Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


stellte sich ans Billard und sah dem Spiele zu. Jch saß so, daß ich ohne aufzufallen ihm lange in das Gesicht sehen konnte. Er hat in der That etwas Aehnliches mit ihr, besonders in seinem Lächeln. Wenn sie so lächelt, so heißt das: "Lieben Leute, moralisirt und predigt und sagt so viele vernünftige Sachen, als ihr wollt, ich habe gar nichts dagegen, und glaube von Herzen, daß ihr Recht habt, und wenn ihr mich auf den Scheiterhaufen vernünfteln wollt. Jch kann nun einmal nur fühlen, und mein Gefühl ist Wonne, und das ist alles was ich weiß. Verzeiht darum meiner Verlegenheit, denn in der That ich gehöre gar nicht hieher unter Euch."

O mit diesem Lächeln hat sie mich zum Ewigverschwornen ihrer Partie gelächelt, und wenns gegen die ganze Welt gält. Er sieht, mit seiner Erlaubniß, nebenbei freilich ein wenig dumm aus, wenn er so lächelt, wie er denn überhaupt ein geistloser Klumpen Fleisch ist.

Bald kann ichs länger nicht aushalten. Wie? wenn ich Jhr nachreiste! Feldheim soll nur acht Stunden von hier liegen. Aber wenn mich Jhre Mutter sähe, oder man erführ' es, -- Sie würd' es auf alle Fälle nicht gerne sehen.



stellte sich ans Billard und sah dem Spiele zu. Jch saß so, daß ich ohne aufzufallen ihm lange in das Gesicht sehen konnte. Er hat in der That etwas Aehnliches mit ihr, besonders in seinem Laͤcheln. Wenn sie so laͤchelt, so heißt das: »Lieben Leute, moralisirt und predigt und sagt so viele vernuͤnftige Sachen, als ihr wollt, ich habe gar nichts dagegen, und glaube von Herzen, daß ihr Recht habt, und wenn ihr mich auf den Scheiterhaufen vernuͤnfteln wollt. Jch kann nun einmal nur fuͤhlen, und mein Gefuͤhl ist Wonne, und das ist alles was ich weiß. Verzeiht darum meiner Verlegenheit, denn in der That ich gehoͤre gar nicht hieher unter Euch.«

O mit diesem Laͤcheln hat sie mich zum Ewigverschwornen ihrer Partie gelaͤchelt, und wenns gegen die ganze Welt gaͤlt. Er sieht, mit seiner Erlaubniß, nebenbei freilich ein wenig dumm aus, wenn er so laͤchelt, wie er denn uͤberhaupt ein geistloser Klumpen Fleisch ist.

Bald kann ichs laͤnger nicht aushalten. Wie? wenn ich Jhr nachreiste! Feldheim soll nur acht Stunden von hier liegen. Aber wenn mich Jhre Mutter saͤhe, oder man erfuͤhr' es, — Sie wuͤrd' es auf alle Faͤlle nicht gerne sehen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0110" n="110"/><lb/>
stellte sich ans Billard und sah dem Spiele zu. Jch saß so,                         daß ich ohne aufzufallen ihm lange in das Gesicht sehen konnte. Er hat in                         der That etwas Aehnliches mit ihr, besonders in seinem La&#x0364;cheln. Wenn sie so                         la&#x0364;chelt, so heißt das: »Lieben Leute, moralisirt und predigt und sagt so                         viele vernu&#x0364;nftige Sachen, als ihr wollt, ich habe gar nichts dagegen, und                         glaube von Herzen, daß ihr Recht habt, und wenn ihr mich auf den                         Scheiterhaufen vernu&#x0364;nfteln wollt. Jch kann nun einmal nur fu&#x0364;hlen, und mein                         Gefu&#x0364;hl ist Wonne, und das ist alles was ich weiß. Verzeiht darum meiner                         Verlegenheit, denn in der That ich geho&#x0364;re gar nicht hieher unter Euch.«</p>
              <p>O mit diesem La&#x0364;cheln hat sie mich zum Ewigverschwornen ihrer Partie                         gela&#x0364;chelt, und wenns gegen die ganze Welt ga&#x0364;lt. Er sieht, mit seiner                         Erlaubniß, nebenbei freilich ein wenig dumm aus, wenn er so la&#x0364;chelt, wie er                         denn u&#x0364;berhaupt ein geistloser Klumpen Fleisch ist.</p>
            </div>
            <div n="4">
              <opener>
                <dateline> <hi rendition="#right">am 6. Septbr.</hi> </dateline>
              </opener>
              <p>Bald kann ichs la&#x0364;nger nicht <choice><corr>aushalten.</corr><sic>aufhalten.</sic></choice> Wie? wenn                         ich Jhr nachreiste! Feldheim soll nur acht Stunden von hier liegen. Aber                         wenn mich Jhre Mutter sa&#x0364;he, oder man erfu&#x0364;hr' es, &#x2014; Sie wu&#x0364;rd' es auf alle                         Fa&#x0364;lle nicht gerne sehen.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0110] stellte sich ans Billard und sah dem Spiele zu. Jch saß so, daß ich ohne aufzufallen ihm lange in das Gesicht sehen konnte. Er hat in der That etwas Aehnliches mit ihr, besonders in seinem Laͤcheln. Wenn sie so laͤchelt, so heißt das: »Lieben Leute, moralisirt und predigt und sagt so viele vernuͤnftige Sachen, als ihr wollt, ich habe gar nichts dagegen, und glaube von Herzen, daß ihr Recht habt, und wenn ihr mich auf den Scheiterhaufen vernuͤnfteln wollt. Jch kann nun einmal nur fuͤhlen, und mein Gefuͤhl ist Wonne, und das ist alles was ich weiß. Verzeiht darum meiner Verlegenheit, denn in der That ich gehoͤre gar nicht hieher unter Euch.« O mit diesem Laͤcheln hat sie mich zum Ewigverschwornen ihrer Partie gelaͤchelt, und wenns gegen die ganze Welt gaͤlt. Er sieht, mit seiner Erlaubniß, nebenbei freilich ein wenig dumm aus, wenn er so laͤchelt, wie er denn uͤberhaupt ein geistloser Klumpen Fleisch ist. am 6. Septbr. Bald kann ichs laͤnger nicht aushalten. Wie? wenn ich Jhr nachreiste! Feldheim soll nur acht Stunden von hier liegen. Aber wenn mich Jhre Mutter saͤhe, oder man erfuͤhr' es, — Sie wuͤrd' es auf alle Faͤlle nicht gerne sehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/110
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/110>, abgerufen am 12.05.2024.