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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Das VIII. Cap. Von der Nordischen
Ich flöge hin/ hätt ich der Krähen Flügen nur/
Nun ist kein Flügel da/ kein Fuß zu deiner Spur.
Kein fester Gänse Fuß/ der mich hin zu dir trage.
Und dich verlangt nach mir so manche liebe Tage.
Du lenckst dein liebes Aug und inners Hertz zu mir.
Doch lieffst du über Meer ich folget endlich dir.
Wie Stricke/ Bände/ Stahl und Eisen uns bespinnen/
So lenckt die Liebe mich/ so zerrt sie Hertz un Sinnen.
Der Kinder Wille zwar steht/ fällt zur selben Zeit.
Ein junges Blut das libt das dencket lang und weit.
Solt ich sie allezeit und ihre Meinung hören:
So würd ich leichtlich mich vom rechten wege kehren.
Nur ein Raht ist noch da/ den ich ergreiffen kan.
So find ich/ wie mich daucht/ die rechte Liebes Bahn

Ich habe so viel müglich gewesen es an
Worten und Meinungen ungeändert
gelassen. Nun sehe mir einer diesen Lap-
länder/ wie artig er der Bewegungs Fi-
guren zu gebrauchen weiß/ sein Verlan-
gen darzustellen/ was er für zierliche
Gleichnisse und Bildunge in diesem Liede
habe. Dieses alles klinget in der Mutter
Sprache noch besser weil darin Figurae
dictionis, Appositiones, Anadiploses
vor-
kommen/ die sich in Teutschen nicht wol
schicken/ welche aber den Hirtenliedern/

sehe
Das VIII. Cap. Von der Nordiſchen
Ich floͤge hin/ haͤtt ich der Kraͤhen Fluͤgen nur/
Nun iſt kein Fluͤgel da/ kein Fuß zu deiner Spur.
Kein feſter Gaͤnſe Fuß/ der mich hin zu dir trage.
Und dich verlangt nach mir ſo manche liebe Tage.
Du lenckſt dein liebes Aug und inneꝛs Heꝛtz zu mir.
Doch lieffſt du uͤber Meer ich folget endlich dir.
Wie Stricke/ Baͤnde/ Stahl uñ Eiſen uns beſpiñẽ/
So lenckt die Liebe mich/ ſo zeꝛꝛt ſie Hertz un Siñen.
Der Kinder Wille zwar ſteht/ faͤllt zur ſelben Zeit.
Ein junges Blut das libt das dencket lang uñ weit.
Solt ich ſie allezeit und ihre Meinung hoͤren:
So wuͤꝛd ich leichtlich mich vom ꝛechtẽ wege kehꝛẽ.
Nur ein Raht iſt noch da/ den ich ergreiffen kan.
So find ich/ wie mich daucht/ die ꝛechte Liebes Bahn

Ich habe ſo viel muͤglich geweſen es an
Worten und Meinungen ungeaͤndert
gelaſſen. Nun ſehe mir einer dieſen Lap-
laͤnder/ wie artig er der Bewegungs Fi-
guren zu gebrauchen weiß/ ſein Verlan-
gen darzuſtellen/ was er fuͤr zierliche
Gleichniſſe und Bildunge in dieſem Liede
habe. Dieſes alles klinget in der Mutter
Sprache noch beſſer weil darin Figuræ
dictionis, Appoſitiones, Anadiploſes
vor-
kommen/ die ſich in Teutſchen nicht wol
ſchicken/ welche aber den Hirtenliedern/

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[416/0428] Das VIII. Cap. Von der Nordiſchen Ich floͤge hin/ haͤtt ich der Kraͤhen Fluͤgen nur/ Nun iſt kein Fluͤgel da/ kein Fuß zu deiner Spur. Kein feſter Gaͤnſe Fuß/ der mich hin zu dir trage. Und dich verlangt nach mir ſo manche liebe Tage. Du lenckſt dein liebes Aug und inneꝛs Heꝛtz zu mir. Doch lieffſt du uͤber Meer ich folget endlich dir. Wie Stricke/ Baͤnde/ Stahl uñ Eiſen uns beſpiñẽ/ So lenckt die Liebe mich/ ſo zeꝛꝛt ſie Hertz un Siñen. Der Kinder Wille zwar ſteht/ faͤllt zur ſelben Zeit. Ein junges Blut das libt das dencket lang uñ weit. Solt ich ſie allezeit und ihre Meinung hoͤren: So wuͤꝛd ich leichtlich mich vom ꝛechtẽ wege kehꝛẽ. Nur ein Raht iſt noch da/ den ich ergreiffen kan. So find ich/ wie mich daucht/ die ꝛechte Liebes Bahn Ich habe ſo viel muͤglich geweſen es an Worten und Meinungen ungeaͤndert gelaſſen. Nun ſehe mir einer dieſen Lap- laͤnder/ wie artig er der Bewegungs Fi- guren zu gebrauchen weiß/ ſein Verlan- gen darzuſtellen/ was er fuͤr zierliche Gleichniſſe und Bildunge in dieſem Liede habe. Dieſes alles klinget in der Mutter Sprache noch beſſer weil darin Figuræ dictionis, Appoſitiones, Anadiploſes vor- kommen/ die ſich in Teutſchen nicht wol ſchicken/ welche aber den Hirtenliedern/ ſehe

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/428>, abgerufen am 24.11.2024.