Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.Ha Wünsche! -- Noch schwebt meine Fantasie um das reizende Bild ihrer Liebe, noch flistert mir eine Stimme zu: Wie schön war dein Leben, wenn Ludwine dein würde! Ach! wenn sie meinen Kampf sähe, würde sie wohl ihren frohen Leichtsinn behalten? Wird ihr mein Andenken nicht einst eine Thräne in das Auge locken? -- Ha! ist meine ganze Hofnung noch eine Thräne? Die auch verrinnen wird im öden Sand, wie mein ganzes nichtiges Leben? Wenn ich nun von ihr werde Abschied nehmen: Leb wohl Ludwine, ich verreise Morgen! und sie dann in ihrer frölichen gutmüthigen Art: Adieu Lieber, komm bald wieder, und sei indessen recht froh und wohl, und mir auf die lange Reise wohl schäkernd ein Band von ihrem Busen mitgiebt, um ihrer dabei zu gedenken, -- wenn sie mir dann den letzten Kuß küßt -- Himmel! Wie will ich das ertragen! O Ludwine, wie will ich's ertragen? Warum mußt du mir erst meinen vorigen mürrischen Sinn genommen haben, in dem ich so hingegangen wäre wie ein Schlaftrunkener? Warum mußt du erst all mein Gefühl so aufgereitzt, alle meine Sinne so empfindlich gemacht haben, daß ich nun so zwischen Leben und Tod mich quälen muß. Während ich so da lag im hohen Ridgras das flüsternd um die Steine wehte, hatt' ich so gar nichts außer mir bemerkt, daß ich erst, als ich auf einmal einen Stern über mir erblickte, die Nacht Ha Wuͤnsche! — Noch schwebt meine Fantasie um das reizende Bild ihrer Liebe, noch flistert mir eine Stimme zu: Wie schoͤn war dein Leben, wenn Ludwine dein wuͤrde! Ach! wenn sie meinen Kampf saͤhe, wuͤrde sie wohl ihren frohen Leichtsinn behalten? Wird ihr mein Andenken nicht einst eine Thraͤne in das Auge locken? — Ha! ist meine ganze Hofnung noch eine Thraͤne? Die auch verrinnen wird im oͤden Sand, wie mein ganzes nichtiges Leben? Wenn ich nun von ihr werde Abschied nehmen: Leb wohl Ludwine, ich verreise Morgen! und sie dann in ihrer froͤlichen gutmuͤthigen Art: Adieu Lieber, komm bald wieder, und sei indessen recht froh und wohl, und mir auf die lange Reise wohl schaͤkernd ein Band von ihrem Busen mitgiebt, um ihrer dabei zu gedenken, — wenn sie mir dann den letzten Kuß kuͤßt — Himmel! Wie will ich das ertragen! O Ludwine, wie will ich's ertragen? Warum mußt du mir erst meinen vorigen muͤrrischen Sinn genommen haben, in dem ich so hingegangen waͤre wie ein Schlaftrunkener? Warum mußt du erst all mein Gefuͤhl so aufgereitzt, alle meine Sinne so empfindlich gemacht haben, daß ich nun so zwischen Leben und Tod mich quaͤlen muß. Waͤhrend ich so da lag im hohen Ridgras das fluͤsternd um die Steine wehte, hatt' ich so gar nichts außer mir bemerkt, daß ich erst, als ich auf einmal einen Stern uͤber mir erblickte, die Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0125" n="125"/><lb/> <p>Ha Wuͤnsche! — Noch schwebt meine Fantasie um das reizende Bild ihrer Liebe, noch flistert mir eine Stimme zu: Wie schoͤn war dein Leben, wenn Ludwine dein wuͤrde! Ach! wenn sie meinen Kampf saͤhe, wuͤrde sie wohl ihren frohen Leichtsinn behalten? Wird ihr mein Andenken nicht einst eine Thraͤne in das Auge locken? — Ha! ist meine ganze Hofnung noch eine Thraͤne? Die auch verrinnen wird im oͤden Sand, wie mein ganzes nichtiges Leben?</p> <p>Wenn ich nun von ihr werde Abschied nehmen: Leb wohl Ludwine, ich verreise Morgen! und sie dann in ihrer froͤlichen gutmuͤthigen Art: Adieu Lieber, komm bald wieder, und sei indessen recht froh und wohl, und mir auf die lange Reise wohl schaͤkernd ein Band von ihrem Busen mitgiebt, um ihrer dabei zu gedenken, — wenn sie mir dann den letzten Kuß kuͤßt — Himmel! Wie will ich das ertragen! O Ludwine, wie will ich's ertragen? Warum mußt du mir erst meinen vorigen muͤrrischen Sinn genommen haben, in dem ich so hingegangen waͤre wie ein Schlaftrunkener? Warum mußt du erst all mein Gefuͤhl so aufgereitzt, alle meine Sinne so empfindlich gemacht haben, daß ich nun so zwischen Leben und Tod mich quaͤlen muß.</p> <p>Waͤhrend ich so da lag im hohen Ridgras das fluͤsternd um die Steine wehte, hatt' ich so gar nichts außer mir bemerkt, daß ich erst, als ich auf einmal einen Stern uͤber mir erblickte, die Nacht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0125]
Ha Wuͤnsche! — Noch schwebt meine Fantasie um das reizende Bild ihrer Liebe, noch flistert mir eine Stimme zu: Wie schoͤn war dein Leben, wenn Ludwine dein wuͤrde! Ach! wenn sie meinen Kampf saͤhe, wuͤrde sie wohl ihren frohen Leichtsinn behalten? Wird ihr mein Andenken nicht einst eine Thraͤne in das Auge locken? — Ha! ist meine ganze Hofnung noch eine Thraͤne? Die auch verrinnen wird im oͤden Sand, wie mein ganzes nichtiges Leben?
Wenn ich nun von ihr werde Abschied nehmen: Leb wohl Ludwine, ich verreise Morgen! und sie dann in ihrer froͤlichen gutmuͤthigen Art: Adieu Lieber, komm bald wieder, und sei indessen recht froh und wohl, und mir auf die lange Reise wohl schaͤkernd ein Band von ihrem Busen mitgiebt, um ihrer dabei zu gedenken, — wenn sie mir dann den letzten Kuß kuͤßt — Himmel! Wie will ich das ertragen! O Ludwine, wie will ich's ertragen? Warum mußt du mir erst meinen vorigen muͤrrischen Sinn genommen haben, in dem ich so hingegangen waͤre wie ein Schlaftrunkener? Warum mußt du erst all mein Gefuͤhl so aufgereitzt, alle meine Sinne so empfindlich gemacht haben, daß ich nun so zwischen Leben und Tod mich quaͤlen muß.
Waͤhrend ich so da lag im hohen Ridgras das fluͤsternd um die Steine wehte, hatt' ich so gar nichts außer mir bemerkt, daß ich erst, als ich auf einmal einen Stern uͤber mir erblickte, die Nacht
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