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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

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dann fallen Dir diese wie von ungefähr zu. Gelüstet Dir nach einem Dorfe Deines Nachbars, so nimm ihm sein ganzes Land weg, das Dorf allein wirst Du nie erhalten. Willst Du ein schönes Weib haben, so strebe nach Reichthum und Rang, und das schöne Weib würde sich Dir anbieten. Willst Du zeitlich glücklich seyn, so trachte nach den Gütern der Ewigkeit, so wird Dir das andere alles zufallen. Man erfand Porzellan als man Gold machen wollte -- Genug, geh niemals den geraden Weg auf das einzelne begehrte Gut los, er ist immer der Falsche.

Warlich der Zug aus Christels Wahnsinn, ist eine ganze Geschichte meines Lebens. -- Ach! was soll ich thun, um Sie zu erhalten? Kann ich, kann ich Sie minder begehren? Kann ich noch etwas anders wünschenswerth finden, als Liebe? -- Ha! grausame, grausame Ordnung der Dinge!

Allein seyn! Das ist was der Mensch nicht ertragen kann. Erste einfältige Paradieses Weisheit: Es ist nicht gut daß der Mensch allein sey! -- Woher wißt ihr es besser, elende kranke Spleen Männerchen, und wollt alles vereinzeln! Dürft ihr der Natur ins Angesicht widersprechen mit eurem: Der Mensch muß sich selbst genug seyn? O


dann fallen Dir diese wie von ungefaͤhr zu. Geluͤstet Dir nach einem Dorfe Deines Nachbars, so nimm ihm sein ganzes Land weg, das Dorf allein wirst Du nie erhalten. Willst Du ein schoͤnes Weib haben, so strebe nach Reichthum und Rang, und das schoͤne Weib wuͤrde sich Dir anbieten. Willst Du zeitlich gluͤcklich seyn, so trachte nach den Guͤtern der Ewigkeit, so wird Dir das andere alles zufallen. Man erfand Porzellan als man Gold machen wollte — Genug, geh niemals den geraden Weg auf das einzelne begehrte Gut los, er ist immer der Falsche.

Warlich der Zug aus Christels Wahnsinn, ist eine ganze Geschichte meines Lebens. — Ach! was soll ich thun, um Sie zu erhalten? Kann ich, kann ich Sie minder begehren? Kann ich noch etwas anders wuͤnschenswerth finden, als Liebe? — Ha! grausame, grausame Ordnung der Dinge!

Allein seyn! Das ist was der Mensch nicht ertragen kann. Erste einfaͤltige Paradieses Weisheit: Es ist nicht gut daß der Mensch allein sey! — Woher wißt ihr es besser, elende kranke Spleen Maͤnnerchen, und wollt alles vereinzeln! Duͤrft ihr der Natur ins Angesicht widersprechen mit eurem: Der Mensch muß sich selbst genug seyn? O

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[115/0115] dann fallen Dir diese wie von ungefaͤhr zu. Geluͤstet Dir nach einem Dorfe Deines Nachbars, so nimm ihm sein ganzes Land weg, das Dorf allein wirst Du nie erhalten. Willst Du ein schoͤnes Weib haben, so strebe nach Reichthum und Rang, und das schoͤne Weib wuͤrde sich Dir anbieten. Willst Du zeitlich gluͤcklich seyn, so trachte nach den Guͤtern der Ewigkeit, so wird Dir das andere alles zufallen. Man erfand Porzellan als man Gold machen wollte — Genug, geh niemals den geraden Weg auf das einzelne begehrte Gut los, er ist immer der Falsche. Warlich der Zug aus Christels Wahnsinn, ist eine ganze Geschichte meines Lebens. — Ach! was soll ich thun, um Sie zu erhalten? Kann ich, kann ich Sie minder begehren? Kann ich noch etwas anders wuͤnschenswerth finden, als Liebe? — Ha! grausame, grausame Ordnung der Dinge! am 8. Septbr. Allein seyn! Das ist was der Mensch nicht ertragen kann. Erste einfaͤltige Paradieses Weisheit: Es ist nicht gut daß der Mensch allein sey! — Woher wißt ihr es besser, elende kranke Spleen Maͤnnerchen, und wollt alles vereinzeln! Duͤrft ihr der Natur ins Angesicht widersprechen mit eurem: Der Mensch muß sich selbst genug seyn? O

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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/115>, abgerufen am 11.05.2024.