Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


nicht aber das gehörte Wort die Vorstellung von dem ausgesprochenen Worte (welche nichts anders, als die des gehörten Wortes selbst ist) in der Seele reproduziren, und also der Mangelnden Sprache aufhelfen.


17-31.

Verrückung und Traum haben mit einander folgendes gemein. 1) Jn diesen Zuständen werden Gedankendinge für außer uns vorhandene Dinge gehalten. 2) Haben wir oft in dem Augenblick, in dem dieser Trug geschieht, ein Bewustseyn von dem Truge. Um diese Erscheinungen zu erklären, wirft der Verfasser erstlich die Frage auf: Da alle unsere Vorstellungen Beschaffenheiten unsers denkenden Wesens sind, woher kommt es, daß wir irgend etwas als ein Ding betrachten, welches außer uns wirklich ist u.s.w.?

Anmerkung.

Aber wie sollen wir es denn betrachten? als etwas in uns? Setzt dieses nicht voraus, daß wir schon den Unterschied wissen, zwischen dem was in uns und was außer uns ist, d.h. daß wir gewisse Dinge als außer uns betrachten? Wir betrachten ein Ding als etwas, welches außer uns wirklich ist, heißt nichts anders als: wir betrachten die Vorstellung eines Dinges als etwas von unserm vorstel-


nicht aber das gehoͤrte Wort die Vorstellung von dem ausgesprochenen Worte (welche nichts anders, als die des gehoͤrten Wortes selbst ist) in der Seele reproduziren, und also der Mangelnden Sprache aufhelfen.


17-31.

Verruͤckung und Traum haben mit einander folgendes gemein. 1) Jn diesen Zustaͤnden werden Gedankendinge fuͤr außer uns vorhandene Dinge gehalten. 2) Haben wir oft in dem Augenblick, in dem dieser Trug geschieht, ein Bewustseyn von dem Truge. Um diese Erscheinungen zu erklaͤren, wirft der Verfasser erstlich die Frage auf: Da alle unsere Vorstellungen Beschaffenheiten unsers denkenden Wesens sind, woher kommt es, daß wir irgend etwas als ein Ding betrachten, welches außer uns wirklich ist u.s.w.?

Anmerkung.

Aber wie sollen wir es denn betrachten? als etwas in uns? Setzt dieses nicht voraus, daß wir schon den Unterschied wissen, zwischen dem was in uns und was außer uns ist, d.h. daß wir gewisse Dinge als außer uns betrachten? Wir betrachten ein Ding als etwas, welches außer uns wirklich ist, heißt nichts anders als: wir betrachten die Vorstellung eines Dinges als etwas von unserm vorstel-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0121" n="121"/><lb/>
nicht aber das <hi rendition="#b">geho&#x0364;rte</hi> Wort                         die Vorstellung von dem ausgesprochenen Worte (welche nichts anders, als die                         des geho&#x0364;rten Wortes selbst ist) in der Seele reproduziren, und also der                         Mangelnden Sprache aufhelfen.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>17-31.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#b">Verru&#x0364;ckung</hi> und <hi rendition="#b">Traum</hi> haben                         mit einander folgendes gemein. 1) Jn diesen Zusta&#x0364;nden werden Gedankendinge                         fu&#x0364;r außer uns vorhandene Dinge gehalten. 2) Haben wir oft in dem Augenblick,                         in dem dieser Trug geschieht, ein Bewustseyn von dem Truge. Um diese                         Erscheinungen zu erkla&#x0364;ren, wirft der Verfasser erstlich die Frage auf: Da                         alle unsere Vorstellungen Beschaffenheiten unsers denkenden Wesens sind,                         woher kommt es, daß wir irgend etwas als ein Ding betrachten, welches außer                         uns wirklich ist u.s.w.?</p>
            <div n="4">
              <head>Anmerkung.</head><lb/>
              <p>Aber wie sollen                         wir es denn betrachten? als etwas <hi rendition="#b">in uns?</hi> Setzt                         dieses nicht voraus, daß wir schon den Unterschied wissen, zwischen dem was <hi rendition="#b">in uns</hi> und was <hi rendition="#b">außer                             uns</hi> ist, d.h. daß wir gewisse Dinge als <hi rendition="#b">außer                             uns</hi> betrachten? Wir betrachten ein Ding als etwas, welches außer                         uns wirklich ist, heißt nichts anders als: wir betrachten die Vorstellung                         eines Dinges als etwas von unserm vorstel-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0121] nicht aber das gehoͤrte Wort die Vorstellung von dem ausgesprochenen Worte (welche nichts anders, als die des gehoͤrten Wortes selbst ist) in der Seele reproduziren, und also der Mangelnden Sprache aufhelfen. 17-31. Verruͤckung und Traum haben mit einander folgendes gemein. 1) Jn diesen Zustaͤnden werden Gedankendinge fuͤr außer uns vorhandene Dinge gehalten. 2) Haben wir oft in dem Augenblick, in dem dieser Trug geschieht, ein Bewustseyn von dem Truge. Um diese Erscheinungen zu erklaͤren, wirft der Verfasser erstlich die Frage auf: Da alle unsere Vorstellungen Beschaffenheiten unsers denkenden Wesens sind, woher kommt es, daß wir irgend etwas als ein Ding betrachten, welches außer uns wirklich ist u.s.w.? Anmerkung. Aber wie sollen wir es denn betrachten? als etwas in uns? Setzt dieses nicht voraus, daß wir schon den Unterschied wissen, zwischen dem was in uns und was außer uns ist, d.h. daß wir gewisse Dinge als außer uns betrachten? Wir betrachten ein Ding als etwas, welches außer uns wirklich ist, heißt nichts anders als: wir betrachten die Vorstellung eines Dinges als etwas von unserm vorstel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/121
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/121>, abgerufen am 22.12.2024.