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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL V.
Briefe an die Vertrauten mitgegeben. Die Deputirten verliessen
Rom, wurden aber in der Nacht vom 2. auf den 3. December
hart an den Thoren von den römischen Behörden angehalten und
ihre Papiere ihnen abgenommen. Es zeigte sich, dass die Allo-
brogen sich zu Spionen der römischen Regierung hergegeben und
die Verhandlungen nur desshalb geführt hatten, um dieser die ge-
wünschten Beweisstücke gegen die Hauptleiter der Verschwörung
in die Hände zu spielen. Am Morgen darauf wurden von Cicero
in möglichster Stille Verhaftsbefehle gegen die gefährlichsten
Führer des Complotts erlassen und gegen Lentulus, Cethegus,
Gabinius und Statilius dieselben vollzogen, während einige An-
dere durch die Flucht der Festnehmung entgingen. Die Schuld
der Verhafteten wie der Flüchtigen war vollkommen evident. Un-
mittelbar nach der Verhaftung wurden dem Senat die weggenom-
menen Briefschaften vorgelegt, zu deren Siegel und Handschrift
die Verhafteten nicht umhin konnten sich zu bekennen, und die
Gefangenen und Zeugen verhört; weitere bestätigende Thatsachen,
Waffenniederlagen in den Häusern der Verschworenen, drohende
Aeusserungen, die sie gethan, ergaben sich alsbald; der That-
bestand der Verschwörung ward vollständig und rechtskräftig fest-
gestellt und die wichtigsten Actenstücke sogleich auf Ciceros Ver-
anstaltung durch fliegende Blätter publicirt. -- Die Erbitterung
gegen die anarchistische Verschwörung war allgemein. Wie die
oligarchische Partei die Enthüllungen aufnahm, kann man sich
denken; gern hätte sie dieselben benutzt um mit der Demokra-
tie überhaupt und namentlich mit Caesar abzurechnen, allein sie
war viel zu gründlich gesprengt um dies durchsetzen und ihm
das Ende bereiten zu können, das sie vor Zeiten den beiden
Gracchen und Saturninus bereitet hatte; in dieser Hinsicht blieb
es bei dem guten Willen. Die hauptstädtische Menge empörten
namentlich die Brandstiftungspläne der Verschworenen. Die Kauf-
mannschaft und die ganze Partei der materiellen Interessen er-
kannte in diesem Krieg der Schuldner gegen die Gläubiger natür-
lich einen Kampf um ihre Existenz; in stürmischer Aufregung
drängte sich ihre Jugend, die Schwerter in den Händen, um das
Rathhaus und zückte dieselben gegen die offenen und heimlichen
Parteigenossen Catilinas. In der That war für den Augenblick
die Verschwörung paralysirt; wenn auch vielleicht ihre letzten
Urheber noch auf freien Füssen waren, so war doch der ganze
mit der Ausführung beauftragte Stab der Verschwörung entwe-
der gefangen oder auf der Flucht; der bei Faesulae versammelte
Haufe konnte ohne Unterstützung durch eine Insurrection in

FÜNFTES BUCH. KAPITEL V.
Briefe an die Vertrauten mitgegeben. Die Deputirten verlieſsen
Rom, wurden aber in der Nacht vom 2. auf den 3. December
hart an den Thoren von den römischen Behörden angehalten und
ihre Papiere ihnen abgenommen. Es zeigte sich, daſs die Allo-
brogen sich zu Spionen der römischen Regierung hergegeben und
die Verhandlungen nur deſshalb geführt hatten, um dieser die ge-
wünschten Beweisstücke gegen die Hauptleiter der Verschwörung
in die Hände zu spielen. Am Morgen darauf wurden von Cicero
in möglichster Stille Verhaftsbefehle gegen die gefährlichsten
Führer des Complotts erlassen und gegen Lentulus, Cethegus,
Gabinius und Statilius dieselben vollzogen, während einige An-
dere durch die Flucht der Festnehmung entgingen. Die Schuld
der Verhafteten wie der Flüchtigen war vollkommen evident. Un-
mittelbar nach der Verhaftung wurden dem Senat die weggenom-
menen Briefschaften vorgelegt, zu deren Siegel und Handschrift
die Verhafteten nicht umhin konnten sich zu bekennen, und die
Gefangenen und Zeugen verhört; weitere bestätigende Thatsachen,
Waffenniederlagen in den Häusern der Verschworenen, drohende
Aeuſserungen, die sie gethan, ergaben sich alsbald; der That-
bestand der Verschwörung ward vollständig und rechtskräftig fest-
gestellt und die wichtigsten Actenstücke sogleich auf Ciceros Ver-
anstaltung durch fliegende Blätter publicirt. — Die Erbitterung
gegen die anarchistische Verschwörung war allgemein. Wie die
oligarchische Partei die Enthüllungen aufnahm, kann man sich
denken; gern hätte sie dieselben benutzt um mit der Demokra-
tie überhaupt und namentlich mit Caesar abzurechnen, allein sie
war viel zu gründlich gesprengt um dies durchsetzen und ihm
das Ende bereiten zu können, das sie vor Zeiten den beiden
Gracchen und Saturninus bereitet hatte; in dieser Hinsicht blieb
es bei dem guten Willen. Die hauptstädtische Menge empörten
namentlich die Brandstiftungspläne der Verschworenen. Die Kauf-
mannschaft und die ganze Partei der materiellen Interessen er-
kannte in diesem Krieg der Schuldner gegen die Gläubiger natür-
lich einen Kampf um ihre Existenz; in stürmischer Aufregung
drängte sich ihre Jugend, die Schwerter in den Händen, um das
Rathhaus und zückte dieselben gegen die offenen und heimlichen
Parteigenossen Catilinas. In der That war für den Augenblick
die Verschwörung paralysirt; wenn auch vielleicht ihre letzten
Urheber noch auf freien Füſsen waren, so war doch der ganze
mit der Ausführung beauftragte Stab der Verschwörung entwe-
der gefangen oder auf der Flucht; der bei Faesulae versammelte
Haufe konnte ohne Unterstützung durch eine Insurrection in

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[170/0180] FÜNFTES BUCH. KAPITEL V. Briefe an die Vertrauten mitgegeben. Die Deputirten verlieſsen Rom, wurden aber in der Nacht vom 2. auf den 3. December hart an den Thoren von den römischen Behörden angehalten und ihre Papiere ihnen abgenommen. Es zeigte sich, daſs die Allo- brogen sich zu Spionen der römischen Regierung hergegeben und die Verhandlungen nur deſshalb geführt hatten, um dieser die ge- wünschten Beweisstücke gegen die Hauptleiter der Verschwörung in die Hände zu spielen. Am Morgen darauf wurden von Cicero in möglichster Stille Verhaftsbefehle gegen die gefährlichsten Führer des Complotts erlassen und gegen Lentulus, Cethegus, Gabinius und Statilius dieselben vollzogen, während einige An- dere durch die Flucht der Festnehmung entgingen. Die Schuld der Verhafteten wie der Flüchtigen war vollkommen evident. Un- mittelbar nach der Verhaftung wurden dem Senat die weggenom- menen Briefschaften vorgelegt, zu deren Siegel und Handschrift die Verhafteten nicht umhin konnten sich zu bekennen, und die Gefangenen und Zeugen verhört; weitere bestätigende Thatsachen, Waffenniederlagen in den Häusern der Verschworenen, drohende Aeuſserungen, die sie gethan, ergaben sich alsbald; der That- bestand der Verschwörung ward vollständig und rechtskräftig fest- gestellt und die wichtigsten Actenstücke sogleich auf Ciceros Ver- anstaltung durch fliegende Blätter publicirt. — Die Erbitterung gegen die anarchistische Verschwörung war allgemein. Wie die oligarchische Partei die Enthüllungen aufnahm, kann man sich denken; gern hätte sie dieselben benutzt um mit der Demokra- tie überhaupt und namentlich mit Caesar abzurechnen, allein sie war viel zu gründlich gesprengt um dies durchsetzen und ihm das Ende bereiten zu können, das sie vor Zeiten den beiden Gracchen und Saturninus bereitet hatte; in dieser Hinsicht blieb es bei dem guten Willen. Die hauptstädtische Menge empörten namentlich die Brandstiftungspläne der Verschworenen. Die Kauf- mannschaft und die ganze Partei der materiellen Interessen er- kannte in diesem Krieg der Schuldner gegen die Gläubiger natür- lich einen Kampf um ihre Existenz; in stürmischer Aufregung drängte sich ihre Jugend, die Schwerter in den Händen, um das Rathhaus und zückte dieselben gegen die offenen und heimlichen Parteigenossen Catilinas. In der That war für den Augenblick die Verschwörung paralysirt; wenn auch vielleicht ihre letzten Urheber noch auf freien Füſsen waren, so war doch der ganze mit der Ausführung beauftragte Stab der Verschwörung entwe- der gefangen oder auf der Flucht; der bei Faesulae versammelte Haufe konnte ohne Unterstützung durch eine Insurrection in

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/180>, abgerufen am 30.11.2024.