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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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den lasse. Weit schlimmer war die Gleichgültigkeit der Lauen und
die bornirte Verbissenheit der Ultras. Jene waren weder zum Han-
deln zu bringen noch auch nur zum Schweigen. Wurden sie auf-
gefordert in einer bestimmten Weise für das gemeine Beste thätig
zu sein, so betrachteten sie mit der schwachen Leuten eigenen
Inconsequenz jedes solche Ansinnen als einen böswilligen Ver-
such sie noch weiter zu compromittiren und thaten das Befoh-
lene gar nicht oder mit halbem Herzen. Dabei aber fielen sie na-
türlich mit ihrem verspäteten Besserwissen und ihren superklu-
gen Unausführbarkeiten den Handelnden beständig zur Last; ihr
Tagewerk bestand darin jeden kleinen und grossen Vorgang zu
bekritteln, zu bespötteln und zu beseufzen und durch ihre eigene
Lässigkeit und Hoffnungslosigkeit die Menge abzuspannen und zu
entmuthigen. Wenn hier die Atonie der Schwäche zu schauen
war, so stand dagegen deren Hypertonie bei den Ultras in voller
Blüthe. Hier hatte man es kein Hehl, dass die Vorbedingung für
jede Friedensverhandlung die Ueberbringung von Caesars Kopf
sei: jeder der Friedensversuche, die Caesar auch jetzt noch wie-
derholentlich machte, ward unbesehen von der Hand gewiesen
oder nur benutzt, um auf heimtückische Weise den Beauftragten
des Gegners nach dem Leben zu stellen. Dass die erklärten Caesa-
rianer sammt und sonders Leben und Gut verwirkt hatten, ver-
stand sich von selbst; aber auch den mehr oder minder Neutralen
ging es wenig besser. Lucius Domitius, der Held von Corfinium,
machte im Kriegsrath alles Ernstes den Vorschlag diejenigen Se-
natoren, die im Heer des Pompeius gefochten hätten, über alle,
die entweder neutral geblieben oder zwar emigrirt, aber nicht in
das Heer eingetreten seien, abstimmen zu lassen und diese einzeln
je nach Befinden freizusprechen oder mit Geldbusse oder auch
mit dem Verlust des Lebens und des Vermögens zu bestrafen.
Ein anderer dieser Ultras erhob gegen Lucius Afranius wegen
seiner mangelhaften Vertheidigung Spaniens förmlich bei Pom-
peius eine Anklage auf Bestechung und Verrath. Diesen in der
Wolle gefärbten Republikanern nahm ihre politische Theorie fast
den Charakter eines religiösen Glaubensbekenntnisses an; sie hass-
ten denn auch die laueren Parteigenossen und den Pompeius mit
seinem persönlichen Anhang wo möglich noch mehr als die offen-
baren Gegner und durchaus mit jener Stupidität des Hasses, wie
sie sonst den orthodoxen Theologen eigen zu sein pflegt. Sie
wesentlich verschuldeten die zahllosen und erbitterten Special-
fehden, die die Emigrantenarmee und den Emigrantensenat zer-
rissen. Aber es blieb nicht bei Worten. Marcus Bibulus, Titus

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den lasse. Weit schlimmer war die Gleichgültigkeit der Lauen und
die bornirte Verbissenheit der Ultras. Jene waren weder zum Han-
deln zu bringen noch auch nur zum Schweigen. Wurden sie auf-
gefordert in einer bestimmten Weise für das gemeine Beste thätig
zu sein, so betrachteten sie mit der schwachen Leuten eigenen
Inconsequenz jedes solche Ansinnen als einen böswilligen Ver-
such sie noch weiter zu compromittiren und thaten das Befoh-
lene gar nicht oder mit halbem Herzen. Dabei aber fielen sie na-
türlich mit ihrem verspäteten Besserwissen und ihren superklu-
gen Unausführbarkeiten den Handelnden beständig zur Last; ihr
Tagewerk bestand darin jeden kleinen und groſsen Vorgang zu
bekritteln, zu bespötteln und zu beseufzen und durch ihre eigene
Lässigkeit und Hoffnungslosigkeit die Menge abzuspannen und zu
entmuthigen. Wenn hier die Atonie der Schwäche zu schauen
war, so stand dagegen deren Hypertonie bei den Ultras in voller
Blüthe. Hier hatte man es kein Hehl, daſs die Vorbedingung für
jede Friedensverhandlung die Ueberbringung von Caesars Kopf
sei: jeder der Friedensversuche, die Caesar auch jetzt noch wie-
derholentlich machte, ward unbesehen von der Hand gewiesen
oder nur benutzt, um auf heimtückische Weise den Beauftragten
des Gegners nach dem Leben zu stellen. Daſs die erklärten Caesa-
rianer sammt und sonders Leben und Gut verwirkt hatten, ver-
stand sich von selbst; aber auch den mehr oder minder Neutralen
ging es wenig besser. Lucius Domitius, der Held von Corfinium,
machte im Kriegsrath alles Ernstes den Vorschlag diejenigen Se-
natoren, die im Heer des Pompeius gefochten hätten, über alle,
die entweder neutral geblieben oder zwar emigrirt, aber nicht in
das Heer eingetreten seien, abstimmen zu lassen und diese einzeln
je nach Befinden freizusprechen oder mit Geldbuſse oder auch
mit dem Verlust des Lebens und des Vermögens zu bestrafen.
Ein anderer dieser Ultras erhob gegen Lucius Afranius wegen
seiner mangelhaften Vertheidigung Spaniens förmlich bei Pom-
peius eine Anklage auf Bestechung und Verrath. Diesen in der
Wolle gefärbten Republikanern nahm ihre politische Theorie fast
den Charakter eines religiösen Glaubensbekenntnisses an; sie haſs-
ten denn auch die laueren Parteigenossen und den Pompeius mit
seinem persönlichen Anhang wo möglich noch mehr als die offen-
baren Gegner und durchaus mit jener Stupidität des Hasses, wie
sie sonst den orthodoxen Theologen eigen zu sein pflegt. Sie
wesentlich verschuldeten die zahllosen und erbitterten Special-
fehden, die die Emigrantenarmee und den Emigrantensenat zer-
rissen. Aber es blieb nicht bei Worten. Marcus Bibulus, Titus

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[377/0387] PHARSALOS. den lasse. Weit schlimmer war die Gleichgültigkeit der Lauen und die bornirte Verbissenheit der Ultras. Jene waren weder zum Han- deln zu bringen noch auch nur zum Schweigen. Wurden sie auf- gefordert in einer bestimmten Weise für das gemeine Beste thätig zu sein, so betrachteten sie mit der schwachen Leuten eigenen Inconsequenz jedes solche Ansinnen als einen böswilligen Ver- such sie noch weiter zu compromittiren und thaten das Befoh- lene gar nicht oder mit halbem Herzen. Dabei aber fielen sie na- türlich mit ihrem verspäteten Besserwissen und ihren superklu- gen Unausführbarkeiten den Handelnden beständig zur Last; ihr Tagewerk bestand darin jeden kleinen und groſsen Vorgang zu bekritteln, zu bespötteln und zu beseufzen und durch ihre eigene Lässigkeit und Hoffnungslosigkeit die Menge abzuspannen und zu entmuthigen. Wenn hier die Atonie der Schwäche zu schauen war, so stand dagegen deren Hypertonie bei den Ultras in voller Blüthe. Hier hatte man es kein Hehl, daſs die Vorbedingung für jede Friedensverhandlung die Ueberbringung von Caesars Kopf sei: jeder der Friedensversuche, die Caesar auch jetzt noch wie- derholentlich machte, ward unbesehen von der Hand gewiesen oder nur benutzt, um auf heimtückische Weise den Beauftragten des Gegners nach dem Leben zu stellen. Daſs die erklärten Caesa- rianer sammt und sonders Leben und Gut verwirkt hatten, ver- stand sich von selbst; aber auch den mehr oder minder Neutralen ging es wenig besser. Lucius Domitius, der Held von Corfinium, machte im Kriegsrath alles Ernstes den Vorschlag diejenigen Se- natoren, die im Heer des Pompeius gefochten hätten, über alle, die entweder neutral geblieben oder zwar emigrirt, aber nicht in das Heer eingetreten seien, abstimmen zu lassen und diese einzeln je nach Befinden freizusprechen oder mit Geldbuſse oder auch mit dem Verlust des Lebens und des Vermögens zu bestrafen. Ein anderer dieser Ultras erhob gegen Lucius Afranius wegen seiner mangelhaften Vertheidigung Spaniens förmlich bei Pom- peius eine Anklage auf Bestechung und Verrath. Diesen in der Wolle gefärbten Republikanern nahm ihre politische Theorie fast den Charakter eines religiösen Glaubensbekenntnisses an; sie haſs- ten denn auch die laueren Parteigenossen und den Pompeius mit seinem persönlichen Anhang wo möglich noch mehr als die offen- baren Gegner und durchaus mit jener Stupidität des Hasses, wie sie sonst den orthodoxen Theologen eigen zu sein pflegt. Sie wesentlich verschuldeten die zahllosen und erbitterten Special- fehden, die die Emigrantenarmee und den Emigrantensenat zer- rissen. Aber es blieb nicht bei Worten. Marcus Bibulus, Titus

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/387>, abgerufen am 18.12.2024.