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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE.
,neigt, lassen sie den Bedienten kommen und heissen ihn auf der
,Dingstätte sich umhören, was auf dem Markt vorgefallen sei, wer
,für und wer gegen den neuen Gesetzvorschlag gesprochen, welche
.Districte dafür, welche dagegen gestimmt hätten. Endlich gehen
,sie selbst auf den Gerichtsplatz, eben früh genug um sich den
,Prozess nicht selbst auf den Hals zu ziehen. Unterwegs ist in
,keinem Winkelgässchen eine Gelegenheit, die sie nicht benutz-
,ten, denn sie haben sich den Leib voll Wein geschlagen. Ver-
,drossen kommen sie auf die Dingstätte und geben den Parteien
,das Wort. Die, die es angeht, tragen ihre Sache vor. Der Ge-
,schworne heisst die Zeugen auftreten; er selbst geht bei Seite. Wie
,er zurückkommt, erklärt er alles gehört zu haben und fordert die
,Urkunden. Er sieht hinein in die Schriften; kaum hält er vor Wein
,die Augen auf. Wie er sich dann zurückzieht das Urtheil aus-
,zufällen, lässt er zu seinen Zechbrüdern sich vernehmen: "was
"gehen mich die langweiligen Leute an? warum gehen wir nicht
"lieber einen Becher Süssen mit griechischem Wein trinken und
"essen dazu einen fetten Krammetsvogel und einen guten Fisch,
"einen veritablen Hecht von der Tiberinsel?" Das alles war frei-
lich sehr lächerlich; aber war es nicht auch sehr ernsthaft, dass
dergleichen Dinge belacht wurden?



Röm. Gesch. II. 25

DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE.
‚neigt, lassen sie den Bedienten kommen und heiſsen ihn auf der
‚Dingstätte sich umhören, was auf dem Markt vorgefallen sei, wer
‚für und wer gegen den neuen Gesetzvorschlag gesprochen, welche
.Districte dafür, welche dagegen gestimmt hätten. Endlich gehen
‚sie selbst auf den Gerichtsplatz, eben früh genug um sich den
‚Prozeſs nicht selbst auf den Hals zu ziehen. Unterwegs ist in
‚keinem Winkelgäſschen eine Gelegenheit, die sie nicht benutz-
‚ten, denn sie haben sich den Leib voll Wein geschlagen. Ver-
‚drossen kommen sie auf die Dingstätte und geben den Parteien
‚das Wort. Die, die es angeht, tragen ihre Sache vor. Der Ge-
‚schworne heiſst die Zeugen auftreten; er selbst geht bei Seite. Wie
‚er zurückkommt, erklärt er alles gehört zu haben und fordert die
‚Urkunden. Er sieht hinein in die Schriften; kaum hält er vor Wein
‚die Augen auf. Wie er sich dann zurückzieht das Urtheil aus-
‚zufällen, läſst er zu seinen Zechbrüdern sich vernehmen: „was
„gehen mich die langweiligen Leute an? warum gehen wir nicht
„lieber einen Becher Süſsen mit griechischem Wein trinken und
„essen dazu einen fetten Krammetsvogel und einen guten Fisch,
„einen veritablen Hecht von der Tiberinsel?“ Das alles war frei-
lich sehr lächerlich; aber war es nicht auch sehr ernsthaft, daſs
dergleichen Dinge belacht wurden?



Röm. Gesch. II. 25
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[385/0395] DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE. ‚neigt, lassen sie den Bedienten kommen und heiſsen ihn auf der ‚Dingstätte sich umhören, was auf dem Markt vorgefallen sei, wer ‚für und wer gegen den neuen Gesetzvorschlag gesprochen, welche .Districte dafür, welche dagegen gestimmt hätten. Endlich gehen ‚sie selbst auf den Gerichtsplatz, eben früh genug um sich den ‚Prozeſs nicht selbst auf den Hals zu ziehen. Unterwegs ist in ‚keinem Winkelgäſschen eine Gelegenheit, die sie nicht benutz- ‚ten, denn sie haben sich den Leib voll Wein geschlagen. Ver- ‚drossen kommen sie auf die Dingstätte und geben den Parteien ‚das Wort. Die, die es angeht, tragen ihre Sache vor. Der Ge- ‚schworne heiſst die Zeugen auftreten; er selbst geht bei Seite. Wie ‚er zurückkommt, erklärt er alles gehört zu haben und fordert die ‚Urkunden. Er sieht hinein in die Schriften; kaum hält er vor Wein ‚die Augen auf. Wie er sich dann zurückzieht das Urtheil aus- ‚zufällen, läſst er zu seinen Zechbrüdern sich vernehmen: „was „gehen mich die langweiligen Leute an? warum gehen wir nicht „lieber einen Becher Süſsen mit griechischem Wein trinken und „essen dazu einen fetten Krammetsvogel und einen guten Fisch, „einen veritablen Hecht von der Tiberinsel?“ Das alles war frei- lich sehr lächerlich; aber war es nicht auch sehr ernsthaft, daſs dergleichen Dinge belacht wurden? Röm. Gesch. II. 25

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/395>, abgerufen am 27.11.2024.