Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.VIERTES BUCH. KAPITEL VIII. thradats und Urheber der an den Italikern verübten Mordthatentraf die Todesstrafe. Die Steuerpflichtigen mussten die sämmt- lichen von den letzten fünf Jahren her rückständigen Zehnten und Zölle sofort nach Abschätzung baar erlegen; ausserdem hatten sie eine Kriegsentschädigung von 20000 Talenten (34 Mill. Thlr.) zu entrichten, zu deren Eintreibung Lucius Lucullus zurückblieb. Es waren dies Massregeln von furchtbarer Strenge und schreck- lichen Folgen; wenn man sich indess des ephesischen Decrets und seiner Execution erinnert, so fühlt man sich geneigt dieselben als eine verhältnissmässig noch gelinde Vergeltung zu betrachten. Dass die sonstigen Erpressungen nicht ungewöhnlich drückend waren, beweist der Betrag der später im Triumph aufgeführ- ten Beute, der an edlem Metall sich nur auf etwa 7 Mill. Thlr. belief. Die wenigen treugebliebenen Gemeinden dagegen, nament- lich die Insel Rhodos, die lykische Landschaft, Magnesia am Maeander wurden reich belohnt; Rhodos erhielt wenigstens einen Theil der nach dem Kriege gegen Perseus ihm entzogenen (I, 594) Besitzungen zurück. Dessgleichen wurden die Chier für die aus- gestandene Noth, die Ilienser für die wahnsinnig grausame Miss- handlung, die ihnen Fimbria wegen der mit Sulla angeknüpften Verhandlungen zugefügt hatte, nach Möglichkeit durch Freibriefe und Vergünstigungen entschädigt. Die Könige von Bithynien und Kappadokien hatte Sulla schon in Dardanos mit dem pontischen König zusammengeführt und sie alle Frieden und gute Nachbar- schaft geloben lassen; Gaius Scribonius Curio ward beauftragt in den beiden von Mithradates geräumten Reichen die Wiederher- stellung der gesetzlichen Zustände zu überwachen. -- So war man am Ziel. Nach vier Kriegsjahren war der pontische König wieder ein Client der Römer und in Griechenland, Makedonien und Kleinasien ein einheitliches und geordnetes Regiment wieder hergestellt; die Gebote des Vortheils und der Ehre waren, wo nicht zur Genüge, doch zur Nothdurft befriedigt; Sulla hatte nicht bloss als Soldat und Feldherr glänzend sich hervorgethan, son- dern die schwere Mittelstrasse zwischen kühnem Ausharren und klugem Nachgeben auf seinem von tausendfachen Hindernissen durchkreuzten Gange einzuhalten verstanden. Fast wie Hannibal hatte er gekriegt und gesiegt, um mit den Streitkräften, die der erste Sieg ihm gab, alsbald zu einem zweiten und schwereren Kampfe sich zu schicken. Nachdem er seine Soldaten durch die üppigen Winterquartiere in dem reichen Vorderasien einiger- massen für ihre ausgestandenen Strapazen entschädigt hatte, ging er im Frühjahr 671 auf 1600 Schiffen von Ephesos nach dem VIERTES BUCH. KAPITEL VIII. thradats und Urheber der an den Italikern verübten Mordthatentraf die Todesstrafe. Die Steuerpflichtigen muſsten die sämmt- lichen von den letzten fünf Jahren her rückständigen Zehnten und Zölle sofort nach Abschätzung baar erlegen; auſserdem hatten sie eine Kriegsentschädigung von 20000 Talenten (34 Mill. Thlr.) zu entrichten, zu deren Eintreibung Lucius Lucullus zurückblieb. Es waren dies Maſsregeln von furchtbarer Strenge und schreck- lichen Folgen; wenn man sich indeſs des ephesischen Decrets und seiner Execution erinnert, so fühlt man sich geneigt dieselben als eine verhältniſsmäſsig noch gelinde Vergeltung zu betrachten. Daſs die sonstigen Erpressungen nicht ungewöhnlich drückend waren, beweist der Betrag der später im Triumph aufgeführ- ten Beute, der an edlem Metall sich nur auf etwa 7 Mill. Thlr. belief. Die wenigen treugebliebenen Gemeinden dagegen, nament- lich die Insel Rhodos, die lykische Landschaft, Magnesia am Maeander wurden reich belohnt; Rhodos erhielt wenigstens einen Theil der nach dem Kriege gegen Perseus ihm entzogenen (I, 594) Besitzungen zurück. Deſsgleichen wurden die Chier für die aus- gestandene Noth, die Ilienser für die wahnsinnig grausame Miſs- handlung, die ihnen Fimbria wegen der mit Sulla angeknüpften Verhandlungen zugefügt hatte, nach Möglichkeit durch Freibriefe und Vergünstigungen entschädigt. Die Könige von Bithynien und Kappadokien hatte Sulla schon in Dardanos mit dem pontischen König zusammengeführt und sie alle Frieden und gute Nachbar- schaft geloben lassen; Gaius Scribonius Curio ward beauftragt in den beiden von Mithradates geräumten Reichen die Wiederher- stellung der gesetzlichen Zustände zu überwachen. — So war man am Ziel. Nach vier Kriegsjahren war der pontische König wieder ein Client der Römer und in Griechenland, Makedonien und Kleinasien ein einheitliches und geordnetes Regiment wieder hergestellt; die Gebote des Vortheils und der Ehre waren, wo nicht zur Genüge, doch zur Nothdurft befriedigt; Sulla hatte nicht bloſs als Soldat und Feldherr glänzend sich hervorgethan, son- dern die schwere Mittelstraſse zwischen kühnem Ausharren und klugem Nachgeben auf seinem von tausendfachen Hindernissen durchkreuzten Gange einzuhalten verstanden. Fast wie Hannibal hatte er gekriegt und gesiegt, um mit den Streitkräften, die der erste Sieg ihm gab, alsbald zu einem zweiten und schwereren Kampfe sich zu schicken. Nachdem er seine Soldaten durch die üppigen Winterquartiere in dem reichen Vorderasien einiger- maſsen für ihre ausgestandenen Strapazen entschädigt hatte, ging er im Frühjahr 671 auf 1600 Schiffen von Ephesos nach dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0300" n="290"/><fw place="top" type="header">VIERTES BUCH. KAPITEL VIII.</fw><lb/> thradats und Urheber der an den Italikern verübten Mordthaten<lb/> traf die Todesstrafe. Die Steuerpflichtigen muſsten die sämmt-<lb/> lichen von den letzten fünf Jahren her rückständigen Zehnten<lb/> und Zölle sofort nach Abschätzung baar erlegen; auſserdem hatten<lb/> sie eine Kriegsentschädigung von 20000 Talenten (34 Mill. 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VIERTES BUCH. KAPITEL VIII.
thradats und Urheber der an den Italikern verübten Mordthaten
traf die Todesstrafe. Die Steuerpflichtigen muſsten die sämmt-
lichen von den letzten fünf Jahren her rückständigen Zehnten
und Zölle sofort nach Abschätzung baar erlegen; auſserdem hatten
sie eine Kriegsentschädigung von 20000 Talenten (34 Mill. Thlr.)
zu entrichten, zu deren Eintreibung Lucius Lucullus zurückblieb.
Es waren dies Maſsregeln von furchtbarer Strenge und schreck-
lichen Folgen; wenn man sich indeſs des ephesischen Decrets und
seiner Execution erinnert, so fühlt man sich geneigt dieselben
als eine verhältniſsmäſsig noch gelinde Vergeltung zu betrachten.
Daſs die sonstigen Erpressungen nicht ungewöhnlich drückend
waren, beweist der Betrag der später im Triumph aufgeführ-
ten Beute, der an edlem Metall sich nur auf etwa 7 Mill. Thlr.
belief. Die wenigen treugebliebenen Gemeinden dagegen, nament-
lich die Insel Rhodos, die lykische Landschaft, Magnesia am
Maeander wurden reich belohnt; Rhodos erhielt wenigstens einen
Theil der nach dem Kriege gegen Perseus ihm entzogenen (I, 594)
Besitzungen zurück. Deſsgleichen wurden die Chier für die aus-
gestandene Noth, die Ilienser für die wahnsinnig grausame Miſs-
handlung, die ihnen Fimbria wegen der mit Sulla angeknüpften
Verhandlungen zugefügt hatte, nach Möglichkeit durch Freibriefe
und Vergünstigungen entschädigt. Die Könige von Bithynien und
Kappadokien hatte Sulla schon in Dardanos mit dem pontischen
König zusammengeführt und sie alle Frieden und gute Nachbar-
schaft geloben lassen; Gaius Scribonius Curio ward beauftragt in
den beiden von Mithradates geräumten Reichen die Wiederher-
stellung der gesetzlichen Zustände zu überwachen. — So war
man am Ziel. Nach vier Kriegsjahren war der pontische König
wieder ein Client der Römer und in Griechenland, Makedonien
und Kleinasien ein einheitliches und geordnetes Regiment wieder
hergestellt; die Gebote des Vortheils und der Ehre waren, wo
nicht zur Genüge, doch zur Nothdurft befriedigt; Sulla hatte nicht
bloſs als Soldat und Feldherr glänzend sich hervorgethan, son-
dern die schwere Mittelstraſse zwischen kühnem Ausharren und
klugem Nachgeben auf seinem von tausendfachen Hindernissen
durchkreuzten Gange einzuhalten verstanden. Fast wie Hannibal
hatte er gekriegt und gesiegt, um mit den Streitkräften, die der
erste Sieg ihm gab, alsbald zu einem zweiten und schwereren
Kampfe sich zu schicken. Nachdem er seine Soldaten durch die
üppigen Winterquartiere in dem reichen Vorderasien einiger-
maſsen für ihre ausgestandenen Strapazen entschädigt hatte, ging
er im Frühjahr 671 auf 1600 Schiffen von Ephesos nach dem
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