Crassus und Caesar den Plan entworfen hatten sich während Pompeius Abwesenheit der Militärdictatur zu bemächtigen; dass Aegypten zur Basis dieser demokratischen Militärmacht auser- sehen war; dass endlich der Insurrectionsversuch von 689 ange- zettelt worden ist um diese Entwürfe zu realisiren und Catilina und Piso also Werkzeuge in den Händen von Crassus und Caesar gewesen sind.
Einen Augenblick kam die Verschwörung ins Stocken. Die Wahlen für 690 fanden statt, ohne dass Crassus und Caesar ihren Versuch sich des Consulats zu bemeistern dabei erneuert hätten; wozu mit beigetragen haben mag, dass ein Verwandter des Füh- rers der Demokratie, Lucius Caesar, ein schwacher und von sei- nem Geschlechtsfreund nicht selten als Werkzeug benutzter Mann, diesmal um das Consulat sich bewarb. Indess drängten die Be- richte aus Asien zur Eile. Die kleinasiatischen und armenischen Angelegenheiten waren bereits vollständig geordnet. So klar auch die demokratischen Strategen es bewiesen, dass der mithradati- sche Krieg erst mit der Gefangennahme des Königs als beendigt gelten könne und dass es desshalb nothwendig sei die Hetzjagd um das schwarze Meer herum zu beginnen, vor allen Dingen aber von Syrien fern zu bleiben (S. 120) -- Pompeius war, unbeküm- mert um solches Geschwätz, im Frühjahr 690 aus Armenien auf- gebrochen und nach Syrien marschirt. Wenn Aegypten wirklich zum Hauptquartier der Demokratie ausersehen war, so hatte man Grund sich zu eilen; leicht konnte sonst Pompeius eher als Caesar in Aegypten stehen. Die Verschwörung von 688, durch die schlaf- fen und ängstlichen Repressivmassregeln dagegen keineswegs ge- sprengt, regte sich wieder, als im Anfang Juni 690 die Agitation für die Consulwahlen des nächsten Jahres ernstlich begann. Der Plan war wenig verändert. Die Leiter der Bewegung hielten wie vorher sich im Hintergrund. Als Bewerber um das Consulat wur- den diesmal von ihnen aufgestellt Catilina selbst und Gaius Anto- nius, der jüngere Sohn des Redners, ein Bruder des von Kreta her übel berufenen Feldherrn. Catilinas war man sicher; Antonius, ursprünglich Sullaner und von der demokratischen Partei vor einigen Jahren vor Gericht gestellt und aus dem Senate gestos- sen (S. 87. 93), übrigens ein schlaffer, unbedeutender, in keiner Hinsicht zum Führer berufener Mann, ward als völlig bankerott mit leichter Mühe von den Demokraten bewogen zu ihnen über- zutreten. Durch die Consuln gedachte man sich des Regiments zu bemächtigen, die in der Hauptstadt zurückgebliebenen Kinder des Pompeius als Geisseln festzunehmen und in Italien und den
Röm. Gesch. III. 11
DER PARTEIENKAMPF WÄHREND POMPEIUS ABWESENHEIT.
Crassus und Caesar den Plan entworfen hatten sich während Pompeius Abwesenheit der Militärdictatur zu bemächtigen; daſs Aegypten zur Basis dieser demokratischen Militärmacht auser- sehen war; daſs endlich der Insurrectionsversuch von 689 ange- zettelt worden ist um diese Entwürfe zu realisiren und Catilina und Piso also Werkzeuge in den Händen von Crassus und Caesar gewesen sind.
Einen Augenblick kam die Verschwörung ins Stocken. Die Wahlen für 690 fanden statt, ohne daſs Crassus und Caesar ihren Versuch sich des Consulats zu bemeistern dabei erneuert hätten; wozu mit beigetragen haben mag, daſs ein Verwandter des Füh- rers der Demokratie, Lucius Caesar, ein schwacher und von sei- nem Geschlechtsfreund nicht selten als Werkzeug benutzter Mann, diesmal um das Consulat sich bewarb. Indeſs drängten die Be- richte aus Asien zur Eile. Die kleinasiatischen und armenischen Angelegenheiten waren bereits vollständig geordnet. So klar auch die demokratischen Strategen es bewiesen, daſs der mithradati- sche Krieg erst mit der Gefangennahme des Königs als beendigt gelten könne und daſs es deſshalb nothwendig sei die Hetzjagd um das schwarze Meer herum zu beginnen, vor allen Dingen aber von Syrien fern zu bleiben (S. 120) — Pompeius war, unbeküm- mert um solches Geschwätz, im Frühjahr 690 aus Armenien auf- gebrochen und nach Syrien marschirt. Wenn Aegypten wirklich zum Hauptquartier der Demokratie ausersehen war, so hatte man Grund sich zu eilen; leicht konnte sonst Pompeius eher als Caesar in Aegypten stehen. Die Verschwörung von 688, durch die schlaf- fen und ängstlichen Repressivmaſsregeln dagegen keineswegs ge- sprengt, regte sich wieder, als im Anfang Juni 690 die Agitation für die Consulwahlen des nächsten Jahres ernstlich begann. Der Plan war wenig verändert. Die Leiter der Bewegung hielten wie vorher sich im Hintergrund. Als Bewerber um das Consulat wur- den diesmal von ihnen aufgestellt Catilina selbst und Gaius Anto- nius, der jüngere Sohn des Redners, ein Bruder des von Kreta her übel berufenen Feldherrn. Catilinas war man sicher; Antonius, ursprünglich Sullaner und von der demokratischen Partei vor einigen Jahren vor Gericht gestellt und aus dem Senate gestos- sen (S. 87. 93), übrigens ein schlaffer, unbedeutender, in keiner Hinsicht zum Führer berufener Mann, ward als völlig bankerott mit leichter Mühe von den Demokraten bewogen zu ihnen über- zutreten. Durch die Consuln gedachte man sich des Regiments zu bemächtigen, die in der Hauptstadt zurückgebliebenen Kinder des Pompeius als Geiſseln festzunehmen und in Italien und den
Röm. Gesch. III. 11
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DER PARTEIENKAMPF WÄHREND POMPEIUS ABWESENHEIT.
Crassus und Caesar den Plan entworfen hatten sich während
Pompeius Abwesenheit der Militärdictatur zu bemächtigen; daſs
Aegypten zur Basis dieser demokratischen Militärmacht auser-
sehen war; daſs endlich der Insurrectionsversuch von 689 ange-
zettelt worden ist um diese Entwürfe zu realisiren und Catilina
und Piso also Werkzeuge in den Händen von Crassus und Caesar
gewesen sind.
Einen Augenblick kam die Verschwörung ins Stocken. Die
Wahlen für 690 fanden statt, ohne daſs Crassus und Caesar ihren
Versuch sich des Consulats zu bemeistern dabei erneuert hätten;
wozu mit beigetragen haben mag, daſs ein Verwandter des Füh-
rers der Demokratie, Lucius Caesar, ein schwacher und von sei-
nem Geschlechtsfreund nicht selten als Werkzeug benutzter Mann,
diesmal um das Consulat sich bewarb. Indeſs drängten die Be-
richte aus Asien zur Eile. Die kleinasiatischen und armenischen
Angelegenheiten waren bereits vollständig geordnet. So klar auch
die demokratischen Strategen es bewiesen, daſs der mithradati-
sche Krieg erst mit der Gefangennahme des Königs als beendigt
gelten könne und daſs es deſshalb nothwendig sei die Hetzjagd
um das schwarze Meer herum zu beginnen, vor allen Dingen aber
von Syrien fern zu bleiben (S. 120) — Pompeius war, unbeküm-
mert um solches Geschwätz, im Frühjahr 690 aus Armenien auf-
gebrochen und nach Syrien marschirt. Wenn Aegypten wirklich
zum Hauptquartier der Demokratie ausersehen war, so hatte man
Grund sich zu eilen; leicht konnte sonst Pompeius eher als Caesar
in Aegypten stehen. Die Verschwörung von 688, durch die schlaf-
fen und ängstlichen Repressivmaſsregeln dagegen keineswegs ge-
sprengt, regte sich wieder, als im Anfang Juni 690 die Agitation
für die Consulwahlen des nächsten Jahres ernstlich begann. Der
Plan war wenig verändert. Die Leiter der Bewegung hielten wie
vorher sich im Hintergrund. Als Bewerber um das Consulat wur-
den diesmal von ihnen aufgestellt Catilina selbst und Gaius Anto-
nius, der jüngere Sohn des Redners, ein Bruder des von Kreta
her übel berufenen Feldherrn. Catilinas war man sicher; Antonius,
ursprünglich Sullaner und von der demokratischen Partei vor
einigen Jahren vor Gericht gestellt und aus dem Senate gestos-
sen (S. 87. 93), übrigens ein schlaffer, unbedeutender, in keiner
Hinsicht zum Führer berufener Mann, ward als völlig bankerott
mit leichter Mühe von den Demokraten bewogen zu ihnen über-
zutreten. Durch die Consuln gedachte man sich des Regiments
zu bemächtigen, die in der Hauptstadt zurückgebliebenen Kinder
des Pompeius als Geiſseln festzunehmen und in Italien und den
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/171>, abgerufen am 29.11.2024.
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