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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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schwunden und keine Spur mehr übrig sey, und wie wir, herausgedrängt aus unserm Vaterlande, wo all unsre Wünsche begraben liegen unter schweigenden Hügeln, fern in fremden kalten Lande -- nun noch so weit abwarten müssen, bis der Nord den Baum schüttelt, und uns hinabweht in des Baches Welle, die uns hinabfluthet in die Vergessenheit. -- Damals, Julie, wenn Sie sich unsers Abschiedes noch erinnern, und, bei Gott, Julie! -- Nein! Nein! Sie werden ihn nicht vergessen haben! -- damals sagt' ich -- ein wenig unverständlich vielleicht, denn ich verbarg mein Gesicht schluchzend in Jhren Schoos, und meine empor gehobene Arme hielten Sie umschlungen, -- sagt' ich

"Julie! Jch kann nie aufhören Dich zu lieben, einst nach Jahren sollst du das noch von mir wissen."

Hier ists Julie: Leiden konnten mich quälen, aber wehmüthig konnten sie mich nicht machen. Jch habe Sie verloren, kann ich noch über etwas anders trauern? sagt' ich. Freuden giengen mir vorüber, und ich streckte meine Hand nicht aus: wenn ich sie nicht mit Jhr theilen kann, so sind sie mir fades Possenspiel.

Julie! Jch habe nicht aufhören können Dich zu lieben! --

Nimm dies -- und dies Fragment -- es enthält die Klagen eines Elenden -- wohl uns, Julie! Wir waren unglücklich, aber elend sind wir


schwunden und keine Spur mehr uͤbrig sey, und wie wir, herausgedraͤngt aus unserm Vaterlande, wo all unsre Wuͤnsche begraben liegen unter schweigenden Huͤgeln, fern in fremden kalten Lande — nun noch so weit abwarten muͤssen, bis der Nord den Baum schuͤttelt, und uns hinabweht in des Baches Welle, die uns hinabfluthet in die Vergessenheit. — Damals, Julie, wenn Sie sich unsers Abschiedes noch erinnern, und, bei Gott, Julie! — Nein! Nein! Sie werden ihn nicht vergessen haben! — damals sagt' ich — ein wenig unverstaͤndlich vielleicht, denn ich verbarg mein Gesicht schluchzend in Jhren Schoos, und meine empor gehobene Arme hielten Sie umschlungen, — sagt' ich

»Julie! Jch kann nie aufhoͤren Dich zu lieben, einst nach Jahren sollst du das noch von mir wissen.«

Hier ists Julie: Leiden konnten mich quaͤlen, aber wehmuͤthig konnten sie mich nicht machen. Jch habe Sie verloren, kann ich noch uͤber etwas anders trauern? sagt' ich. Freuden giengen mir voruͤber, und ich streckte meine Hand nicht aus: wenn ich sie nicht mit Jhr theilen kann, so sind sie mir fades Possenspiel.

Julie! Jch habe nicht aufhoͤren koͤnnen Dich zu lieben! —

Nimm dies — und dies Fragment — es enthaͤlt die Klagen eines Elenden — wohl uns, Julie! Wir waren ungluͤcklich, aber elend sind wir

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[70/0072] schwunden und keine Spur mehr uͤbrig sey, und wie wir, herausgedraͤngt aus unserm Vaterlande, wo all unsre Wuͤnsche begraben liegen unter schweigenden Huͤgeln, fern in fremden kalten Lande — nun noch so weit abwarten muͤssen, bis der Nord den Baum schuͤttelt, und uns hinabweht in des Baches Welle, die uns hinabfluthet in die Vergessenheit. — Damals, Julie, wenn Sie sich unsers Abschiedes noch erinnern, und, bei Gott, Julie! — Nein! Nein! Sie werden ihn nicht vergessen haben! — damals sagt' ich — ein wenig unverstaͤndlich vielleicht, denn ich verbarg mein Gesicht schluchzend in Jhren Schoos, und meine empor gehobene Arme hielten Sie umschlungen, — sagt' ich »Julie! Jch kann nie aufhoͤren Dich zu lieben, einst nach Jahren sollst du das noch von mir wissen.« Hier ists Julie: Leiden konnten mich quaͤlen, aber wehmuͤthig konnten sie mich nicht machen. Jch habe Sie verloren, kann ich noch uͤber etwas anders trauern? sagt' ich. Freuden giengen mir voruͤber, und ich streckte meine Hand nicht aus: wenn ich sie nicht mit Jhr theilen kann, so sind sie mir fades Possenspiel. Julie! Jch habe nicht aufhoͤren koͤnnen Dich zu lieben! — Nimm dies — und dies Fragment — es enthaͤlt die Klagen eines Elenden — wohl uns, Julie! Wir waren ungluͤcklich, aber elend sind wir

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/72>, abgerufen am 24.11.2024.