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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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gen, die im Senat an der Tagesordnung waren, ernstlich zu
steuern (687). Das Recht des Senats in einzelnen Fällen von
den Gesetzen zu dispensiren wurde beschränkt (687); ebenso
der Missbrauch, dass jeder vornehme Römer, der in den Provin-
zen Privatgeschäfte zu besorgen hatte, sich desshalb vom Senat
den Charakter eines römischen Gesandten ertheilen liess (691).
Man schärfte die Strafen gegen Stimmenkauf und Wahlumtriebe
(687. 691), welche letztere namentlich in ärgerlicher Weise gestei-
gert wurden durch die Versuche der aus dem Senat gestossenen
Individuen (S. 93) durch Wiederwahl in denselben zurückzu-
gelangen. Den rechtsprechenden Beamten wurde als rechtlicher
Zwang auferlegt, was bisher nur üblich gewesen war, in Gemäss-
heit der nach römischer Weise zu Anfang des Amtes von ihnen
aufgestellten Normen Recht zu sprechen (687). -- Vor allem
aber fuhr man fort das Werk der demokratischen Restauration
zu vollenden und die leitenden Gedanken der gracchischen Zeit
in zeitgemässer Form zu verwirklichen. Die Wahl der Priester
durch die Comitien, wie sie Gnaeus Domitius eingeführt (II, 188),
Sulla wieder abgeschafft hatte (II, 335), ward durch ein Gesetz
des Volkstribuns Titus Labienus im J. 691 hergestellt. Man wies
gern darauf hin, wie viel zur Wiederherstellung der sempronischen
Getreidegesetze in ihrem vollen Umfang noch fehle und überging
dabei mit Stillschweigen, dass unter den veränderten Umstän-
den, bei der bedrängten Lage der öffentlichen Finanzen und der
so sehr vermehrten Zahl der vollberechtigten römischen Bürger
diese Wiederherstellung schlechterdings unausführbar war. In
der Landschaft zwischen dem Po und den Alpen nährte man
eifrig die Agitation um politische Gleichberechtigung mit den Ita-
likern. Schon 686 reiste Gaius Caesar zu diesem Zweck daselbst
von Ort zu Ort; 689 machte Marcus Crassus als Censor Anstalt
die Einwohner geradewegs in die Bürgerliste einzuschreiben,
was nur an dem Widerstand seines Collegen scheiterte; bei den
folgenden Censuren scheint dieser Versuch sich regelmässig wie-
derholt zu haben. Wie einst Gracchus und Flaccus die Patrone
der Latiner gewesen waren, so warfen sich die gegenwärtigen
Führer der Demokratie zu Beschützern der Transpadaner auf
und Gaius Piso (Consul 687) hatte es schwer zu bereuen, dass
er gewagt hatte an einem dieser Clienten des Caesar und Cras-
sus sich zu vergreifen. Dagegen zeigten sich dieselben Führer
keineswegs geneigt die politische Gleichberechtigung der Frei-
gelassenen zu befürworten: der Volkstribun Gaius Manilius, der
in einer nur von wenigen Leuten besuchten Versammlung das

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gen, die im Senat an der Tagesordnung waren, ernstlich zu
steuern (687). Das Recht des Senats in einzelnen Fällen von
den Gesetzen zu dispensiren wurde beschränkt (687); ebenso
der Miſsbrauch, daſs jeder vornehme Römer, der in den Provin-
zen Privatgeschäfte zu besorgen hatte, sich deſshalb vom Senat
den Charakter eines römischen Gesandten ertheilen lieſs (691).
Man schärfte die Strafen gegen Stimmenkauf und Wahlumtriebe
(687. 691), welche letztere namentlich in ärgerlicher Weise gestei-
gert wurden durch die Versuche der aus dem Senat gestoſsenen
Individuen (S. 93) durch Wiederwahl in denselben zurückzu-
gelangen. Den rechtsprechenden Beamten wurde als rechtlicher
Zwang auferlegt, was bisher nur üblich gewesen war, in Gemäſs-
heit der nach römischer Weise zu Anfang des Amtes von ihnen
aufgestellten Normen Recht zu sprechen (687). — Vor allem
aber fuhr man fort das Werk der demokratischen Restauration
zu vollenden und die leitenden Gedanken der gracchischen Zeit
in zeitgemäſser Form zu verwirklichen. Die Wahl der Priester
durch die Comitien, wie sie Gnaeus Domitius eingeführt (II, 188),
Sulla wieder abgeschafft hatte (II, 335), ward durch ein Gesetz
des Volkstribuns Titus Labienus im J. 691 hergestellt. Man wies
gern darauf hin, wie viel zur Wiederherstellung der sempronischen
Getreidegesetze in ihrem vollen Umfang noch fehle und überging
dabei mit Stillschweigen, daſs unter den veränderten Umstän-
den, bei der bedrängten Lage der öffentlichen Finanzen und der
so sehr vermehrten Zahl der vollberechtigten römischen Bürger
diese Wiederherstellung schlechterdings unausführbar war. In
der Landschaft zwischen dem Po und den Alpen nährte man
eifrig die Agitation um politische Gleichberechtigung mit den Ita-
likern. Schon 686 reiste Gaius Caesar zu diesem Zweck daselbst
von Ort zu Ort; 689 machte Marcus Crassus als Censor Anstalt
die Einwohner geradewegs in die Bürgerliste einzuschreiben,
was nur an dem Widerstand seines Collegen scheiterte; bei den
folgenden Censuren scheint dieser Versuch sich regelmäſsig wie-
derholt zu haben. Wie einst Gracchus und Flaccus die Patrone
der Latiner gewesen waren, so warfen sich die gegenwärtigen
Führer der Demokratie zu Beschützern der Transpadaner auf
und Gaius Piso (Consul 687) hatte es schwer zu bereuen, daſs
er gewagt hatte an einem dieser Clienten des Caesar und Cras-
sus sich zu vergreifen. Dagegen zeigten sich dieselben Führer
keineswegs geneigt die politische Gleichberechtigung der Frei-
gelassenen zu befürworten: der Volkstribun Gaius Manilius, der
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[152/0162] FÜNFTES BUCH. KAPITEL V. gen, die im Senat an der Tagesordnung waren, ernstlich zu steuern (687). Das Recht des Senats in einzelnen Fällen von den Gesetzen zu dispensiren wurde beschränkt (687); ebenso der Miſsbrauch, daſs jeder vornehme Römer, der in den Provin- zen Privatgeschäfte zu besorgen hatte, sich deſshalb vom Senat den Charakter eines römischen Gesandten ertheilen lieſs (691). Man schärfte die Strafen gegen Stimmenkauf und Wahlumtriebe (687. 691), welche letztere namentlich in ärgerlicher Weise gestei- gert wurden durch die Versuche der aus dem Senat gestoſsenen Individuen (S. 93) durch Wiederwahl in denselben zurückzu- gelangen. Den rechtsprechenden Beamten wurde als rechtlicher Zwang auferlegt, was bisher nur üblich gewesen war, in Gemäſs- heit der nach römischer Weise zu Anfang des Amtes von ihnen aufgestellten Normen Recht zu sprechen (687). — Vor allem aber fuhr man fort das Werk der demokratischen Restauration zu vollenden und die leitenden Gedanken der gracchischen Zeit in zeitgemäſser Form zu verwirklichen. Die Wahl der Priester durch die Comitien, wie sie Gnaeus Domitius eingeführt (II, 188), Sulla wieder abgeschafft hatte (II, 335), ward durch ein Gesetz des Volkstribuns Titus Labienus im J. 691 hergestellt. Man wies gern darauf hin, wie viel zur Wiederherstellung der sempronischen Getreidegesetze in ihrem vollen Umfang noch fehle und überging dabei mit Stillschweigen, daſs unter den veränderten Umstän- den, bei der bedrängten Lage der öffentlichen Finanzen und der so sehr vermehrten Zahl der vollberechtigten römischen Bürger diese Wiederherstellung schlechterdings unausführbar war. In der Landschaft zwischen dem Po und den Alpen nährte man eifrig die Agitation um politische Gleichberechtigung mit den Ita- likern. Schon 686 reiste Gaius Caesar zu diesem Zweck daselbst von Ort zu Ort; 689 machte Marcus Crassus als Censor Anstalt die Einwohner geradewegs in die Bürgerliste einzuschreiben, was nur an dem Widerstand seines Collegen scheiterte; bei den folgenden Censuren scheint dieser Versuch sich regelmäſsig wie- derholt zu haben. Wie einst Gracchus und Flaccus die Patrone der Latiner gewesen waren, so warfen sich die gegenwärtigen Führer der Demokratie zu Beschützern der Transpadaner auf und Gaius Piso (Consul 687) hatte es schwer zu bereuen, daſs er gewagt hatte an einem dieser Clienten des Caesar und Cras- sus sich zu vergreifen. Dagegen zeigten sich dieselben Führer keineswegs geneigt die politische Gleichberechtigung der Frei- gelassenen zu befürworten: der Volkstribun Gaius Manilius, der in einer nur von wenigen Leuten besuchten Versammlung das

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/162>, abgerufen am 28.11.2024.