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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
des Staats machte die Begehrlichkeit der einzelnen römischen
Machthaber und Vornehmen eine in der Regel überlegene Con-
currenz und mit Hülfe dieser unternahmen es die factischen Her-
ren von Aegypten und Kypros ihre schwankenden Kronen sich
zu fristen und wo möglich neu zu befestigen. Es gelang ihnen in
der That vom Senat die Bestätigung ihrer Königstitel zu erkau-
fen; allein damit waren sie noch nicht am Ziel. Das formelle
Staatsrecht forderte einen Beschluss der römischen Bürgerschaft;
bevor dieser erlassen war, waren die Ptolemaeer abhängig von der
Laune jedes demokratischen Parteimannes und sie hatten also
den Bestechungskrieg auch gegen die andere römische Partei zu
eröffnen, welche als die mächtigere weit höhere Preise bedang.
Der Ausgang war ungleich. Die Einziehung von Kypros ward im
J. 696 vom Volke, das heisst von den Führern der Demokratie
verfügt, wobei als officieller Grund, wesshalb dieselbe jetzt vor-
genommen werde, die Förderung der Piraterie durch die Ky-
prioten angegeben ward. Marcus Cato, der von seinen Gegnern
mit der Ausführung dieser Massregel beauftragt ward, kam ohne
Heer; allein er bedurfte dessen auch nicht. Der König nahm
Gift; die Einwohner fügten sich ohne Widerstand zu leisten dem
unvermeidlichen Verhängniss und wurden dem Statthalter von
Kilikien untergeordnet. Der überreiche Schatz von fast 7000 Ta-
lenten (12 Mill. Thlr.), den der ebenso habsüchtige wie geizige
König sich nicht hatte überwinden können für die zur Rettung
seiner Krone erforderlichen Bestechungen anzugreifen, fiel mit
dieser zugleich an die Römer und füllte in erwünschter Weise die
leeren Gewölbe ihres Aerars. -- Dagegen gelang es dem Bruder,
der in Aegypten regierte, die Anerkennung durch Volksschluss
von den neuen Herren Roms im J. 695 zu erkaufen; der Kauf-
preis soll 6000 Talente (10 Mill. Thlr.) betragen haben. Frei-
lich jagte ihn dafür die Bürgerschaft aus dem Lande, die längst
gegen den guten Flötenbläser und schlechten Regenten erbittert
war und nun durch den definitiven Verlust von Kypros und
den in Folge der Transactionen mit den Römern unerträglich
gesteigerten Steuerdruck aufs Aeusserste getrieben ward (696).
Allein der König wandte sich, gleichsam wie wegen Entwährung
des Kaufobjects, an seine Verkäufer. Diese waren billig genug
einzusehen, dass es ihnen als redlichen Geschäftsmännern obliege
dem Ptolemaeos sein Reich wieder zu verschaffen; nur konn-
ten die Parteien sich nicht einig werden, wem der wichtige Auf-
trag Aegypten mit bewaffneter Hand zu besetzen nebst den davon
zu erhoffenden Sporteln zukommen solle. Erst als die Triarchie

FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
des Staats machte die Begehrlichkeit der einzelnen römischen
Machthaber und Vornehmen eine in der Regel überlegene Con-
currenz und mit Hülfe dieser unternahmen es die factischen Her-
ren von Aegypten und Kypros ihre schwankenden Kronen sich
zu fristen und wo möglich neu zu befestigen. Es gelang ihnen in
der That vom Senat die Bestätigung ihrer Königstitel zu erkau-
fen; allein damit waren sie noch nicht am Ziel. Das formelle
Staatsrecht forderte einen Beschluſs der römischen Bürgerschaft;
bevor dieser erlassen war, waren die Ptolemaeer abhängig von der
Laune jedes demokratischen Parteimannes und sie hatten also
den Bestechungskrieg auch gegen die andere römische Partei zu
eröffnen, welche als die mächtigere weit höhere Preise bedang.
Der Ausgang war ungleich. Die Einziehung von Kypros ward im
J. 696 vom Volke, das heiſst von den Führern der Demokratie
verfügt, wobei als officieller Grund, weſshalb dieselbe jetzt vor-
genommen werde, die Förderung der Piraterie durch die Ky-
prioten angegeben ward. Marcus Cato, der von seinen Gegnern
mit der Ausführung dieser Maſsregel beauftragt ward, kam ohne
Heer; allein er bedurfte dessen auch nicht. Der König nahm
Gift; die Einwohner fügten sich ohne Widerstand zu leisten dem
unvermeidlichen Verhängniſs und wurden dem Statthalter von
Kilikien untergeordnet. Der überreiche Schatz von fast 7000 Ta-
lenten (12 Mill. Thlr.), den der ebenso habsüchtige wie geizige
König sich nicht hatte überwinden können für die zur Rettung
seiner Krone erforderlichen Bestechungen anzugreifen, fiel mit
dieser zugleich an die Römer und füllte in erwünschter Weise die
leeren Gewölbe ihres Aerars. — Dagegen gelang es dem Bruder,
der in Aegypten regierte, die Anerkennung durch Volksschluſs
von den neuen Herren Roms im J. 695 zu erkaufen; der Kauf-
preis soll 6000 Talente (10 Mill. Thlr.) betragen haben. Frei-
lich jagte ihn dafür die Bürgerschaft aus dem Lande, die längst
gegen den guten Flötenbläser und schlechten Regenten erbittert
war und nun durch den definitiven Verlust von Kypros und
den in Folge der Transactionen mit den Römern unerträglich
gesteigerten Steuerdruck aufs Aeusserste getrieben ward (696).
Allein der König wandte sich, gleichsam wie wegen Entwährung
des Kaufobjects, an seine Verkäufer. Diese waren billig genug
einzusehen, daſs es ihnen als redlichen Geschäftsmännern obliege
dem Ptolemaeos sein Reich wieder zu verschaffen; nur konn-
ten die Parteien sich nicht einig werden, wem der wichtige Auf-
trag Aegypten mit bewaffneter Hand zu besetzen nebst den davon
zu erhoffenden Sporteln zukommen solle. Erst als die Triarchie

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[146/0156] FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI. des Staats machte die Begehrlichkeit der einzelnen römischen Machthaber und Vornehmen eine in der Regel überlegene Con- currenz und mit Hülfe dieser unternahmen es die factischen Her- ren von Aegypten und Kypros ihre schwankenden Kronen sich zu fristen und wo möglich neu zu befestigen. Es gelang ihnen in der That vom Senat die Bestätigung ihrer Königstitel zu erkau- fen; allein damit waren sie noch nicht am Ziel. Das formelle Staatsrecht forderte einen Beschluſs der römischen Bürgerschaft; bevor dieser erlassen war, waren die Ptolemaeer abhängig von der Laune jedes demokratischen Parteimannes und sie hatten also den Bestechungskrieg auch gegen die andere römische Partei zu eröffnen, welche als die mächtigere weit höhere Preise bedang. Der Ausgang war ungleich. Die Einziehung von Kypros ward im J. 696 vom Volke, das heiſst von den Führern der Demokratie verfügt, wobei als officieller Grund, weſshalb dieselbe jetzt vor- genommen werde, die Förderung der Piraterie durch die Ky- prioten angegeben ward. Marcus Cato, der von seinen Gegnern mit der Ausführung dieser Maſsregel beauftragt ward, kam ohne Heer; allein er bedurfte dessen auch nicht. Der König nahm Gift; die Einwohner fügten sich ohne Widerstand zu leisten dem unvermeidlichen Verhängniſs und wurden dem Statthalter von Kilikien untergeordnet. Der überreiche Schatz von fast 7000 Ta- lenten (12 Mill. Thlr.), den der ebenso habsüchtige wie geizige König sich nicht hatte überwinden können für die zur Rettung seiner Krone erforderlichen Bestechungen anzugreifen, fiel mit dieser zugleich an die Römer und füllte in erwünschter Weise die leeren Gewölbe ihres Aerars. — Dagegen gelang es dem Bruder, der in Aegypten regierte, die Anerkennung durch Volksschluſs von den neuen Herren Roms im J. 695 zu erkaufen; der Kauf- preis soll 6000 Talente (10 Mill. Thlr.) betragen haben. Frei- lich jagte ihn dafür die Bürgerschaft aus dem Lande, die längst gegen den guten Flötenbläser und schlechten Regenten erbittert war und nun durch den definitiven Verlust von Kypros und den in Folge der Transactionen mit den Römern unerträglich gesteigerten Steuerdruck aufs Aeusserste getrieben ward (696). Allein der König wandte sich, gleichsam wie wegen Entwährung des Kaufobjects, an seine Verkäufer. Diese waren billig genug einzusehen, daſs es ihnen als redlichen Geschäftsmännern obliege dem Ptolemaeos sein Reich wieder zu verschaffen; nur konn- ten die Parteien sich nicht einig werden, wem der wichtige Auf- trag Aegypten mit bewaffneter Hand zu besetzen nebst den davon zu erhoffenden Sporteln zukommen solle. Erst als die Triarchie

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/156>, abgerufen am 27.11.2024.