Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.
Unsere Empfindungen haben nichts Aehnliches mit den Gegenständen, durch welche sie hervorgebracht werden. Die Empfindung der Mutter konnte allenfalls eine ähnliche Empfindung, nicht aber das Bild des Gegenstandes dem Fötus eindrücken. Warum sollte sich dieses bloß beim Menschen und nicht auch bei andern Thieren ereignen. Das Kind ist von der Mutter eben so wenig abhängig, als das Ey von der Henne. H. Büffon schließt also, daß die heftigen Empfindungen der Mutter allerdings Veränderungen im Fötus verursachen können, daß aber die bemerkte Aehnlichkeit zwischen den Mälern und den die Empfindungen verursachenden Gegenständen bloße Einbildung sey. Der V. hingegen behauptet, daß der Foetus allerdings mit der Gebärmutter zusammenhange, und sollte man auch diesen Zusammenhang nicht unmittelbar sinnlich entdecken können, so leitet uns doch eine analogische Schlußart darauf. "Der Zeitpunkt der Entwickelung des Keims, sagen unsre Sinne, ist, sobald als er in das Jnnere der Gebärmutter eingedrungen ist, da doch gewiß, nach aller Wahrscheinlichkeit, seine Entwickelung schon von Ewigkeit her angefangen, und der Keim nur dieses
Unsere Empfindungen haben nichts Aehnliches mit den Gegenstaͤnden, durch welche sie hervorgebracht werden. Die Empfindung der Mutter konnte allenfalls eine aͤhnliche Empfindung, nicht aber das Bild des Gegenstandes dem Foͤtus eindruͤcken. Warum sollte sich dieses bloß beim Menschen und nicht auch bei andern Thieren ereignen. Das Kind ist von der Mutter eben so wenig abhaͤngig, als das Ey von der Henne. H. Buͤffon schließt also, daß die heftigen Empfindungen der Mutter allerdings Veraͤnderungen im Foͤtus verursachen koͤnnen, daß aber die bemerkte Aehnlichkeit zwischen den Maͤlern und den die Empfindungen verursachenden Gegenstaͤnden bloße Einbildung sey. Der V. hingegen behauptet, daß der Foetus allerdings mit der Gebaͤrmutter zusammenhange, und sollte man auch diesen Zusammenhang nicht unmittelbar sinnlich entdecken koͤnnen, so leitet uns doch eine analogische Schlußart darauf. »Der Zeitpunkt der Entwickelung des Keims, sagen unsre Sinne, ist, sobald als er in das Jnnere der Gebaͤrmutter eingedrungen ist, da doch gewiß, nach aller Wahrscheinlichkeit, seine Entwickelung schon von Ewigkeit her angefangen, und der Keim nur dieses <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0108" n="108"/><lb/> sie aͤhnlich sind, sondern beide ruͤhren von einer und eben derselben Ursache her.</p> <p>Unsere Empfindungen haben nichts Aehnliches mit den Gegenstaͤnden, durch welche sie hervorgebracht werden. Die Empfindung der Mutter konnte allenfalls eine aͤhnliche Empfindung, nicht aber das Bild des Gegenstandes dem Foͤtus eindruͤcken.</p> <p>Warum sollte sich dieses bloß beim Menschen und nicht auch bei andern Thieren ereignen. Das Kind ist von der Mutter eben so wenig abhaͤngig, als das Ey von der Henne.</p> <p>H. <hi rendition="#b">Buͤffon</hi> schließt also, daß die heftigen Empfindungen der Mutter allerdings Veraͤnderungen im Foͤtus verursachen koͤnnen, daß aber die bemerkte Aehnlichkeit zwischen den Maͤlern und den die Empfindungen verursachenden Gegenstaͤnden bloße Einbildung sey.</p> <p>Der V. hingegen behauptet, daß der Foetus allerdings mit der Gebaͤrmutter zusammenhange, und sollte man auch diesen Zusammenhang nicht unmittelbar sinnlich entdecken koͤnnen, so leitet uns doch eine analogische Schlußart darauf. »Der Zeitpunkt der Entwickelung des Keims, sagen unsre Sinne, ist, sobald als er in das Jnnere der Gebaͤrmutter eingedrungen ist, da doch gewiß, nach aller Wahrscheinlichkeit, seine Entwickelung schon von Ewigkeit her angefangen, und der Keim nur dieses<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0108]
sie aͤhnlich sind, sondern beide ruͤhren von einer und eben derselben Ursache her.
Unsere Empfindungen haben nichts Aehnliches mit den Gegenstaͤnden, durch welche sie hervorgebracht werden. Die Empfindung der Mutter konnte allenfalls eine aͤhnliche Empfindung, nicht aber das Bild des Gegenstandes dem Foͤtus eindruͤcken.
Warum sollte sich dieses bloß beim Menschen und nicht auch bei andern Thieren ereignen. Das Kind ist von der Mutter eben so wenig abhaͤngig, als das Ey von der Henne.
H. Buͤffon schließt also, daß die heftigen Empfindungen der Mutter allerdings Veraͤnderungen im Foͤtus verursachen koͤnnen, daß aber die bemerkte Aehnlichkeit zwischen den Maͤlern und den die Empfindungen verursachenden Gegenstaͤnden bloße Einbildung sey.
Der V. hingegen behauptet, daß der Foetus allerdings mit der Gebaͤrmutter zusammenhange, und sollte man auch diesen Zusammenhang nicht unmittelbar sinnlich entdecken koͤnnen, so leitet uns doch eine analogische Schlußart darauf. »Der Zeitpunkt der Entwickelung des Keims, sagen unsre Sinne, ist, sobald als er in das Jnnere der Gebaͤrmutter eingedrungen ist, da doch gewiß, nach aller Wahrscheinlichkeit, seine Entwickelung schon von Ewigkeit her angefangen, und der Keim nur dieses
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