſsmächten zugleich den Ver- mittler gespielt — Verbindungen mit Perseus spannen sich an; rhodische Gesandte von makedonischer Gesinnung sagten mehr als sie sagen sollten; und man war gefangen. Der Senat, der ohne Zweifel gröſstentheils selbst von jenen Intri- guen nichts wuſste, vernahm die wundersame Botschaft mit begreiflicher Indignation und war sehr erfreut über die gute Gelegenheit die übermüthige Kaufstadt etwas zu demüthigen. Ein kriegslustiger Prätor ging gar so weit bei dem Volk die Kriegserklärung gegen Rhodos zu beantragen. Umsonst be- schworen die rhodischen Gesandten einmal über das andere kniefällig den Senat der 140jährigen Freundschaft mehr als des einen Irrthumes zu gedenken; umsonst schickten sie die Häupter der makedonischen Partei auf das Schaffot oder nach Rom; umsonst sandten sie einen schweren Goldkranz zum Dank für die unterlassene Kriegserklärung. Der ehrliche Cato bewies zwar, daſs die Rhodier eigentlich gar nichts verbrochen hätten und fragte, ob man anfangen wolle Wünsche und Ge- danken zu strafen und ob man den Völkern die Besorgniſs verargen könne, daſs die Römer sich alles erlauben möchten, wenn sie Niemanden mehr fürchten würden. Seine Worte waren vergeblich. Der Senat nahm den Rhodiern ihre Be- sitzungen auf dem Festland, die einen jährlichen Ertrag von 120 Talenten (180000 Thlr.) abwarfen. Schlimmer noch waren die Maſsregeln, die den rhodischen Handel trafen. Schon das Verbot der Salzeinfuhr nach und der Ausfuhr von Schiffbauholz aus Makedonien scheinen gegen Rhodos gerichtet. Unmittelbarer noch traf den rhodischen Handel die Errichtung des delischen Freihafens; der rhodische Hafenzoll, der bis dahin das Jahr 1 Mill. Drachmen (250000 Thlr.) abgeworfen hatte, sank in kürzester Zeit auf 15000 Dr. (37500 Thlr.). Ueberhaupt aber waren die Rhodier in ihrer Freiheit und dadurch in ihrer freien und kühnen Handelspolitik gelähmt und der Staat fing an zu siechen. Selbst das erbetene Bünd- niſs ward anfangs abgeschlagen und erst 590 nach wieder- holten Bitten erneuert. Die gleich schuldigen, aber macht- losen Kreter kamen mit einem derben Verweis davon. Mit Syrien und Aegypten konnte man kürzer zu Werke

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/608>, abgerufen am 22.11.2024.