zu fechten. Ein günstigerer Moment konnte kaum gehofft wer- den und am Ende war es immer besser den Krieg zu erklären als ihn sich erklären zu lasen. Den Ausschlag endlich gab die Einziehung Bithyniens durch die Römer, welche, da Paphlagonien kaum zu rechnen war, die Römer zu unmittelbaren Nachbarn des pontischen Reiches machte. Der König that den entscheidenden Schritt und erklärte im Winter 679/80 den Römern den Krieg.
Gern hätte Mithradates die schwere Arbeit nicht allein un- ternommen. Sein nächster und natürlicher Bundesgenosse war der Grosskönig Tigranes; allein der kurzsichtige Mann lehnte den Antrag seines Schwiegervaters ab. So blieben nur die Insurgen- ten und die Piraten. Mithradates liess es sich angelegen sein mit beiden durch starke nach Spanien und nach Kreta entsandte Ge- schwader sich in Verbindung zu setzen. Mit Sertorius ward ein förmlicher Vertrag abgeschlossen (S. 29), durch den Rom an den König Bithynien, Paphlagonien, Galatien und Kappadokien abtrat -- freilich lauter Abtretungen, die erst der legitimen römi- schen Regierung entrissen werden mussten. Wichtiger war die Unterstützung, die der spanische Feldherr durch Sendung römi- scher Offiziere zur Führung seiner Heere und Flotten dem König gewährte. Die thätigsten unter den Emigranten im Osten, Lucius Magius und Lucius Fannius wurden von Sertorius zu seinen Vertretern am Hofe von Sinope bestellt. Auch mit den Piraten wurden Verbindungen angeknüpft; sie stellten in grosser Anzahl im pontischen Reich sich ein und namentlich durch ihre Hülfe scheint es dem König gelungen zu sein eine durch die Zahl wie durch die Tüchtigkeit der Schiffe imponirende Seemacht zu bil- den. Die Hauptstütze blieben die eigenen Streitkräfte, mit denen der König, bevor die Römer in Asien eintreffen würden, sich ihrer Besitzungen daselbst bemächtigen zu können hoffte, zumal da in der Provinz Asia die Wiederherstellung der gracchischen Bo- denzehnten, in Bithynien der Widerwille gegen das neue römische Regiment, in Kilikien und Pamphylien der von dem kürzlich be- endigten verheerenden Krieg zurückgebliebene Brandstoff einer pontischen Invasion günstige Aussichten eröffnete. An Vorräthen fehlte es nicht; in den königlichen Speichern lagen 2 Millionen Medimnen Getreide. Flotte und Mannschaft waren zahlreich und wohlgeübt, namentlich die bastarnischen Soldknechte eine aus- erlesene auch italischen Soldaten gewachsene Schaar. Auch dies- mal war es der König, der die Offensive begann. Ein Corps unter Diophantos rückte in Kappadokien ein, um die Festungen daselbst zu besetzen und den Römern den Weg in das pontische
zu fechten. Ein günstigerer Moment konnte kaum gehofft wer- den und am Ende war es immer besser den Krieg zu erklären als ihn sich erklären zu lasen. Den Ausschlag endlich gab die Einziehung Bithyniens durch die Römer, welche, da Paphlagonien kaum zu rechnen war, die Römer zu unmittelbaren Nachbarn des pontischen Reiches machte. Der König that den entscheidenden Schritt und erklärte im Winter 679/80 den Römern den Krieg.
Gern hätte Mithradates die schwere Arbeit nicht allein un- ternommen. Sein nächster und natürlicher Bundesgenosse war der Groſskönig Tigranes; allein der kurzsichtige Mann lehnte den Antrag seines Schwiegervaters ab. So blieben nur die Insurgen- ten und die Piraten. Mithradates lieſs es sich angelegen sein mit beiden durch starke nach Spanien und nach Kreta entsandte Ge- schwader sich in Verbindung zu setzen. Mit Sertorius ward ein förmlicher Vertrag abgeschlossen (S. 29), durch den Rom an den König Bithynien, Paphlagonien, Galatien und Kappadokien abtrat — freilich lauter Abtretungen, die erst der legitimen römi- schen Regierung entrissen werden muſsten. Wichtiger war die Unterstützung, die der spanische Feldherr durch Sendung römi- scher Offiziere zur Führung seiner Heere und Flotten dem König gewährte. Die thätigsten unter den Emigranten im Osten, Lucius Magius und Lucius Fannius wurden von Sertorius zu seinen Vertretern am Hofe von Sinope bestellt. Auch mit den Piraten wurden Verbindungen angeknüpft; sie stellten in groſser Anzahl im pontischen Reich sich ein und namentlich durch ihre Hülfe scheint es dem König gelungen zu sein eine durch die Zahl wie durch die Tüchtigkeit der Schiffe imponirende Seemacht zu bil- den. Die Hauptstütze blieben die eigenen Streitkräfte, mit denen der König, bevor die Römer in Asien eintreffen würden, sich ihrer Besitzungen daselbst bemächtigen zu können hoffte, zumal da in der Provinz Asia die Wiederherstellung der gracchischen Bo- denzehnten, in Bithynien der Widerwille gegen das neue römische Regiment, in Kilikien und Pamphylien der von dem kürzlich be- endigten verheerenden Krieg zurückgebliebene Brandstoff einer pontischen Invasion günstige Aussichten eröffnete. An Vorräthen fehlte es nicht; in den königlichen Speichern lagen 2 Millionen Medimnen Getreide. Flotte und Mannschaft waren zahlreich und wohlgeübt, namentlich die bastarnischen Soldknechte eine aus- erlesene auch italischen Soldaten gewachsene Schaar. Auch dies- mal war es der König, der die Offensive begann. Ein Corps unter Diophantos rückte in Kappadokien ein, um die Festungen daselbst zu besetzen und den Römern den Weg in das pontische
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zu fechten. Ein günstigerer Moment konnte kaum gehofft wer-
den und am Ende war es immer besser den Krieg zu erklären
als ihn sich erklären zu lasen. Den Ausschlag endlich gab die
Einziehung Bithyniens durch die Römer, welche, da Paphlagonien
kaum zu rechnen war, die Römer zu unmittelbaren Nachbarn des
pontischen Reiches machte. Der König that den entscheidenden
Schritt und erklärte im Winter 679/80 den Römern den Krieg.
Gern hätte Mithradates die schwere Arbeit nicht allein un-
ternommen. Sein nächster und natürlicher Bundesgenosse war
der Groſskönig Tigranes; allein der kurzsichtige Mann lehnte den
Antrag seines Schwiegervaters ab. So blieben nur die Insurgen-
ten und die Piraten. Mithradates lieſs es sich angelegen sein mit
beiden durch starke nach Spanien und nach Kreta entsandte Ge-
schwader sich in Verbindung zu setzen. Mit Sertorius ward ein
förmlicher Vertrag abgeschlossen (S. 29), durch den Rom an
den König Bithynien, Paphlagonien, Galatien und Kappadokien
abtrat — freilich lauter Abtretungen, die erst der legitimen römi-
schen Regierung entrissen werden muſsten. Wichtiger war die
Unterstützung, die der spanische Feldherr durch Sendung römi-
scher Offiziere zur Führung seiner Heere und Flotten dem König
gewährte. Die thätigsten unter den Emigranten im Osten, Lucius
Magius und Lucius Fannius wurden von Sertorius zu seinen
Vertretern am Hofe von Sinope bestellt. Auch mit den Piraten
wurden Verbindungen angeknüpft; sie stellten in groſser Anzahl
im pontischen Reich sich ein und namentlich durch ihre Hülfe
scheint es dem König gelungen zu sein eine durch die Zahl wie
durch die Tüchtigkeit der Schiffe imponirende Seemacht zu bil-
den. Die Hauptstütze blieben die eigenen Streitkräfte, mit denen
der König, bevor die Römer in Asien eintreffen würden, sich ihrer
Besitzungen daselbst bemächtigen zu können hoffte, zumal da in
der Provinz Asia die Wiederherstellung der gracchischen Bo-
denzehnten, in Bithynien der Widerwille gegen das neue römische
Regiment, in Kilikien und Pamphylien der von dem kürzlich be-
endigten verheerenden Krieg zurückgebliebene Brandstoff einer
pontischen Invasion günstige Aussichten eröffnete. An Vorräthen
fehlte es nicht; in den königlichen Speichern lagen 2 Millionen
Medimnen Getreide. Flotte und Mannschaft waren zahlreich und
wohlgeübt, namentlich die bastarnischen Soldknechte eine aus-
erlesene auch italischen Soldaten gewachsene Schaar. Auch dies-
mal war es der König, der die Offensive begann. Ein Corps
unter Diophantos rückte in Kappadokien ein, um die Festungen
daselbst zu besetzen und den Römern den Weg in das pontische
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/58>, abgerufen am 23.11.2024.
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