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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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seinen Schiffen weiter; aber die brittischen Streitwagen beweg-
ten sich ebenso schnell zu Lande fort wie die römischen Galeeren
auf der See und nur mit grösster Mühe gelang es den römischen
Soldaten unter dem Schutze der Kriegsschiffe, die durch Wurf-
maschinen und Handgeschütze den Strand fegten, theils watend,
theils in Kähnen das Ufer im Angesicht der Feinde zu gewinnen.
Im ersten Schreck unterwarfen sich die nächsten Dörfer; allein
bald wurden die Insulaner gewahr, wie schwach der Feind sei
und wie er nicht wage sich vom Ufer zu entfernen. Die nächst-
wohnenden derselben verschwanden in das Binnenland und ka-
men nur zurück um das Lager zu bedrohen; die Flotte aber, die
man auf der offenen Rhede gelassen hatte, erlitt durch den ersten
über sie hereinbrechenden Sturmwind sehr bedeutenden Schaden.
Man musste sich glücklich schätzen die Angriffe der Barbaren ab-
zuschlagen, bis man die Schiffe nothdürftig reparirt hatte, und
mit denselben, noch ehe die schlimme Jahreszeit hereinbrach,
die gallische Küste wieder zu erreichen. Caesar selbst war mit
den Ergebnissen dieser leichtsinnig und mit unzulänglichen Mit-
teln unternommenen Expedition so unzufrieden, dass er sogleich
(Winter 699/700) eine Transportflotte von 800 Segeln in Stand
setzen liess und im Frühling 700, diesmal mit fünf Legionen und
2000 Reitern, zum zweitenmal nach der kentischen Küste unter
Segel ging. Der gewaltigen Armada wich die auch diesmal am
Ufer versammelte Streitmacht der Britten, ohne einen Kampf zu
wagen; Caesar trat sofort den Marsch ins Binnenland an und
überschritt nach einigen glücklichen Gefechten den Fluss Stour;
allein er musste sehr wider seinen Willen inne halten, weil die
Flotte auf der Rhede von Dover wiederum von den Stürmen des
Kanals halb zernichtet worden war. Bis man die Schiffe auf den
Strand gezogen und für die Reparatur umfassende Vorkehrungen
getroffen, ging eine kostbare Zeit verloren, die die Kelten weis-
lich benutzten. Der tapfere und umsichtige Fürst Cassivellaunus,
der in dem heutigen Middlesex und der Umgegend gebot, sonst
der Schreck der Kelten südlich von der Themse, jetzt aber der
Hort und Vorfechter der ganzen Nation, war an die Spitze der
Landesvertheidigung getreten. Er begriff, dass mit dem keltischen
Fussvolk gegen das römische schlechterdings nichts auszurichten
und die schwer zu ernährende und schwer zu regierende Masse
des Landsturms der Vertheidigung nur hinderlich war; also ent-
liess er diesen und behielt nur die Streitwagen, deren er 4000
zusammenbrachte und deren Kämpfer, geübt vom Wagen herab-
springend zu Fuss zu fechten, gleich der Bürgerreiterei des älte-

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seinen Schiffen weiter; aber die brittischen Streitwagen beweg-
ten sich ebenso schnell zu Lande fort wie die römischen Galeeren
auf der See und nur mit gröſster Mühe gelang es den römischen
Soldaten unter dem Schutze der Kriegsschiffe, die durch Wurf-
maschinen und Handgeschütze den Strand fegten, theils watend,
theils in Kähnen das Ufer im Angesicht der Feinde zu gewinnen.
Im ersten Schreck unterwarfen sich die nächsten Dörfer; allein
bald wurden die Insulaner gewahr, wie schwach der Feind sei
und wie er nicht wage sich vom Ufer zu entfernen. Die nächst-
wohnenden derselben verschwanden in das Binnenland und ka-
men nur zurück um das Lager zu bedrohen; die Flotte aber, die
man auf der offenen Rhede gelassen hatte, erlitt durch den ersten
über sie hereinbrechenden Sturmwind sehr bedeutenden Schaden.
Man muſste sich glücklich schätzen die Angriffe der Barbaren ab-
zuschlagen, bis man die Schiffe nothdürftig reparirt hatte, und
mit denselben, noch ehe die schlimme Jahreszeit hereinbrach,
die gallische Küste wieder zu erreichen. Caesar selbst war mit
den Ergebnissen dieser leichtsinnig und mit unzulänglichen Mit-
teln unternommenen Expedition so unzufrieden, daſs er sogleich
(Winter 699/700) eine Transportflotte von 800 Segeln in Stand
setzen lieſs und im Frühling 700, diesmal mit fünf Legionen und
2000 Reitern, zum zweitenmal nach der kentischen Küste unter
Segel ging. Der gewaltigen Armada wich die auch diesmal am
Ufer versammelte Streitmacht der Britten, ohne einen Kampf zu
wagen; Caesar trat sofort den Marsch ins Binnenland an und
überschritt nach einigen glücklichen Gefechten den Fluſs Stour;
allein er muſste sehr wider seinen Willen inne halten, weil die
Flotte auf der Rhede von Dover wiederum von den Stürmen des
Kanals halb zernichtet worden war. Bis man die Schiffe auf den
Strand gezogen und für die Reparatur umfassende Vorkehrungen
getroffen, ging eine kostbare Zeit verloren, die die Kelten weis-
lich benutzten. Der tapfere und umsichtige Fürst Cassivellaunus,
der in dem heutigen Middlesex und der Umgegend gebot, sonst
der Schreck der Kelten südlich von der Themse, jetzt aber der
Hort und Vorfechter der ganzen Nation, war an die Spitze der
Landesvertheidigung getreten. Er begriff, daſs mit dem keltischen
Fuſsvolk gegen das römische schlechterdings nichts auszurichten
und die schwer zu ernährende und schwer zu regierende Masse
des Landsturms der Vertheidigung nur hinderlich war; also ent-
lieſs er diesen und behielt nur die Streitwagen, deren er 4000
zusammenbrachte und deren Kämpfer, geübt vom Wagen herab-
springend zu Fuſs zu fechten, gleich der Bürgerreiterei des älte-

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[246/0256] FÜNFTES BUCH. KAPITEL VII. seinen Schiffen weiter; aber die brittischen Streitwagen beweg- ten sich ebenso schnell zu Lande fort wie die römischen Galeeren auf der See und nur mit gröſster Mühe gelang es den römischen Soldaten unter dem Schutze der Kriegsschiffe, die durch Wurf- maschinen und Handgeschütze den Strand fegten, theils watend, theils in Kähnen das Ufer im Angesicht der Feinde zu gewinnen. Im ersten Schreck unterwarfen sich die nächsten Dörfer; allein bald wurden die Insulaner gewahr, wie schwach der Feind sei und wie er nicht wage sich vom Ufer zu entfernen. Die nächst- wohnenden derselben verschwanden in das Binnenland und ka- men nur zurück um das Lager zu bedrohen; die Flotte aber, die man auf der offenen Rhede gelassen hatte, erlitt durch den ersten über sie hereinbrechenden Sturmwind sehr bedeutenden Schaden. Man muſste sich glücklich schätzen die Angriffe der Barbaren ab- zuschlagen, bis man die Schiffe nothdürftig reparirt hatte, und mit denselben, noch ehe die schlimme Jahreszeit hereinbrach, die gallische Küste wieder zu erreichen. Caesar selbst war mit den Ergebnissen dieser leichtsinnig und mit unzulänglichen Mit- teln unternommenen Expedition so unzufrieden, daſs er sogleich (Winter 699/700) eine Transportflotte von 800 Segeln in Stand setzen lieſs und im Frühling 700, diesmal mit fünf Legionen und 2000 Reitern, zum zweitenmal nach der kentischen Küste unter Segel ging. Der gewaltigen Armada wich die auch diesmal am Ufer versammelte Streitmacht der Britten, ohne einen Kampf zu wagen; Caesar trat sofort den Marsch ins Binnenland an und überschritt nach einigen glücklichen Gefechten den Fluſs Stour; allein er muſste sehr wider seinen Willen inne halten, weil die Flotte auf der Rhede von Dover wiederum von den Stürmen des Kanals halb zernichtet worden war. Bis man die Schiffe auf den Strand gezogen und für die Reparatur umfassende Vorkehrungen getroffen, ging eine kostbare Zeit verloren, die die Kelten weis- lich benutzten. Der tapfere und umsichtige Fürst Cassivellaunus, der in dem heutigen Middlesex und der Umgegend gebot, sonst der Schreck der Kelten südlich von der Themse, jetzt aber der Hort und Vorfechter der ganzen Nation, war an die Spitze der Landesvertheidigung getreten. Er begriff, daſs mit dem keltischen Fuſsvolk gegen das römische schlechterdings nichts auszurichten und die schwer zu ernährende und schwer zu regierende Masse des Landsturms der Vertheidigung nur hinderlich war; also ent- lieſs er diesen und behielt nur die Streitwagen, deren er 4000 zusammenbrachte und deren Kämpfer, geübt vom Wagen herab- springend zu Fuſs zu fechten, gleich der Bürgerreiterei des älte-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/256>, abgerufen am 23.11.2024.