Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. der Leuchtthurminsel zu machen. Der doppelte Angriff durchBöte von der Hafen-, und durch die Kriegsschiffe von der See- seite her gelang; er brachte nicht bloss die Insel, sondern auch den unteren Theil des Dammes in Caesars Gewalt. Bei der zwei- ten Bogenöffnung des Dammes befahl Caesar anzuhalten und den Damm hier gegen die Stadt zu durch einen Querwall zu sperren. Allein während hier um die Schanzenden ein hitziges Gefecht sich entspann, entblössten die römischen Truppen den unteren Theil des Dammes gegen die Insel zu; unversehens landete hier eine Abtheilung Aegyptier, griff die auf dem Damm am Querwall zusammengedrängten römischen Soldaten und Matrosen von hin- ten an und sprengte die ganze Masse in wilder Verwirrung in das Meer. Ein Theil ward von den römischen Schiffen aufge- nommen; die Meisten ertranken. Etwa 400 Soldaten und eine noch grössere Zahl von der Flottenmannschaft waren das Opfer dieses Tages; der Feldherr selbst, der das Schicksal der Seinigen getheilt hatte, hatte sich auf sein Schiff, und als dieses von Men- schen überschwert sank, schwimmend auf ein anderes retten müssen. Indess so empfindlich auch der erlittene Verlust war, er ward durch den Wiedergewinn der Leuchtthurminsel, die sammt dem Damm bis zur ersten Bogenöffnung in Caesars Hän- den blieb, reichlich aufgewogen. Endlich kam der ersehnte Ent- satz. Mithradates von Pergamon, ein tüchtiger Kriegsmann aus der Schule des Mithradates Eupator, dessen natürlicher Sohn er zu sein behauptete, führte zu Lande von Syrien her eine bunt- scheckige Armee heran: die Ityraeer des Fürsten vom Libanos (S. 126), die Beduinen des Jamblichos, Sampsikeramos Sohn (S. 125), die Juden unter dem Minister Antipatros, überhaupt die Contingente der kleinen Häuptlinge und Gemeinden Kilikiens und Syriens. Von Pelusion, das ihm am Tage seiner Ankunft zu besetzen geglückt war, schlug er, um das durchschnittene Terrain des Delta zu vermeiden und den Nil vor seiner Theilung zu überschreiten, die grosse Strasse nach Memphis ein, wobei seine Truppen von den besonders in diesem Theil Aegyptens zahlreich ansässigen Juden vielfache landsmannschaftliche Unterstützung empfingen. Die Aegypter, jetzt den jungen König Ptolemaeos an der Spitze, welchen Caesar in der vergeblichen Hoffnung die In- surrection durch ihn zu beschwichtigen zu den Seinigen ent- lassen hatte, entsandten auf dem Nil ein Heer, um Mithradates auf dem jenseitigen Ufer festzuhalten. Dasselbe traf ihn auch noch jenseit Memphis bei dem sogenannten Judenlager, zwischen Onion und Heliupolis; allein Mithradates, geübt in römischer FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. der Leuchtthurminsel zu machen. Der doppelte Angriff durchBöte von der Hafen-, und durch die Kriegsschiffe von der See- seite her gelang; er brachte nicht bloſs die Insel, sondern auch den unteren Theil des Dammes in Caesars Gewalt. Bei der zwei- ten Bogenöffnung des Dammes befahl Caesar anzuhalten und den Damm hier gegen die Stadt zu durch einen Querwall zu sperren. Allein während hier um die Schanzenden ein hitziges Gefecht sich entspann, entblöſsten die römischen Truppen den unteren Theil des Dammes gegen die Insel zu; unversehens landete hier eine Abtheilung Aegyptier, griff die auf dem Damm am Querwall zusammengedrängten römischen Soldaten und Matrosen von hin- ten an und sprengte die ganze Masse in wilder Verwirrung in das Meer. Ein Theil ward von den römischen Schiffen aufge- nommen; die Meisten ertranken. Etwa 400 Soldaten und eine noch grössere Zahl von der Flottenmannschaft waren das Opfer dieses Tages; der Feldherr selbst, der das Schicksal der Seinigen getheilt hatte, hatte sich auf sein Schiff, und als dieses von Men- schen überschwert sank, schwimmend auf ein anderes retten müssen. Indeſs so empfindlich auch der erlittene Verlust war, er ward durch den Wiedergewinn der Leuchtthurminsel, die sammt dem Damm bis zur ersten Bogenöffnung in Caesars Hän- den blieb, reichlich aufgewogen. Endlich kam der ersehnte Ent- satz. Mithradates von Pergamon, ein tüchtiger Kriegsmann aus der Schule des Mithradates Eupator, dessen natürlicher Sohn er zu sein behauptete, führte zu Lande von Syrien her eine bunt- scheckige Armee heran: die Ityraeer des Fürsten vom Libanos (S. 126), die Beduinen des Jamblichos, Sampsikeramos Sohn (S. 125), die Juden unter dem Minister Antipatros, überhaupt die Contingente der kleinen Häuptlinge und Gemeinden Kilikiens und Syriens. Von Pelusion, das ihm am Tage seiner Ankunft zu besetzen geglückt war, schlug er, um das durchschnittene Terrain des Delta zu vermeiden und den Nil vor seiner Theilung zu überschreiten, die groſse Straſse nach Memphis ein, wobei seine Truppen von den besonders in diesem Theil Aegyptens zahlreich ansässigen Juden vielfache landsmannschaftliche Unterstützung empfingen. Die Aegypter, jetzt den jungen König Ptolemaeos an der Spitze, welchen Caesar in der vergeblichen Hoffnung die In- surrection durch ihn zu beschwichtigen zu den Seinigen ent- lassen hatte, entsandten auf dem Nil ein Heer, um Mithradates auf dem jenseitigen Ufer festzuhalten. Dasselbe traf ihn auch noch jenseit Memphis bei dem sogenannten Judenlager, zwischen Onion und Heliupolis; allein Mithradates, geübt in römischer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0418" n="408"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.</fw><lb/> der Leuchtthurminsel zu machen. 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FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
der Leuchtthurminsel zu machen. Der doppelte Angriff durch
Böte von der Hafen-, und durch die Kriegsschiffe von der See-
seite her gelang; er brachte nicht bloſs die Insel, sondern auch
den unteren Theil des Dammes in Caesars Gewalt. Bei der zwei-
ten Bogenöffnung des Dammes befahl Caesar anzuhalten und den
Damm hier gegen die Stadt zu durch einen Querwall zu sperren.
Allein während hier um die Schanzenden ein hitziges Gefecht
sich entspann, entblöſsten die römischen Truppen den unteren
Theil des Dammes gegen die Insel zu; unversehens landete hier
eine Abtheilung Aegyptier, griff die auf dem Damm am Querwall
zusammengedrängten römischen Soldaten und Matrosen von hin-
ten an und sprengte die ganze Masse in wilder Verwirrung in
das Meer. Ein Theil ward von den römischen Schiffen aufge-
nommen; die Meisten ertranken. Etwa 400 Soldaten und eine
noch grössere Zahl von der Flottenmannschaft waren das Opfer
dieses Tages; der Feldherr selbst, der das Schicksal der Seinigen
getheilt hatte, hatte sich auf sein Schiff, und als dieses von Men-
schen überschwert sank, schwimmend auf ein anderes retten
müssen. Indeſs so empfindlich auch der erlittene Verlust war,
er ward durch den Wiedergewinn der Leuchtthurminsel, die
sammt dem Damm bis zur ersten Bogenöffnung in Caesars Hän-
den blieb, reichlich aufgewogen. Endlich kam der ersehnte Ent-
satz. Mithradates von Pergamon, ein tüchtiger Kriegsmann aus
der Schule des Mithradates Eupator, dessen natürlicher Sohn er
zu sein behauptete, führte zu Lande von Syrien her eine bunt-
scheckige Armee heran: die Ityraeer des Fürsten vom Libanos
(S. 126), die Beduinen des Jamblichos, Sampsikeramos Sohn
(S. 125), die Juden unter dem Minister Antipatros, überhaupt
die Contingente der kleinen Häuptlinge und Gemeinden Kilikiens
und Syriens. Von Pelusion, das ihm am Tage seiner Ankunft zu
besetzen geglückt war, schlug er, um das durchschnittene Terrain
des Delta zu vermeiden und den Nil vor seiner Theilung zu
überschreiten, die groſse Straſse nach Memphis ein, wobei seine
Truppen von den besonders in diesem Theil Aegyptens zahlreich
ansässigen Juden vielfache landsmannschaftliche Unterstützung
empfingen. Die Aegypter, jetzt den jungen König Ptolemaeos an
der Spitze, welchen Caesar in der vergeblichen Hoffnung die In-
surrection durch ihn zu beschwichtigen zu den Seinigen ent-
lassen hatte, entsandten auf dem Nil ein Heer, um Mithradates
auf dem jenseitigen Ufer festzuhalten. Dasselbe traf ihn auch
noch jenseit Memphis bei dem sogenannten Judenlager, zwischen
Onion und Heliupolis; allein Mithradates, geübt in römischer
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