gen Könige noch etwas weniger im Lande galten als die kleinen Fürsten und Raubritter?
In diesem Chaos Ordnung zu schaffen bedurfte es weder genialer Conceptionen noch gewaltiger Machtentfaltung, wohl aber der klaren Einsicht in die Interessen Roms und seiner Untertha- nen, und der kräftigen und folgerechten Aufrichtung und Auf- rechthaltung der als nothwendig erkannten Institutionen. Die Legitimitätspolitik des Senats hatte sich sattsam prostituirt; der Feldherr, den die Opposition ans Regiment gebracht, hatte na- türlich, ohne die legitimen Ansprüche weiter zu respectiren, das syrische Reich einzig mit Rücksicht darauf zu ordnen, dass es in Zukunft weder durch den Zwist der Prätendenten noch durch die Begehrlichkeit der Nachbarn der römischen Clientel entzogen werden könne. Dazu aber gab es nur einen Weg: dass die rö- mische Gemeinde durch einen von ihr gesandten Satrapen mit kräftiger Hand die Zügel der Regierung erfasse, die den letzten Königen des regierenden Hauses mehr noch durch eigene Ver- schuldung als durch äussere Unfälle seit langem thatsächlich ent- glitten waren. So geschah es. Antiochos der Asiate erhielt auf seine Bitte, ihn als den angestammten Herrscher Syriens anzu- erkennen, von Pompeius die Antwort, dass er einem König, der sein Reich weder zu behaupten noch zu regieren wisse, die Herr- schaft nicht einmal auf die Bitte seiner Unterthanen, geschweige denn gegen deren bestimmt ausgesprochene Wünsche zurück- geben werde. Mit diesem Briefe des römischen Proconsuls war das Haus des Seleukos von dem Throne gestossen, den es seit zweihundertfunfzig Jahren eingenommen hatte. Antiochos verlor bald darauf sein Leben durch die Hinterlist des Emirs Sampsi- keramos, als dessen Client er in Antiochia den Herrn spielte; seitdem ist von diesen Schattenkönigen und ihren Ansprüchen nicht weiter die Rede und an ihren Platz tritt die römische Ge- meinde. Form und Ordnung des Regiments blieben also im We- sentlichen dieselben und nichts ward verändert als die Person des Monarchen. Zunächst ward das Land militärisch besetzt, um all die Störer der friedlichen Ordnung, die während der viel- jährigen Anarchie emporgewachsen waren, durch die römischen Legionen zu schrecken oder niederzuwerfen. Schon während der Feldzüge im pontischen Reiche und am Kaukasus hatte Pompeius den Angelegenheiten Syriens seine Aufmerksamkeit zugewandt und einzelne Beauftragte und Detachements wo es Noth that ein- greifen lassen. Aulus Gabinius -- derselbe, der als Volkstribun Pompeius nach dem Osten gesandt hatte -- war schon 689 an
Röm. Gesch. III. 9
POMPEIUS UND DER OSTEN.
gen Könige noch etwas weniger im Lande galten als die kleinen Fürsten und Raubritter?
In diesem Chaos Ordnung zu schaffen bedurfte es weder genialer Conceptionen noch gewaltiger Machtentfaltung, wohl aber der klaren Einsicht in die Interessen Roms und seiner Untertha- nen, und der kräftigen und folgerechten Aufrichtung und Auf- rechthaltung der als nothwendig erkannten Institutionen. Die Legitimitätspolitik des Senats hatte sich sattsam prostituirt; der Feldherr, den die Opposition ans Regiment gebracht, hatte na- türlich, ohne die legitimen Ansprüche weiter zu respectiren, das syrische Reich einzig mit Rücksicht darauf zu ordnen, daſs es in Zukunft weder durch den Zwist der Prätendenten noch durch die Begehrlichkeit der Nachbarn der römischen Clientel entzogen werden könne. Dazu aber gab es nur einen Weg: daſs die rö- mische Gemeinde durch einen von ihr gesandten Satrapen mit kräftiger Hand die Zügel der Regierung erfasse, die den letzten Königen des regierenden Hauses mehr noch durch eigene Ver- schuldung als durch äuſsere Unfälle seit langem thatsächlich ent- glitten waren. So geschah es. Antiochos der Asiate erhielt auf seine Bitte, ihn als den angestammten Herrscher Syriens anzu- erkennen, von Pompeius die Antwort, daſs er einem König, der sein Reich weder zu behaupten noch zu regieren wisse, die Herr- schaft nicht einmal auf die Bitte seiner Unterthanen, geschweige denn gegen deren bestimmt ausgesprochene Wünsche zurück- geben werde. Mit diesem Briefe des römischen Proconsuls war das Haus des Seleukos von dem Throne gestoſsen, den es seit zweihundertfunfzig Jahren eingenommen hatte. Antiochos verlor bald darauf sein Leben durch die Hinterlist des Emirs Sampsi- keramos, als dessen Client er in Antiochia den Herrn spielte; seitdem ist von diesen Schattenkönigen und ihren Ansprüchen nicht weiter die Rede und an ihren Platz tritt die römische Ge- meinde. Form und Ordnung des Regiments blieben also im We- sentlichen dieselben und nichts ward verändert als die Person des Monarchen. Zunächst ward das Land militärisch besetzt, um all die Störer der friedlichen Ordnung, die während der viel- jährigen Anarchie emporgewachsen waren, durch die römischen Legionen zu schrecken oder niederzuwerfen. Schon während der Feldzüge im pontischen Reiche und am Kaukasus hatte Pompeius den Angelegenheiten Syriens seine Aufmerksamkeit zugewandt und einzelne Beauftragte und Detachements wo es Noth that ein- greifen lassen. Aulus Gabinius — derselbe, der als Volkstribun Pompeius nach dem Osten gesandt hatte — war schon 689 an
Röm. Gesch. III. 9
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POMPEIUS UND DER OSTEN.
gen Könige noch etwas weniger im Lande galten als die kleinen
Fürsten und Raubritter?
In diesem Chaos Ordnung zu schaffen bedurfte es weder
genialer Conceptionen noch gewaltiger Machtentfaltung, wohl aber
der klaren Einsicht in die Interessen Roms und seiner Untertha-
nen, und der kräftigen und folgerechten Aufrichtung und Auf-
rechthaltung der als nothwendig erkannten Institutionen. Die
Legitimitätspolitik des Senats hatte sich sattsam prostituirt; der
Feldherr, den die Opposition ans Regiment gebracht, hatte na-
türlich, ohne die legitimen Ansprüche weiter zu respectiren, das
syrische Reich einzig mit Rücksicht darauf zu ordnen, daſs es
in Zukunft weder durch den Zwist der Prätendenten noch durch
die Begehrlichkeit der Nachbarn der römischen Clientel entzogen
werden könne. Dazu aber gab es nur einen Weg: daſs die rö-
mische Gemeinde durch einen von ihr gesandten Satrapen mit
kräftiger Hand die Zügel der Regierung erfasse, die den letzten
Königen des regierenden Hauses mehr noch durch eigene Ver-
schuldung als durch äuſsere Unfälle seit langem thatsächlich ent-
glitten waren. So geschah es. Antiochos der Asiate erhielt auf
seine Bitte, ihn als den angestammten Herrscher Syriens anzu-
erkennen, von Pompeius die Antwort, daſs er einem König, der
sein Reich weder zu behaupten noch zu regieren wisse, die Herr-
schaft nicht einmal auf die Bitte seiner Unterthanen, geschweige
denn gegen deren bestimmt ausgesprochene Wünsche zurück-
geben werde. Mit diesem Briefe des römischen Proconsuls war
das Haus des Seleukos von dem Throne gestoſsen, den es seit
zweihundertfunfzig Jahren eingenommen hatte. Antiochos verlor
bald darauf sein Leben durch die Hinterlist des Emirs Sampsi-
keramos, als dessen Client er in Antiochia den Herrn spielte;
seitdem ist von diesen Schattenkönigen und ihren Ansprüchen
nicht weiter die Rede und an ihren Platz tritt die römische Ge-
meinde. Form und Ordnung des Regiments blieben also im We-
sentlichen dieselben und nichts ward verändert als die Person des
Monarchen. Zunächst ward das Land militärisch besetzt, um
all die Störer der friedlichen Ordnung, die während der viel-
jährigen Anarchie emporgewachsen waren, durch die römischen
Legionen zu schrecken oder niederzuwerfen. Schon während der
Feldzüge im pontischen Reiche und am Kaukasus hatte Pompeius
den Angelegenheiten Syriens seine Aufmerksamkeit zugewandt
und einzelne Beauftragte und Detachements wo es Noth that ein-
greifen lassen. Aulus Gabinius — derselbe, der als Volkstribun
Pompeius nach dem Osten gesandt hatte — war schon 689 an
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/139>, abgerufen am 27.11.2024.
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