Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.
dienen. Allein ehe noch der Consul Quintus Fulvius Nobilior
mit seiner Armee eintraf, kam es zwischen dem Statthalter des
jenseitigen Spaniens, dem Prätor Lucius Mummius und den nach
Punicus Tode in der Schlacht jetzt von Kaesarus geführten Lu-
sitanern am rechten Ufer des Tajo zu einem sehr ernsthaften
Treffen (601). Das Glück war anfangs den Römern günstig;
das lusitanische Heer ward zersprengt, das Lager genommen.
Allein theils schon vom Marsch ermüdet, theils in der Unord-
nung des Nachsetzens sich auflösend wurden sie von den schon
besiegten Gegnern schliesslich vollständig geschlagen und büss-
ten zu dem feindlichen Lager das eigene so wie an Todten
9000 Mann ein. Weit und breit loderte jetzt die Kriegsflamme
auf. Die Lusitaner am linken Ufer des Tajo warfen sich unter
Anführung des Kaukaenus auf die den Römern unterthänigen
Keltiker (in Alentejo) und nahmen ihre Stadt Conistorgis ein.
Den Keltiberern sandten die Lusitaner die dem Mummius abge-
nommenen Feldzeichen zugleich als Siegesbotschaft und als Mah-
nung zu; und auch hier fehlte es nicht an Gährungsstoff. Zwei
kleine den mächtigen Arevakern (um die Quellen des Duero und
Tajo) benachbarte Völkerschaften Keltiberiens, die Beller und
Titther hatten beschlossen in eine ihrer Städte Segeda sich zu-
sammenzusiedeln. Während sie mit dem Mauerbau beschäftigt wa-
ren, kam ein Befehl von Rom, der ihnen diesen Bau untersagte,
da das sempronische Gesetz den unterworfenen Gemeinden jede
eigenmächtige Städtegründung verbiete, und der zugleich die ver-
tragsmässig schuldigen, aber seit längerer Zeit ruhenden Leistun-
gen an Geld und Mannschaft einforderte. Beiden Befehlen weiger-
ten die Spanier den Gehorsam, da es sich nur um Erweiterung,
nicht um Gründung einer Stadt handle, die Leistungen aber
nicht bloss suspendirt, sondern von den Römern erlassen seien.
Darüber erschien Nobilior im diesseitigen Spanien mit einem fast
30000 Mann starken Heer, unter dem auch numidische Reiter
und zehn Elephanten sich befanden. Noch standen die Mauern
der neuen Stadt nicht vollständig; die meisten der Segedaner
unterwarfen sich, allein die entschlossensten Männer flüchteten
mit Weib und Kind zu den mächtigen Arevakern und forderten
sie auf mit ihnen gegen die Römer gemeinschaftliche Sache zu
machen. Die Arevaker, ermuthigt durch den Sieg der Lusitaner
über Mummius, gingen darauf ein und wählten einen der flüch-
tigen Segedaner Karus zu ihrem Feldherrn. Am dritten Tag
nach seiner Wahl war dieser tapfere Führer eine Leiche, aber
das römische Heer geschlagen; er hatte dasselbe in einen Hinter-

DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.
dienen. Allein ehe noch der Consul Quintus Fulvius Nobilior
mit seiner Armee eintraf, kam es zwischen dem Statthalter des
jenseitigen Spaniens, dem Prätor Lucius Mummius und den nach
Punicus Tode in der Schlacht jetzt von Kaesarus geführten Lu-
sitanern am rechten Ufer des Tajo zu einem sehr ernsthaften
Treffen (601). Das Glück war anfangs den Römern günstig;
das lusitanische Heer ward zersprengt, das Lager genommen.
Allein theils schon vom Marsch ermüdet, theils in der Unord-
nung des Nachsetzens sich auflösend wurden sie von den schon
besiegten Gegnern schlieſslich vollständig geschlagen und büſs-
ten zu dem feindlichen Lager das eigene so wie an Todten
9000 Mann ein. Weit und breit loderte jetzt die Kriegsflamme
auf. Die Lusitaner am linken Ufer des Tajo warfen sich unter
Anführung des Kaukaenus auf die den Römern unterthänigen
Keltiker (in Alentejo) und nahmen ihre Stadt Conistorgis ein.
Den Keltiberern sandten die Lusitaner die dem Mummius abge-
nommenen Feldzeichen zugleich als Siegesbotschaft und als Mah-
nung zu; und auch hier fehlte es nicht an Gährungsstoff. Zwei
kleine den mächtigen Arevakern (um die Quellen des Duero und
Tajo) benachbarte Völkerschaften Keltiberiens, die Beller und
Titther hatten beschlossen in eine ihrer Städte Segeda sich zu-
sammenzusiedeln. Während sie mit dem Mauerbau beschäftigt wa-
ren, kam ein Befehl von Rom, der ihnen diesen Bau untersagte,
da das sempronische Gesetz den unterworfenen Gemeinden jede
eigenmächtige Städtegründung verbiete, und der zugleich die ver-
tragsmäſsig schuldigen, aber seit längerer Zeit ruhenden Leistun-
gen an Geld und Mannschaft einforderte. Beiden Befehlen weiger-
ten die Spanier den Gehorsam, da es sich nur um Erweiterung,
nicht um Gründung einer Stadt handle, die Leistungen aber
nicht bloſs suspendirt, sondern von den Römern erlassen seien.
Darüber erschien Nobilior im diesseitigen Spanien mit einem fast
30000 Mann starken Heer, unter dem auch numidische Reiter
und zehn Elephanten sich befanden. Noch standen die Mauern
der neuen Stadt nicht vollständig; die meisten der Segedaner
unterwarfen sich, allein die entschlossensten Männer flüchteten
mit Weib und Kind zu den mächtigen Arevakern und forderten
sie auf mit ihnen gegen die Römer gemeinschaftliche Sache zu
machen. Die Arevaker, ermuthigt durch den Sieg der Lusitaner
über Mummius, gingen darauf ein und wählten einen der flüch-
tigen Segedaner Karus zu ihrem Feldherrn. Am dritten Tag
nach seiner Wahl war dieser tapfere Führer eine Leiche, aber
das römische Heer geschlagen; er hatte dasselbe in einen Hinter-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0015" n="5"/><fw place="top" type="header">DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.</fw><lb/>
dienen. Allein ehe noch der Consul Quintus Fulvius Nobilior<lb/>
mit seiner Armee eintraf, kam es zwischen dem Statthalter des<lb/>
jenseitigen Spaniens, dem Prätor Lucius Mummius und den nach<lb/>
Punicus Tode in der Schlacht jetzt von Kaesarus geführten Lu-<lb/>
sitanern am rechten Ufer des Tajo zu einem sehr ernsthaften<lb/>
Treffen (601). Das Glück war anfangs den Römern günstig;<lb/>
das lusitanische Heer ward zersprengt, das Lager genommen.<lb/>
Allein theils schon vom Marsch ermüdet, theils in der Unord-<lb/>
nung des Nachsetzens sich auflösend wurden sie von den schon<lb/>
besiegten Gegnern schlie&#x017F;slich vollständig geschlagen und bü&#x017F;s-<lb/>
ten zu dem feindlichen Lager das eigene so wie an Todten<lb/>
9000 Mann ein. Weit und breit loderte jetzt die Kriegsflamme<lb/>
auf. Die Lusitaner am linken Ufer des Tajo warfen sich unter<lb/>
Anführung des Kaukaenus auf die den Römern unterthänigen<lb/>
Keltiker (in Alentejo) und nahmen ihre Stadt Conistorgis ein.<lb/>
Den Keltiberern sandten die Lusitaner die dem Mummius abge-<lb/>
nommenen Feldzeichen zugleich als Siegesbotschaft und als Mah-<lb/>
nung zu; und auch hier fehlte es nicht an Gährungsstoff. Zwei<lb/>
kleine den mächtigen Arevakern (um die Quellen des Duero und<lb/>
Tajo) benachbarte Völkerschaften Keltiberiens, die Beller und<lb/>
Titther hatten beschlossen in eine ihrer Städte Segeda sich zu-<lb/>
sammenzusiedeln. Während sie mit dem Mauerbau beschäftigt wa-<lb/>
ren, kam ein Befehl von Rom, der ihnen diesen Bau untersagte,<lb/>
da das sempronische Gesetz den unterworfenen Gemeinden jede<lb/>
eigenmächtige Städtegründung verbiete, und der zugleich die ver-<lb/>
tragsmä&#x017F;sig schuldigen, aber seit längerer Zeit ruhenden Leistun-<lb/>
gen an Geld und Mannschaft einforderte. Beiden Befehlen weiger-<lb/>
ten die Spanier den Gehorsam, da es sich nur um Erweiterung,<lb/>
nicht um Gründung einer Stadt handle, die Leistungen aber<lb/>
nicht blo&#x017F;s suspendirt, sondern von den Römern erlassen seien.<lb/>
Darüber erschien Nobilior im diesseitigen Spanien mit einem fast<lb/>
30000 Mann starken Heer, unter dem auch numidische Reiter<lb/>
und zehn Elephanten sich befanden. Noch standen die Mauern<lb/>
der neuen Stadt nicht vollständig; die meisten der Segedaner<lb/>
unterwarfen sich, allein die entschlossensten Männer flüchteten<lb/>
mit Weib und Kind zu den mächtigen Arevakern und forderten<lb/>
sie auf mit ihnen gegen die Römer gemeinschaftliche Sache zu<lb/>
machen. Die Arevaker, ermuthigt durch den Sieg der Lusitaner<lb/>
über Mummius, gingen darauf ein und wählten einen der flüch-<lb/>
tigen Segedaner Karus zu ihrem Feldherrn. Am dritten Tag<lb/>
nach seiner Wahl war dieser tapfere Führer eine Leiche, aber<lb/>
das römische Heer geschlagen; er hatte dasselbe in einen Hinter-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0015] DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. dienen. Allein ehe noch der Consul Quintus Fulvius Nobilior mit seiner Armee eintraf, kam es zwischen dem Statthalter des jenseitigen Spaniens, dem Prätor Lucius Mummius und den nach Punicus Tode in der Schlacht jetzt von Kaesarus geführten Lu- sitanern am rechten Ufer des Tajo zu einem sehr ernsthaften Treffen (601). Das Glück war anfangs den Römern günstig; das lusitanische Heer ward zersprengt, das Lager genommen. Allein theils schon vom Marsch ermüdet, theils in der Unord- nung des Nachsetzens sich auflösend wurden sie von den schon besiegten Gegnern schlieſslich vollständig geschlagen und büſs- ten zu dem feindlichen Lager das eigene so wie an Todten 9000 Mann ein. Weit und breit loderte jetzt die Kriegsflamme auf. Die Lusitaner am linken Ufer des Tajo warfen sich unter Anführung des Kaukaenus auf die den Römern unterthänigen Keltiker (in Alentejo) und nahmen ihre Stadt Conistorgis ein. Den Keltiberern sandten die Lusitaner die dem Mummius abge- nommenen Feldzeichen zugleich als Siegesbotschaft und als Mah- nung zu; und auch hier fehlte es nicht an Gährungsstoff. Zwei kleine den mächtigen Arevakern (um die Quellen des Duero und Tajo) benachbarte Völkerschaften Keltiberiens, die Beller und Titther hatten beschlossen in eine ihrer Städte Segeda sich zu- sammenzusiedeln. Während sie mit dem Mauerbau beschäftigt wa- ren, kam ein Befehl von Rom, der ihnen diesen Bau untersagte, da das sempronische Gesetz den unterworfenen Gemeinden jede eigenmächtige Städtegründung verbiete, und der zugleich die ver- tragsmäſsig schuldigen, aber seit längerer Zeit ruhenden Leistun- gen an Geld und Mannschaft einforderte. Beiden Befehlen weiger- ten die Spanier den Gehorsam, da es sich nur um Erweiterung, nicht um Gründung einer Stadt handle, die Leistungen aber nicht bloſs suspendirt, sondern von den Römern erlassen seien. Darüber erschien Nobilior im diesseitigen Spanien mit einem fast 30000 Mann starken Heer, unter dem auch numidische Reiter und zehn Elephanten sich befanden. Noch standen die Mauern der neuen Stadt nicht vollständig; die meisten der Segedaner unterwarfen sich, allein die entschlossensten Männer flüchteten mit Weib und Kind zu den mächtigen Arevakern und forderten sie auf mit ihnen gegen die Römer gemeinschaftliche Sache zu machen. Die Arevaker, ermuthigt durch den Sieg der Lusitaner über Mummius, gingen darauf ein und wählten einen der flüch- tigen Segedaner Karus zu ihrem Feldherrn. Am dritten Tag nach seiner Wahl war dieser tapfere Führer eine Leiche, aber das römische Heer geschlagen; er hatte dasselbe in einen Hinter-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/15
Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/15>, abgerufen am 03.12.2024.