Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Verthedigung. übereinstimmen/ deßhalben das so be-kante Jus Gentium allen Bürgerlichen Rechten vorgezogen wird. Warum sol- len wir in dingen die zur Kunst und Wis- senfchafft gehören/ nicht ein gleiches be- haupten können. Es hat über dem ein jegliches seculum seinen sonderlichen Ge- nium, der sich wie in allen dingen/ so auch in Wissenschafften und Künsten her- vorthut/ welchem niemand mit seinem ei- gnen Witz zu wiederstreben vermag. Es geben einige vor/ der Reim zwinge den Tichter offtmahlen die besten Gedancken seinent halben fahren zu lassen/ oder etwas überflüssiges beyzubringen/ daß zur Sachen nicht gehöre. Als wann sich dieser Zwang nicht vielmehr bey den Griechen und Lateinern fünde/ da es viel schwerer die metra und pedes recht zu setzen/ als bey uns die Reime zu erfinden. Die diese Einwürffe machen/ die schliessen aus dem Mißbrauch der Reime wieder den rechten Gebrauch derselben. Es ist ja bekant/ daß in der Poeterey in- son-
Verthedigung. uͤbereinſtimmen/ deßhalben das ſo be-kante Jus Gentium allen Buͤrgerlichen Rechten vorgezogen wird. Warum ſol- len wir in dingen die zur Kunſt und Wiſ- ſenfchafft gehoͤren/ nicht ein gleiches be- haupten koͤnnen. Es hat uͤber dem ein jegliches ſeculum ſeinen ſonderlichen Ge- nium, der ſich wie in allen dingen/ ſo auch in Wiſſenſchafften und Kuͤnſten her- vorthut/ welchem niemand mit ſeinem ei- gnen Witz zu wiederſtreben vermag. Es geben einige vor/ der Reim zwinge den Tichter offtmahlen die beſten Gedancken ſeinent halben fahren zu laſſen/ oder etwas uͤberfluͤſſiges beyzubringen/ daß zur Sachen nicht gehoͤre. Als wann ſich dieſer Zwang nicht vielmehr bey den Griechen und Lateinern fuͤnde/ da es viel ſchwerer die metra und pedes recht zu ſetzen/ als bey uns die Reime zu erfinden. Die dieſe Einwuͤrffe machen/ die ſchlieſſen aus dem Mißbrauch der Reime wieder den rechten Gebrauch derſelben. Es iſt ja bekant/ daß in der Poeterey in- ſon-
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Verthedigung.
uͤbereinſtimmen/ deßhalben das ſo be-
kante Jus Gentium allen Buͤrgerlichen
Rechten vorgezogen wird. Warum ſol-
len wir in dingen die zur Kunſt und Wiſ-
ſenfchafft gehoͤren/ nicht ein gleiches be-
haupten koͤnnen. Es hat uͤber dem ein
jegliches ſeculum ſeinen ſonderlichen Ge-
nium, der ſich wie in allen dingen/ ſo
auch in Wiſſenſchafften und Kuͤnſten her-
vorthut/ welchem niemand mit ſeinem ei-
gnen Witz zu wiederſtreben vermag. Es
geben einige vor/ der Reim zwinge den
Tichter offtmahlen die beſten Gedancken
ſeinent halben fahren zu laſſen/
oder etwas uͤberfluͤſſiges beyzubringen/
daß zur Sachen nicht gehoͤre. Als
wann ſich dieſer Zwang nicht vielmehr
bey den Griechen und Lateinern fuͤnde/
da es viel ſchwerer die metra und pedes
recht zu ſetzen/ als bey uns die Reime zu
erfinden. Die dieſe Einwuͤrffe machen/ die
ſchlieſſen aus dem Mißbrauch der Reime
wieder den rechten Gebrauch derſelben.
Es iſt ja bekant/ daß in der Poeterey in-
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