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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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REPUBLIK UND MONARCHIE.
sen niedergeschlagen* und die gezahlten vom Capital
abgezogen.
Zweitens ward der Gläubiger genöthigt die bewegliche und unbe-
wegliche Habe des Schuldners an Zahlungsstatt nach demjenigen
Taxwerth anzunehmen, welchen die Sachen vor dem Bürgerkrieg
und der durch denselben herbeigeführten allgemeinen Entwer-
thung gehabt hatten. Die letztere Festsetzung war nicht unbillig:
wenn der Gläubiger thatsächlich als der Eigenthümer der Habe
seines Schuldners bis zum Belauf der ihm geschuldeten Summe
anzusehen war, so war es wohl gerechtfertigt, dass er an der
allgemeinen Entwerthung des Besitzes seinen Antheil mittrug.
Dagegen die Annullirung der Zinszahlungen und Zinsforderungen
war in der That nichts anderes als eine theilweise Gewährung
der von den Demokraten so ungestüm begehrten Cassation aller
aus Darlehen herrührenden Forderungen, und das praktische Re-
sultat derselben kam darauf hinaus, dass die Gläubiger durch
diese Verfügung ausser den rückständigen Zinsen durchschnitt-
lich 25 Procent ihres Capitals einbüssten. Wie arg auch die Zins-
wucherer gewirthschaftet haben mochten, so ist es doch nicht
möglich dadurch die allgemeine und rückwirkende Cassation aller
Zinsforderungen ohne Unterschied zu rechtfertigen. Um sie we-
nigstens zu begreifen, muss man sich erinnern, wie die demo-
kratische Partei zu der Zinsfrage stand. Dass schon während der
ersten socialen Krise in Rom die Opposition speciell gegen das
Zinsnehmen sich gerichtet und zuletzt im J. 412 ein förmliches
Zinsverbot durchgesetzt hatte (I, 195), war keineswegs vergessen.
Die Demokraten des siebenten Jahrhunderts betrachteten sich
durchaus als die Fortsetzer jener alten ständisch-socialen Bewe-
gung (S. 167); und das gesetzliche Zinsverbot war nicht bloss
nicht förmlich abgeschafft worden, sondern es ward von der De-
mokratie zu aller Zeit als praktisch gültig betrachtet und spielte
schon in den Wirren der marianischen Zeit eine Rolle (II, 239).
Es ist nicht glaublich, dass Caesar die cruden Ansichten seiner
Partei über die Zinsfrage theilte; wenn er in seinem Bericht über
die Liquidationsangelegenheit der Verfügung über die Hingabe
der Habe der Schuldner an Zahlungsstatt gedenkt, aber von der
Cassation der Zinsen schweigt, so ist dies vielleicht ein stummer
Selbstvorwurf. Allein wie jeder Parteiführer hing doch auch er
von seiner Partei ab und konnte die traditionellen Sätze der De-
mokratie in der Zinsfrage nicht geradezu verleugnen; um so mehr

* Dies ist zwar nicht überliefert, folgt aber nothwendig
aus der Be-
stimmung hinsichtlich der gezahlten Zinsen.

REPUBLIK UND MONARCHIE.
sen niedergeschlagen* und die gezahlten vom Capital
abgezogen.
Zweitens ward der Gläubiger genöthigt die bewegliche und unbe-
wegliche Habe des Schuldners an Zahlungsstatt nach demjenigen
Taxwerth anzunehmen, welchen die Sachen vor dem Bürgerkrieg
und der durch denselben herbeigeführten allgemeinen Entwer-
thung gehabt hatten. Die letztere Festsetzung war nicht unbillig:
wenn der Gläubiger thatsächlich als der Eigenthümer der Habe
seines Schuldners bis zum Belauf der ihm geschuldeten Summe
anzusehen war, so war es wohl gerechtfertigt, daſs er an der
allgemeinen Entwerthung des Besitzes seinen Antheil mittrug.
Dagegen die Annullirung der Zinszahlungen und Zinsforderungen
war in der That nichts anderes als eine theilweise Gewährung
der von den Demokraten so ungestüm begehrten Cassation aller
aus Darlehen herrührenden Forderungen, und das praktische Re-
sultat derselben kam darauf hinaus, daſs die Gläubiger durch
diese Verfügung auſser den rückständigen Zinsen durchschnitt-
lich 25 Procent ihres Capitals einbüſsten. Wie arg auch die Zins-
wucherer gewirthschaftet haben mochten, so ist es doch nicht
möglich dadurch die allgemeine und rückwirkende Cassation aller
Zinsforderungen ohne Unterschied zu rechtfertigen. Um sie we-
nigstens zu begreifen, muſs man sich erinnern, wie die demo-
kratische Partei zu der Zinsfrage stand. Daſs schon während der
ersten socialen Krise in Rom die Opposition speciell gegen das
Zinsnehmen sich gerichtet und zuletzt im J. 412 ein förmliches
Zinsverbot durchgesetzt hatte (I, 195), war keineswegs vergessen.
Die Demokraten des siebenten Jahrhunderts betrachteten sich
durchaus als die Fortsetzer jener alten ständisch-socialen Bewe-
gung (S. 167); und das gesetzliche Zinsverbot war nicht bloſs
nicht förmlich abgeschafft worden, sondern es ward von der De-
mokratie zu aller Zeit als praktisch gültig betrachtet und spielte
schon in den Wirren der marianischen Zeit eine Rolle (II, 239).
Es ist nicht glaublich, daſs Caesar die cruden Ansichten seiner
Partei über die Zinsfrage theilte; wenn er in seinem Bericht über
die Liquidationsangelegenheit der Verfügung über die Hingabe
der Habe der Schuldner an Zahlungsstatt gedenkt, aber von der
Cassation der Zinsen schweigt, so ist dies vielleicht ein stummer
Selbstvorwurf. Allein wie jeder Parteiführer hing doch auch er
von seiner Partei ab und konnte die traditionellen Sätze der De-
mokratie in der Zinsfrage nicht geradezu verleugnen; um so mehr

* Dies ist zwar nicht überliefert, folgt aber nothwendig
aus der Be-
stimmung hinsichtlich der gezahlten Zinsen.
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[493/0503] REPUBLIK UND MONARCHIE. sen niedergeschlagen * und die gezahlten vom Capital abgezogen. Zweitens ward der Gläubiger genöthigt die bewegliche und unbe- wegliche Habe des Schuldners an Zahlungsstatt nach demjenigen Taxwerth anzunehmen, welchen die Sachen vor dem Bürgerkrieg und der durch denselben herbeigeführten allgemeinen Entwer- thung gehabt hatten. Die letztere Festsetzung war nicht unbillig: wenn der Gläubiger thatsächlich als der Eigenthümer der Habe seines Schuldners bis zum Belauf der ihm geschuldeten Summe anzusehen war, so war es wohl gerechtfertigt, daſs er an der allgemeinen Entwerthung des Besitzes seinen Antheil mittrug. Dagegen die Annullirung der Zinszahlungen und Zinsforderungen war in der That nichts anderes als eine theilweise Gewährung der von den Demokraten so ungestüm begehrten Cassation aller aus Darlehen herrührenden Forderungen, und das praktische Re- sultat derselben kam darauf hinaus, daſs die Gläubiger durch diese Verfügung auſser den rückständigen Zinsen durchschnitt- lich 25 Procent ihres Capitals einbüſsten. Wie arg auch die Zins- wucherer gewirthschaftet haben mochten, so ist es doch nicht möglich dadurch die allgemeine und rückwirkende Cassation aller Zinsforderungen ohne Unterschied zu rechtfertigen. Um sie we- nigstens zu begreifen, muſs man sich erinnern, wie die demo- kratische Partei zu der Zinsfrage stand. Daſs schon während der ersten socialen Krise in Rom die Opposition speciell gegen das Zinsnehmen sich gerichtet und zuletzt im J. 412 ein förmliches Zinsverbot durchgesetzt hatte (I, 195), war keineswegs vergessen. Die Demokraten des siebenten Jahrhunderts betrachteten sich durchaus als die Fortsetzer jener alten ständisch-socialen Bewe- gung (S. 167); und das gesetzliche Zinsverbot war nicht bloſs nicht förmlich abgeschafft worden, sondern es ward von der De- mokratie zu aller Zeit als praktisch gültig betrachtet und spielte schon in den Wirren der marianischen Zeit eine Rolle (II, 239). Es ist nicht glaublich, daſs Caesar die cruden Ansichten seiner Partei über die Zinsfrage theilte; wenn er in seinem Bericht über die Liquidationsangelegenheit der Verfügung über die Hingabe der Habe der Schuldner an Zahlungsstatt gedenkt, aber von der Cassation der Zinsen schweigt, so ist dies vielleicht ein stummer Selbstvorwurf. Allein wie jeder Parteiführer hing doch auch er von seiner Partei ab und konnte die traditionellen Sätze der De- mokratie in der Zinsfrage nicht geradezu verleugnen; um so mehr * Dies ist zwar nicht überliefert, folgt aber nothwendig aus der Be- stimmung hinsichtlich der gezahlten Zinsen.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/503>, abgerufen am 18.12.2024.