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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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VIERTES BUCH. KAPITEL XI.
nen in der römischen Arena zuerst mehrere Löwen, 655 die ersten
Elephanten; 661 liess Sulla als Prätor schon hundert Löwen auf-
treten. Dasselbe gilt von den Fechterspielen. Wenn die Altvor-
dern die Bilder grosser Schlachten öffentlich ausgestellt hatten,
so fingen die Enkel an dasselbe mit ihren Gladiatorenspielen zu
thun und mit solchen Haupt- und Staatsactionen der Zeit sich
selber vor den Nachkommen zu verspotten. Auch der Bau- und
Gartenluxus war im Steigen; das prachtvolle und namentlich
wegen der alten Bäume des Gartens berühmte Stadthaus des
Redners Crassus (+ 663) ward mit den Bäumen auf 6 Mill. Sest.
(428000 Thlr.), ohne diese auf die Hälfte geschätzt, während
der Werth eines gewöhnlichen Wohnhauses in Rom etwa auf
60000 Sesterzen (4300 Thlr.) angeschlagen werden kann*. Wie
rasch die Preise der Luxusgrundstücke stiegen, zeigt das Beispiel
der misenischen Villa, die Cornelia die Mutter der Gracchen für
75000 Sesterzen (5000 Thlr.), Lucius Lucullus Consul 680 um
den dreiunddreissigfachen Preis erstand. Die Villenbauten und das
raffinirte Land- und Badeleben machten Baiae und überhaupt die
Umgegend des Golfs von Neapel zum Eldorado des vornehmen
Müssiggangs. Die Hasardspiele, bei denen es keineswegs mehr
wie bei dem altitalischen Knöchelspiel um Nüsse ging, wurden
gemein und schon 639 ein censorisches Edict dagegen erlassen.
Gazestoffe, die die Formen mehr zeigten als verhüllten, und sei-
dene Kleider fingen an bei Frauen und selbst bei Männern die
alten wollenen Röcke zu verdrängen. Gegen die rasende Ver-
schwendung, die mit ausländischen Parfümerien getrieben ward,
stemmten sich vergeblich die Aufwandgesetze. Aber der eigent-
liche Glanz- und Brennpunkt dieses vornehmen Lebens war die
Tafel. Man bezahlte Schwindelpreise -- bis 100000 Sesterzen
(7000 Thlr.) -- für einen ausgesuchten Koch; man baute mit
Rücksicht darauf und versah namentlich die Landhäuser an der
Küste mit eigenen Salzwasserteichen, um Seefische und Austern
jederzeit frisch auf die Tafel liefern zu können; man nannte es
schon ein elendes Diner, wenn das Geflügel ganz und nicht bloss
die erlesenen Stücke den Gästen vorgelegt wurden und wenn

* In dem Hause, das Sulla als junger Mann bewohnte, zahlte er für
das Erdgeschoss 3000, der Miether des obern Stockes 2000 Sesterzen
Miethe (Plutarch Sull. 1), was zu 2/3 des gewöhnlichen Capitalzinses ca-
pitalisirt ungefähr den obigen Betrag ergiebt. Dies war eine wohlfeile
Wohnung. Wenn ein hauptstädtischer Miethzins von 6000 Sesterzen
(400 Thlr.) für das Jahr 629 ein hoher genannt wird (Vell. 2, 10), so müs-
sen dabei besondere Umstände obgewaltet haben.

VIERTES BUCH. KAPITEL XI.
nen in der römischen Arena zuerst mehrere Löwen, 655 die ersten
Elephanten; 661 lieſs Sulla als Prätor schon hundert Löwen auf-
treten. Dasselbe gilt von den Fechterspielen. Wenn die Altvor-
dern die Bilder groſser Schlachten öffentlich ausgestellt hatten,
so fingen die Enkel an dasselbe mit ihren Gladiatorenspielen zu
thun und mit solchen Haupt- und Staatsactionen der Zeit sich
selber vor den Nachkommen zu verspotten. Auch der Bau- und
Gartenluxus war im Steigen; das prachtvolle und namentlich
wegen der alten Bäume des Gartens berühmte Stadthaus des
Redners Crassus († 663) ward mit den Bäumen auf 6 Mill. Sest.
(428000 Thlr.), ohne diese auf die Hälfte geschätzt, während
der Werth eines gewöhnlichen Wohnhauses in Rom etwa auf
60000 Sesterzen (4300 Thlr.) angeschlagen werden kann*. Wie
rasch die Preise der Luxusgrundstücke stiegen, zeigt das Beispiel
der misenischen Villa, die Cornelia die Mutter der Gracchen für
75000 Sesterzen (5000 Thlr.), Lucius Lucullus Consul 680 um
den dreiunddreiſsigfachen Preis erstand. Die Villenbauten und das
raffinirte Land- und Badeleben machten Baiae und überhaupt die
Umgegend des Golfs von Neapel zum Eldorado des vornehmen
Müssiggangs. Die Hasardspiele, bei denen es keineswegs mehr
wie bei dem altitalischen Knöchelspiel um Nüsse ging, wurden
gemein und schon 639 ein censorisches Edict dagegen erlassen.
Gazestoffe, die die Formen mehr zeigten als verhüllten, und sei-
dene Kleider fingen an bei Frauen und selbst bei Männern die
alten wollenen Röcke zu verdrängen. Gegen die rasende Ver-
schwendung, die mit ausländischen Parfümerien getrieben ward,
stemmten sich vergeblich die Aufwandgesetze. Aber der eigent-
liche Glanz- und Brennpunkt dieses vornehmen Lebens war die
Tafel. Man bezahlte Schwindelpreise — bis 100000 Sesterzen
(7000 Thlr.) — für einen ausgesuchten Koch; man baute mit
Rücksicht darauf und versah namentlich die Landhäuser an der
Küste mit eigenen Salzwasserteichen, um Seefische und Austern
jederzeit frisch auf die Tafel liefern zu können; man nannte es
schon ein elendes Diner, wenn das Geflügel ganz und nicht bloſs
die erlesenen Stücke den Gästen vorgelegt wurden und wenn

* In dem Hause, das Sulla als junger Mann bewohnte, zahlte er für
das Erdgeschoſs 3000, der Miether des obern Stockes 2000 Sesterzen
Miethe (Plutarch Sull. 1), was zu ⅔ des gewöhnlichen Capitalzinses ca-
pitalisirt ungefähr den obigen Betrag ergiebt. Dies war eine wohlfeile
Wohnung. Wenn ein hauptstädtischer Miethzins von 6000 Sesterzen
(400 Thlr.) für das Jahr 629 ein hoher genannt wird (Vell. 2, 10), so müs-
sen dabei besondere Umstände obgewaltet haben.
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[382/0392] VIERTES BUCH. KAPITEL XI. nen in der römischen Arena zuerst mehrere Löwen, 655 die ersten Elephanten; 661 lieſs Sulla als Prätor schon hundert Löwen auf- treten. Dasselbe gilt von den Fechterspielen. Wenn die Altvor- dern die Bilder groſser Schlachten öffentlich ausgestellt hatten, so fingen die Enkel an dasselbe mit ihren Gladiatorenspielen zu thun und mit solchen Haupt- und Staatsactionen der Zeit sich selber vor den Nachkommen zu verspotten. Auch der Bau- und Gartenluxus war im Steigen; das prachtvolle und namentlich wegen der alten Bäume des Gartens berühmte Stadthaus des Redners Crassus († 663) ward mit den Bäumen auf 6 Mill. Sest. (428000 Thlr.), ohne diese auf die Hälfte geschätzt, während der Werth eines gewöhnlichen Wohnhauses in Rom etwa auf 60000 Sesterzen (4300 Thlr.) angeschlagen werden kann *. Wie rasch die Preise der Luxusgrundstücke stiegen, zeigt das Beispiel der misenischen Villa, die Cornelia die Mutter der Gracchen für 75000 Sesterzen (5000 Thlr.), Lucius Lucullus Consul 680 um den dreiunddreiſsigfachen Preis erstand. Die Villenbauten und das raffinirte Land- und Badeleben machten Baiae und überhaupt die Umgegend des Golfs von Neapel zum Eldorado des vornehmen Müssiggangs. Die Hasardspiele, bei denen es keineswegs mehr wie bei dem altitalischen Knöchelspiel um Nüsse ging, wurden gemein und schon 639 ein censorisches Edict dagegen erlassen. Gazestoffe, die die Formen mehr zeigten als verhüllten, und sei- dene Kleider fingen an bei Frauen und selbst bei Männern die alten wollenen Röcke zu verdrängen. Gegen die rasende Ver- schwendung, die mit ausländischen Parfümerien getrieben ward, stemmten sich vergeblich die Aufwandgesetze. Aber der eigent- liche Glanz- und Brennpunkt dieses vornehmen Lebens war die Tafel. Man bezahlte Schwindelpreise — bis 100000 Sesterzen (7000 Thlr.) — für einen ausgesuchten Koch; man baute mit Rücksicht darauf und versah namentlich die Landhäuser an der Küste mit eigenen Salzwasserteichen, um Seefische und Austern jederzeit frisch auf die Tafel liefern zu können; man nannte es schon ein elendes Diner, wenn das Geflügel ganz und nicht bloſs die erlesenen Stücke den Gästen vorgelegt wurden und wenn * In dem Hause, das Sulla als junger Mann bewohnte, zahlte er für das Erdgeschoſs 3000, der Miether des obern Stockes 2000 Sesterzen Miethe (Plutarch Sull. 1), was zu ⅔ des gewöhnlichen Capitalzinses ca- pitalisirt ungefähr den obigen Betrag ergiebt. Dies war eine wohlfeile Wohnung. Wenn ein hauptstädtischer Miethzins von 6000 Sesterzen (400 Thlr.) für das Jahr 629 ein hoher genannt wird (Vell. 2, 10), so müs- sen dabei besondere Umstände obgewaltet haben.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/392>, abgerufen am 28.11.2024.