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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

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Der Teufel hat sein Spiel mit mir! O -- ich möchte mir ins Gesicht schlagen! Verläßt mich denn alle meine Frechheit gerade bei ihr? Ein einziges halblautes Pfui! von ihr entmannt mich. Aber wie zum Henker kam sie auch diesmal gerade auf diese melancholische Schwärmerei, wo nun gar kein Uebergang zu machen war? Glaubt sie mit mir sey weiter nichts anzufangen? -- Oder täuschte mich die Nacht, und sie war es nicht die dem Siebold das: "lieber Junge" nachrief? Oder -- oder -- oder soll ich denn schlechterdings rasend werden? -- Ha! und heute kann sie mich nicht sprechen, und morgen verreist sie mit ihrer Mutter. -- Teufel! das geht wunderlich her! Aber -- jetzt will ich, es koste was es wolle! Ha! ich bin nun ganz wieder was ich war!

Diese Reise kömmt freilich verdammt quer in den Weg, -- gerade jetzt! Man kann nicht mehr zum Narren gehabt werden. Welche jämmerliche Rolle werd' ich unterdessen spielen! -- Ha! genießen muß ich sie, es koste was es wolle. Mein Vorsatz ist unerschütterlich! Wenn nur die verfluchte Reise nicht wäre!

Da rollte der Wagen hin, und -- fort ist sie, und mir -- ists ganz weich ums Herz. Es


Der Teufel hat sein Spiel mit mir! O — ich moͤchte mir ins Gesicht schlagen! Verlaͤßt mich denn alle meine Frechheit gerade bei ihr? Ein einziges halblautes Pfui! von ihr entmannt mich. Aber wie zum Henker kam sie auch diesmal gerade auf diese melancholische Schwaͤrmerei, wo nun gar kein Uebergang zu machen war? Glaubt sie mit mir sey weiter nichts anzufangen? — Oder taͤuschte mich die Nacht, und sie war es nicht die dem Siebold das: »lieber Junge« nachrief? Oder — oder — oder soll ich denn schlechterdings rasend werden? — Ha! und heute kann sie mich nicht sprechen, und morgen verreist sie mit ihrer Mutter. — Teufel! das geht wunderlich her! Aber — jetzt will ich, es koste was es wolle! Ha! ich bin nun ganz wieder was ich war!

Diese Reise koͤmmt freilich verdammt quer in den Weg, — gerade jetzt! Man kann nicht mehr zum Narren gehabt werden. Welche jaͤmmerliche Rolle werd' ich unterdessen spielen! — Ha! genießen muß ich sie, es koste was es wolle. Mein Vorsatz ist unerschuͤtterlich! Wenn nur die verfluchte Reise nicht waͤre!

Da rollte der Wagen hin, und — fort ist sie, und mir — ists ganz weich ums Herz. Es

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[106/0106] am 1. Septbr. Der Teufel hat sein Spiel mit mir! O — ich moͤchte mir ins Gesicht schlagen! Verlaͤßt mich denn alle meine Frechheit gerade bei ihr? Ein einziges halblautes Pfui! von ihr entmannt mich. Aber wie zum Henker kam sie auch diesmal gerade auf diese melancholische Schwaͤrmerei, wo nun gar kein Uebergang zu machen war? Glaubt sie mit mir sey weiter nichts anzufangen? — Oder taͤuschte mich die Nacht, und sie war es nicht die dem Siebold das: »lieber Junge« nachrief? Oder — oder — oder soll ich denn schlechterdings rasend werden? — Ha! und heute kann sie mich nicht sprechen, und morgen verreist sie mit ihrer Mutter. — Teufel! das geht wunderlich her! Aber — jetzt will ich, es koste was es wolle! Ha! ich bin nun ganz wieder was ich war! Diese Reise koͤmmt freilich verdammt quer in den Weg, — gerade jetzt! Man kann nicht mehr zum Narren gehabt werden. Welche jaͤmmerliche Rolle werd' ich unterdessen spielen! — Ha! genießen muß ich sie, es koste was es wolle. Mein Vorsatz ist unerschuͤtterlich! Wenn nur die verfluchte Reise nicht waͤre! am 2. Septbr. Da rollte der Wagen hin, und — fort ist sie, und mir — ists ganz weich ums Herz. Es

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/106>, abgerufen am 11.05.2024.