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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

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Mich haben sie heraus gestoßen, und nun schleich ich im Nebellande allein, trüb und freudenleer. Ach Ludwine! Jch zittere vor Deiner Zurückkunft, und schmachte ihr entgegen. -- Noch hoff' ich Thor, was schlechterdings nicht mehr zu hoffen ist. Sie Mein? -- und ist Sie nicht schon wirklich für mich verloren? -- Noch krümmt sich mein Herz wie ein gequälter Wurm zu glauben, was Du selbst -- ach selbst! -- mir sagtest, hofft noch immer einen Ausweg, ach! wird noch sehnend Dir zu klopfen, wenn Du es nun vernichten wirst.

Jch gieng zum Thor hinaus und so weiter und immer weiter Berg auf Berg ab, und als ich mich einmal umsehe bin ich in dem Birkenwald, durch den der Weg nach Salbach geht. Wie mich das ergriff!

Seitdem: daß ich hier mich so überschwenglich glücklich fühlte in ihren Arm -- guter Gott! welche Stürme in meiner Seele! Wie so ganz anders ist es mit mir geworden!

Warum muß ich nun so ohne Rettung an meinen Wunden verbluten? Warum darf sie nicht mein seyn?

Jch weilte lange hier, und schwelgte in der Wehmuth der Rückerinnerung. Mir dünkte ich


Mich haben sie heraus gestoßen, und nun schleich ich im Nebellande allein, truͤb und freudenleer. Ach Ludwine! Jch zittere vor Deiner Zuruͤckkunft, und schmachte ihr entgegen. — Noch hoff' ich Thor, was schlechterdings nicht mehr zu hoffen ist. Sie Mein? — und ist Sie nicht schon wirklich fuͤr mich verloren? — Noch kruͤmmt sich mein Herz wie ein gequaͤlter Wurm zu glauben, was Du selbst — ach selbst! — mir sagtest, hofft noch immer einen Ausweg, ach! wird noch sehnend Dir zu klopfen, wenn Du es nun vernichten wirst.

Jch gieng zum Thor hinaus und so weiter und immer weiter Berg auf Berg ab, und als ich mich einmal umsehe bin ich in dem Birkenwald, durch den der Weg nach Salbach geht. Wie mich das ergriff!

Seitdem: daß ich hier mich so uͤberschwenglich gluͤcklich fuͤhlte in ihren Arm — guter Gott! welche Stuͤrme in meiner Seele! Wie so ganz anders ist es mit mir geworden!

Warum muß ich nun so ohne Rettung an meinen Wunden verbluten? Warum darf sie nicht mein seyn?

Jch weilte lange hier, und schwelgte in der Wehmuth der Ruͤckerinnerung. Mir duͤnkte ich

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[120/0120] Mich haben sie heraus gestoßen, und nun schleich ich im Nebellande allein, truͤb und freudenleer. Ach Ludwine! Jch zittere vor Deiner Zuruͤckkunft, und schmachte ihr entgegen. — Noch hoff' ich Thor, was schlechterdings nicht mehr zu hoffen ist. Sie Mein? — und ist Sie nicht schon wirklich fuͤr mich verloren? — Noch kruͤmmt sich mein Herz wie ein gequaͤlter Wurm zu glauben, was Du selbst — ach selbst! — mir sagtest, hofft noch immer einen Ausweg, ach! wird noch sehnend Dir zu klopfen, wenn Du es nun vernichten wirst. am 10. Septbr. Jch gieng zum Thor hinaus und so weiter und immer weiter Berg auf Berg ab, und als ich mich einmal umsehe bin ich in dem Birkenwald, durch den der Weg nach Salbach geht. Wie mich das ergriff! Seitdem: daß ich hier mich so uͤberschwenglich gluͤcklich fuͤhlte in ihren Arm — guter Gott! welche Stuͤrme in meiner Seele! Wie so ganz anders ist es mit mir geworden! Warum muß ich nun so ohne Rettung an meinen Wunden verbluten? Warum darf sie nicht mein seyn? Jch weilte lange hier, und schwelgte in der Wehmuth der Ruͤckerinnerung. Mir duͤnkte ich

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/120>, abgerufen am 11.05.2024.