Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. mischen Angelegenheiten gegen Karthago und gegen Viriathussehr schlecht stehen müssten und fuhren fort die Römer zugleich zu prellen und zu beleidigen. Caesar ward ersucht zur Ausglei- chung der Sache eine Zusammenkunft von Abgeordneten der streitenden Theile in Tegea zu veranstalten; es geschah, allein nachdem Caesar und die lakedaemonischen Gesandten daselbst lange vergeblich auf die Achäer gewartet hatten, erschien endlich Kritolaos nur um anzuzeigen, dass allein die allgemeine Volks- versammlung der Achäer in dieser Sache competent sei und die- selbe erst auf der Tagsatzung, das heisst in sechs Monaten erledigt werden könne. Caesar ging darauf nach Rom zurück; die nächste Volksversammlung der Achäer aber erklärte auf Kritolaos Antrag förmlich den Krieg gegen Sparta. Auch jetzt noch machte Me- tellus einen Versuch den Zwist in Güte beizulegen und schickte Gesandte nach Korinth; allein die lärmende Ekklesia, grössten- theils bestehend aus dem Pöbel der reichen Handels- und Fa- brikstadt, übertobte die Stimme der römischen Gesandten und zwang sie die Rednerbühne zu verlassen. Kritolaos Erklärung, dass man die Römer wohl zu Freunden, aber nicht zu Herren wünsche, ward mit unsäglichem Jubel aufgenommen, und als die Mitglieder der Tagsatzung sich ins Mittel legen wollten, schützte der Pöbel den Mann seines Herzens und beklatschte die Stich- wörter von dem Landesverrath der Reichen und der nothwendi- gen Militärdictatur so wie die geheimnissvollen Winke über die nahe bevorstehende Schilderhebung unzähliger Völker und Kö- nige gegen Rom. Von welchem Geist die Bewegung beseelt war, zeigen die beiden Beschlüsse, dass bis zum hergestellten Frieden alle Klubbs permanent sein und alle Schuldklagen ruhen sollten. Man hatte also Krieg, ja sogar auch wirkliche Bundesgenossen: die Thebaner und Böoter nämlich und die Chalkidenser. Schon zu Anfang des J. 608 rückten die Achäer in Thessalien ein, um Herakleia am Oeta, das in Gemässheit des Senatbeschlusses sich von der achäischen Eidgenossenschaft losgesagt hatte, wie- der zum Gehorsam zu bringen. Der Consul Lucius Mummius, den der Senat nach Griechenland zu senden beschlossen hatte, war noch nicht eingetroffen; demnach übernahm es Metellus mit den makedonischen Legionen Herakleia zu schützen. Wie sein Anrücken gemeldet ward, trat das achäisch-thebanische Heer sofort den eiligsten Rückmarsch an, einzig rathschlagend, wie es wohl gelingen möchte den sichern Peloponnes wieder zu errei- chen; nicht einmal die Stellung bei den Thermopylen versuchte man zu halten. Metellus indess beschleunigte die Verfolgung und DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. mischen Angelegenheiten gegen Karthago und gegen Viriathussehr schlecht stehen müſsten und fuhren fort die Römer zugleich zu prellen und zu beleidigen. Caesar ward ersucht zur Ausglei- chung der Sache eine Zusammenkunft von Abgeordneten der streitenden Theile in Tegea zu veranstalten; es geschah, allein nachdem Caesar und die lakedaemonischen Gesandten daselbst lange vergeblich auf die Achäer gewartet hatten, erschien endlich Kritolaos nur um anzuzeigen, daſs allein die allgemeine Volks- versammlung der Achäer in dieser Sache competent sei und die- selbe erst auf der Tagsatzung, das heiſst in sechs Monaten erledigt werden könne. Caesar ging darauf nach Rom zurück; die nächste Volksversammlung der Achäer aber erklärte auf Kritolaos Antrag förmlich den Krieg gegen Sparta. Auch jetzt noch machte Me- tellus einen Versuch den Zwist in Güte beizulegen und schickte Gesandte nach Korinth; allein die lärmende Ekklesia, gröſsten- theils bestehend aus dem Pöbel der reichen Handels- und Fa- brikstadt, übertobte die Stimme der römischen Gesandten und zwang sie die Rednerbühne zu verlassen. Kritolaos Erklärung, daſs man die Römer wohl zu Freunden, aber nicht zu Herren wünsche, ward mit unsäglichem Jubel aufgenommen, und als die Mitglieder der Tagsatzung sich ins Mittel legen wollten, schützte der Pöbel den Mann seines Herzens und beklatschte die Stich- wörter von dem Landesverrath der Reichen und der nothwendi- gen Militärdictatur so wie die geheimniſsvollen Winke über die nahe bevorstehende Schilderhebung unzähliger Völker und Kö- nige gegen Rom. Von welchem Geist die Bewegung beseelt war, zeigen die beiden Beschlüsse, daſs bis zum hergestellten Frieden alle Klubbs permanent sein und alle Schuldklagen ruhen sollten. Man hatte also Krieg, ja sogar auch wirkliche Bundesgenossen: die Thebaner und Böoter nämlich und die Chalkidenser. Schon zu Anfang des J. 608 rückten die Achäer in Thessalien ein, um Herakleia am Oeta, das in Gemäſsheit des Senatbeschlusses sich von der achäischen Eidgenossenschaft losgesagt hatte, wie- der zum Gehorsam zu bringen. Der Consul Lucius Mummius, den der Senat nach Griechenland zu senden beschlossen hatte, war noch nicht eingetroffen; demnach übernahm es Metellus mit den makedonischen Legionen Herakleia zu schützen. Wie sein Anrücken gemeldet ward, trat das achäisch-thebanische Heer sofort den eiligsten Rückmarsch an, einzig rathschlagend, wie es wohl gelingen möchte den sichern Peloponnes wieder zu errei- chen; nicht einmal die Stellung bei den Thermopylen versuchte man zu halten. 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DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.
mischen Angelegenheiten gegen Karthago und gegen Viriathus
sehr schlecht stehen müſsten und fuhren fort die Römer zugleich
zu prellen und zu beleidigen. Caesar ward ersucht zur Ausglei-
chung der Sache eine Zusammenkunft von Abgeordneten der
streitenden Theile in Tegea zu veranstalten; es geschah, allein
nachdem Caesar und die lakedaemonischen Gesandten daselbst
lange vergeblich auf die Achäer gewartet hatten, erschien endlich
Kritolaos nur um anzuzeigen, daſs allein die allgemeine Volks-
versammlung der Achäer in dieser Sache competent sei und die-
selbe erst auf der Tagsatzung, das heiſst in sechs Monaten erledigt
werden könne. Caesar ging darauf nach Rom zurück; die nächste
Volksversammlung der Achäer aber erklärte auf Kritolaos Antrag
förmlich den Krieg gegen Sparta. Auch jetzt noch machte Me-
tellus einen Versuch den Zwist in Güte beizulegen und schickte
Gesandte nach Korinth; allein die lärmende Ekklesia, gröſsten-
theils bestehend aus dem Pöbel der reichen Handels- und Fa-
brikstadt, übertobte die Stimme der römischen Gesandten und
zwang sie die Rednerbühne zu verlassen. Kritolaos Erklärung,
daſs man die Römer wohl zu Freunden, aber nicht zu Herren
wünsche, ward mit unsäglichem Jubel aufgenommen, und als die
Mitglieder der Tagsatzung sich ins Mittel legen wollten, schützte
der Pöbel den Mann seines Herzens und beklatschte die Stich-
wörter von dem Landesverrath der Reichen und der nothwendi-
gen Militärdictatur so wie die geheimniſsvollen Winke über die
nahe bevorstehende Schilderhebung unzähliger Völker und Kö-
nige gegen Rom. Von welchem Geist die Bewegung beseelt war,
zeigen die beiden Beschlüsse, daſs bis zum hergestellten Frieden
alle Klubbs permanent sein und alle Schuldklagen ruhen sollten.
Man hatte also Krieg, ja sogar auch wirkliche Bundesgenossen:
die Thebaner und Böoter nämlich und die Chalkidenser. Schon
zu Anfang des J. 608 rückten die Achäer in Thessalien ein,
um Herakleia am Oeta, das in Gemäſsheit des Senatbeschlusses
sich von der achäischen Eidgenossenschaft losgesagt hatte, wie-
der zum Gehorsam zu bringen. Der Consul Lucius Mummius,
den der Senat nach Griechenland zu senden beschlossen hatte,
war noch nicht eingetroffen; demnach übernahm es Metellus mit
den makedonischen Legionen Herakleia zu schützen. Wie sein
Anrücken gemeldet ward, trat das achäisch-thebanische Heer
sofort den eiligsten Rückmarsch an, einzig rathschlagend, wie es
wohl gelingen möchte den sichern Peloponnes wieder zu errei-
chen; nicht einmal die Stellung bei den Thermopylen versuchte
man zu halten. Metellus indeſs beschleunigte die Verfolgung und
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