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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
er nicht, sondern konnte seine persönlichen Zwecke auch inner-
halb einer mehr demokratischen ebenso gut, wo nicht besser
verfolgen. Dagegen fand er alles was er brauchte bei der demo-
kratischen Partei. Die thätigen und gewandten Führer derselben
waren bereit und fähig dem unbehülflichen und etwas hölzernen
Helden die mühselige politische Leitung abzunehmen, und doch
viel zu gering um dem gefeierten Feldherrn die erste Rolle und
namentlich die militärische Oberleitung streitig machen zu kön-
nen oder auch nur zu wollen. Selbst der weitaus bedeutendste
von ihnen, Gaius Caesar war nichts als ein junger Mensch, dem
mehr noch als seine feurige demokratische Beredsamkeit seine
dreisten Fahrten und eleganten Schulden einen Namen gemacht
hatten und der sich sehr geehrt fühlen musste, wenn der welt-
berühmte Imperator ihm gestattete sein politischer Adjutant zu
sein. Die Popularität, auf welche Menschen wie Pompeius, von
grösseren Ansprüchen als Fähigkeiten, mehr Werth zu legen pfle-
gen als sie gern sich selber gestehen, musste im höchsten Mass
dem jungen General zu Theil werden, dessen Uebertritt der fast
verlorenen Sache der Demokratie den Sieg gab. Der von ihm
für sich und seine Soldaten geforderte Siegeslohn fand damit
sich von selbst. Ueberhaupt schien, wenn die Oligarchie ge-
stürzt ward, bei dem gänzlichen Mangel anderer ansehnlicher
Oppositionshäupter es nur von Pompeius abzuhängen sich seine
weitere Stellung selber zu bestimmen. Daran aber konnte kaum
gezweifelt werden, dass der Uebertritt des Feldherrn der so
eben siegreich aus Spanien heimkehrenden und noch in Italien
geschlossen zusammenstehenden Armee zur Oppositionspartei
den Sturz der bestehenden Ordnung zur Folge haben müsse.
Regierung und Opposition waren gleich machtlos; so wie die
letztere nicht mehr bloss mit Declamationen focht, sondern das
Schwert eines siegreichen Feldherrn bereit war ihren Forderun-
gen Nachdruck zu geben, war die Regierung, vielleicht sogar
ohne Kampf, überwunden.

So sah man von beiden Seiten sich gedrängt zur Coalition.
An persönlichen Abneigungen mochte es dort wie hier nicht
fehlen; der siegreiche Feldherr konnte die Strassenredner un-
möglich lieben, diese noch weniger den Henker des Carbo und
Brutus mit Freuden als ihr Haupt begrüssen; indess die poli-
tische Nothwendigkeit überwog, wenigstens für den Augenblick,
jedes sittliche Bedenken. Aber die Demokraten und Pompeius
schlossen ihren Bund nicht allein. Auch Marcus Crassus war in
einer ähnlichen Lage wie Pompeius. -- Obwohl Sullaner wie

FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
er nicht, sondern konnte seine persönlichen Zwecke auch inner-
halb einer mehr demokratischen ebenso gut, wo nicht besser
verfolgen. Dagegen fand er alles was er brauchte bei der demo-
kratischen Partei. Die thätigen und gewandten Führer derselben
waren bereit und fähig dem unbehülflichen und etwas hölzernen
Helden die mühselige politische Leitung abzunehmen, und doch
viel zu gering um dem gefeierten Feldherrn die erste Rolle und
namentlich die militärische Oberleitung streitig machen zu kön-
nen oder auch nur zu wollen. Selbst der weitaus bedeutendste
von ihnen, Gaius Caesar war nichts als ein junger Mensch, dem
mehr noch als seine feurige demokratische Beredsamkeit seine
dreisten Fahrten und eleganten Schulden einen Namen gemacht
hatten und der sich sehr geehrt fühlen muſste, wenn der welt-
berühmte Imperator ihm gestattete sein politischer Adjutant zu
sein. Die Popularität, auf welche Menschen wie Pompeius, von
gröſseren Ansprüchen als Fähigkeiten, mehr Werth zu legen pfle-
gen als sie gern sich selber gestehen, muſste im höchsten Maſs
dem jungen General zu Theil werden, dessen Uebertritt der fast
verlorenen Sache der Demokratie den Sieg gab. Der von ihm
für sich und seine Soldaten geforderte Siegeslohn fand damit
sich von selbst. Ueberhaupt schien, wenn die Oligarchie ge-
stürzt ward, bei dem gänzlichen Mangel anderer ansehnlicher
Oppositionshäupter es nur von Pompeius abzuhängen sich seine
weitere Stellung selber zu bestimmen. Daran aber konnte kaum
gezweifelt werden, daſs der Uebertritt des Feldherrn der so
eben siegreich aus Spanien heimkehrenden und noch in Italien
geschlossen zusammenstehenden Armee zur Oppositionspartei
den Sturz der bestehenden Ordnung zur Folge haben müsse.
Regierung und Opposition waren gleich machtlos; so wie die
letztere nicht mehr bloſs mit Declamationen focht, sondern das
Schwert eines siegreichen Feldherrn bereit war ihren Forderun-
gen Nachdruck zu geben, war die Regierung, vielleicht sogar
ohne Kampf, überwunden.

So sah man von beiden Seiten sich gedrängt zur Coalition.
An persönlichen Abneigungen mochte es dort wie hier nicht
fehlen; der siegreiche Feldherr konnte die Straſsenredner un-
möglich lieben, diese noch weniger den Henker des Carbo und
Brutus mit Freuden als ihr Haupt begrüſsen; indeſs die poli-
tische Nothwendigkeit überwog, wenigstens für den Augenblick,
jedes sittliche Bedenken. Aber die Demokraten und Pompeius
schlossen ihren Bund nicht allein. Auch Marcus Crassus war in
einer ähnlichen Lage wie Pompeius. — Obwohl Sullaner wie

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[90/0100] FÜNFTES BUCH. KAPITEL III. er nicht, sondern konnte seine persönlichen Zwecke auch inner- halb einer mehr demokratischen ebenso gut, wo nicht besser verfolgen. Dagegen fand er alles was er brauchte bei der demo- kratischen Partei. Die thätigen und gewandten Führer derselben waren bereit und fähig dem unbehülflichen und etwas hölzernen Helden die mühselige politische Leitung abzunehmen, und doch viel zu gering um dem gefeierten Feldherrn die erste Rolle und namentlich die militärische Oberleitung streitig machen zu kön- nen oder auch nur zu wollen. Selbst der weitaus bedeutendste von ihnen, Gaius Caesar war nichts als ein junger Mensch, dem mehr noch als seine feurige demokratische Beredsamkeit seine dreisten Fahrten und eleganten Schulden einen Namen gemacht hatten und der sich sehr geehrt fühlen muſste, wenn der welt- berühmte Imperator ihm gestattete sein politischer Adjutant zu sein. Die Popularität, auf welche Menschen wie Pompeius, von gröſseren Ansprüchen als Fähigkeiten, mehr Werth zu legen pfle- gen als sie gern sich selber gestehen, muſste im höchsten Maſs dem jungen General zu Theil werden, dessen Uebertritt der fast verlorenen Sache der Demokratie den Sieg gab. Der von ihm für sich und seine Soldaten geforderte Siegeslohn fand damit sich von selbst. Ueberhaupt schien, wenn die Oligarchie ge- stürzt ward, bei dem gänzlichen Mangel anderer ansehnlicher Oppositionshäupter es nur von Pompeius abzuhängen sich seine weitere Stellung selber zu bestimmen. Daran aber konnte kaum gezweifelt werden, daſs der Uebertritt des Feldherrn der so eben siegreich aus Spanien heimkehrenden und noch in Italien geschlossen zusammenstehenden Armee zur Oppositionspartei den Sturz der bestehenden Ordnung zur Folge haben müsse. Regierung und Opposition waren gleich machtlos; so wie die letztere nicht mehr bloſs mit Declamationen focht, sondern das Schwert eines siegreichen Feldherrn bereit war ihren Forderun- gen Nachdruck zu geben, war die Regierung, vielleicht sogar ohne Kampf, überwunden. So sah man von beiden Seiten sich gedrängt zur Coalition. An persönlichen Abneigungen mochte es dort wie hier nicht fehlen; der siegreiche Feldherr konnte die Straſsenredner un- möglich lieben, diese noch weniger den Henker des Carbo und Brutus mit Freuden als ihr Haupt begrüſsen; indeſs die poli- tische Nothwendigkeit überwog, wenigstens für den Augenblick, jedes sittliche Bedenken. Aber die Demokraten und Pompeius schlossen ihren Bund nicht allein. Auch Marcus Crassus war in einer ähnlichen Lage wie Pompeius. — Obwohl Sullaner wie

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/100>, abgerufen am 23.11.2024.