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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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PHARSALOS.
in das Geleise der gewöhnlichen Existenz, und darum für den,
der fehl gegriffen, kein Platz mehr auf der Erde ist. Allein
schwerlich dachte Pompeius zu gross, um eine Gnade zu erbit-
ten, die der Sieger vielleicht hochherzig genug gewesen wäre
ihm nicht zu versagen, sondern vielmehr wohl zu gering dazu.
Sei es nun, dass er es nicht über sich gewann Caesar sich anzu-
vertrauen, sei es dass er in seiner gewöhnlichen unklaren und
unentschiedenen Weise, nachdem der erste unmittelbare Ein-
druck der Katastrophe von Pharsalos geschwunden war, wieder
anfing Hoffnung zu schöpfen, Pompeius war entschlossen den
Kampf gegen Caesar fortzusetzen und nach dem pharsalischen
noch ein anderes Schlachtfeld sich zu suchen.

So ging also, wie Caesar immer durch Klugheit und Mäs-
sigung den Groll seiner Gegner zu beschwichtigen und ihre Zahl
zu mindern bemüht war, der Kampf nichts desto weniger unab-
änderlich weiter. Allein da die führenden Männer fast alle bei
Pharsalos mitgefochten hatten und durch die Niederlage nach
allen Seiten hin versprengt waren, kam man nicht dazu für die
Fortsetzung des Feldzugs einen gemeinschaftlichen Plan zu ver-
abreden, obwohl mit Ausnahme von Lucius Domitius Ahenobar-
bus, der auf der Flucht niedergemacht ward, die sämmtlichen
namhaften Führer sich retteten. Die meisten derselben gelang-
ten, theils durch die öden makedonischen und illyrischen Gebirge,
theils mit Hülfe der Flotte, nach Kerkyra, wo Marcus Cato die
zurückgelassene Reserve commandirte. Hier fand unter Catos
Vorsitz eine Art Kriegsrath statt, dem Quintus Scipio, Titus La-
bienus, Lucius Afranius, Gnaeus Pompeius der Sohn und Andere
beiwohnten; allein theils die Abwesenheit des Oberfeldherrn und
die peinliche Ungewissheit über sein Schicksal, theils die innere
Zerfahrenheit der Partei verhinderten eine gemeinsame Beschluss-
fassung und es schlug schliesslich Jeder den Weg ein, der ihm
für sich oder für die gemeinsame Sache am zweckmässigsten zu
sein schien. Es war in der That in hohem Grade schwierig unter
den vielen Strohhalmen, an die man etwa sich anklammern konnte,
denjenigen zu bezeichnen, der am längsten über Wasser halten
würde. Makedonien und Griechenland waren durch die Schlacht
von Pharsalos verloren. Zwar hielten noch Cato Dyrrhachion und
Kerkyra, Rutilius Lupus den Peloponnes für die Verfassungs-
partei. Allein Dyrrhachion wurde auf die Nachricht von der Nie-
derlage sogleich geräumt und auch Kerkyra versuchte man nicht
auf die Dauer zu behaupten. Einen Augenblick schien es, als wollten
die Pompeianer sich in Patrae auf dem Peloponnes vertheidigen;

PHARSALOS.
in das Geleise der gewöhnlichen Existenz, und darum für den,
der fehl gegriffen, kein Platz mehr auf der Erde ist. Allein
schwerlich dachte Pompeius zu groſs, um eine Gnade zu erbit-
ten, die der Sieger vielleicht hochherzig genug gewesen wäre
ihm nicht zu versagen, sondern vielmehr wohl zu gering dazu.
Sei es nun, daſs er es nicht über sich gewann Caesar sich anzu-
vertrauen, sei es daſs er in seiner gewöhnlichen unklaren und
unentschiedenen Weise, nachdem der erste unmittelbare Ein-
druck der Katastrophe von Pharsalos geschwunden war, wieder
anfing Hoffnung zu schöpfen, Pompeius war entschlossen den
Kampf gegen Caesar fortzusetzen und nach dem pharsalischen
noch ein anderes Schlachtfeld sich zu suchen.

So ging also, wie Caesar immer durch Klugheit und Mäs-
sigung den Groll seiner Gegner zu beschwichtigen und ihre Zahl
zu mindern bemüht war, der Kampf nichts desto weniger unab-
änderlich weiter. Allein da die führenden Männer fast alle bei
Pharsalos mitgefochten hatten und durch die Niederlage nach
allen Seiten hin versprengt waren, kam man nicht dazu für die
Fortsetzung des Feldzugs einen gemeinschaftlichen Plan zu ver-
abreden, obwohl mit Ausnahme von Lucius Domitius Ahenobar-
bus, der auf der Flucht niedergemacht ward, die sämmtlichen
namhaften Führer sich retteten. Die meisten derselben gelang-
ten, theils durch die öden makedonischen und illyrischen Gebirge,
theils mit Hülfe der Flotte, nach Kerkyra, wo Marcus Cato die
zurückgelassene Reserve commandirte. Hier fand unter Catos
Vorsitz eine Art Kriegsrath statt, dem Quintus Scipio, Titus La-
bienus, Lucius Afranius, Gnaeus Pompeius der Sohn und Andere
beiwohnten; allein theils die Abwesenheit des Oberfeldherrn und
die peinliche Ungewiſsheit über sein Schicksal, theils die innere
Zerfahrenheit der Partei verhinderten eine gemeinsame Beschluſs-
fassung und es schlug schlieſslich Jeder den Weg ein, der ihm
für sich oder für die gemeinsame Sache am zweckmäſsigsten zu
sein schien. Es war in der That in hohem Grade schwierig unter
den vielen Strohhalmen, an die man etwa sich anklammern konnte,
denjenigen zu bezeichnen, der am längsten über Wasser halten
würde. Makedonien und Griechenland waren durch die Schlacht
von Pharsalos verloren. Zwar hielten noch Cato Dyrrhachion und
Kerkyra, Rutilius Lupus den Peloponnes für die Verfassungs-
partei. Allein Dyrrhachion wurde auf die Nachricht von der Nie-
derlage sogleich geräumt und auch Kerkyra versuchte man nicht
auf die Dauer zu behaupten. Einen Augenblick schien es, als wollten
die Pompeianer sich in Patrae auf dem Peloponnes vertheidigen;

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[399/0409] PHARSALOS. in das Geleise der gewöhnlichen Existenz, und darum für den, der fehl gegriffen, kein Platz mehr auf der Erde ist. Allein schwerlich dachte Pompeius zu groſs, um eine Gnade zu erbit- ten, die der Sieger vielleicht hochherzig genug gewesen wäre ihm nicht zu versagen, sondern vielmehr wohl zu gering dazu. Sei es nun, daſs er es nicht über sich gewann Caesar sich anzu- vertrauen, sei es daſs er in seiner gewöhnlichen unklaren und unentschiedenen Weise, nachdem der erste unmittelbare Ein- druck der Katastrophe von Pharsalos geschwunden war, wieder anfing Hoffnung zu schöpfen, Pompeius war entschlossen den Kampf gegen Caesar fortzusetzen und nach dem pharsalischen noch ein anderes Schlachtfeld sich zu suchen. So ging also, wie Caesar immer durch Klugheit und Mäs- sigung den Groll seiner Gegner zu beschwichtigen und ihre Zahl zu mindern bemüht war, der Kampf nichts desto weniger unab- änderlich weiter. Allein da die führenden Männer fast alle bei Pharsalos mitgefochten hatten und durch die Niederlage nach allen Seiten hin versprengt waren, kam man nicht dazu für die Fortsetzung des Feldzugs einen gemeinschaftlichen Plan zu ver- abreden, obwohl mit Ausnahme von Lucius Domitius Ahenobar- bus, der auf der Flucht niedergemacht ward, die sämmtlichen namhaften Führer sich retteten. Die meisten derselben gelang- ten, theils durch die öden makedonischen und illyrischen Gebirge, theils mit Hülfe der Flotte, nach Kerkyra, wo Marcus Cato die zurückgelassene Reserve commandirte. Hier fand unter Catos Vorsitz eine Art Kriegsrath statt, dem Quintus Scipio, Titus La- bienus, Lucius Afranius, Gnaeus Pompeius der Sohn und Andere beiwohnten; allein theils die Abwesenheit des Oberfeldherrn und die peinliche Ungewiſsheit über sein Schicksal, theils die innere Zerfahrenheit der Partei verhinderten eine gemeinsame Beschluſs- fassung und es schlug schlieſslich Jeder den Weg ein, der ihm für sich oder für die gemeinsame Sache am zweckmäſsigsten zu sein schien. Es war in der That in hohem Grade schwierig unter den vielen Strohhalmen, an die man etwa sich anklammern konnte, denjenigen zu bezeichnen, der am längsten über Wasser halten würde. Makedonien und Griechenland waren durch die Schlacht von Pharsalos verloren. Zwar hielten noch Cato Dyrrhachion und Kerkyra, Rutilius Lupus den Peloponnes für die Verfassungs- partei. Allein Dyrrhachion wurde auf die Nachricht von der Nie- derlage sogleich geräumt und auch Kerkyra versuchte man nicht auf die Dauer zu behaupten. Einen Augenblick schien es, als wollten die Pompeianer sich in Patrae auf dem Peloponnes vertheidigen;

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/409>, abgerufen am 18.12.2024.