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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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Anmerkung.

Die Rechtschaffenheit spielt hier bloß eine Nebenrolle, die Hauptrolle spielt der, allen Selbstmördern, die nicht durch eine heftige Leidenschaft dazu angetrieben werden, gemeinschaftliche Lebensüberdruß. Auch kann dieses nicht heißen Lebenßüberdruß, wenn jemand sich allen Aussichten zu seinem und der Seinigen Fortkommen beraubt sieht, sondern vielmehr Verzweiflung.

S. M.


10-25.

Wenn die Einbildungskraft herrschend ist, so ist sie täuschend; weil die Spur der vorhergegangenen Jdeen, mithin die Kennzeichen von der innern Erzeugung einer Vorstellung oft verlohren geht.

Anmerkung.

Die Täuschung im Traume beruht keineswegs auf den Mangel der Einsicht in der Verbindung der Vorstellungen, sondern auf die Lebhaftigkeit der Vorstellungen an sich. Wir urtheilen von der Wirklichkeit einer Vorstellung hauptsächlich durch ihre Wirkung. Da nun im Traume die Vorstellung so lebhaft wird, daß sie eben dieselbe Würkung hervorbringen kann, die der wirkliche Gegenstand hervorzubringen pflegt, so können wir sie nicht anders als für den wirklichen Gegenstand selbst halten.

Eben so täuscht uns ein theatralisches Stück bloß dadurch, daß es in uns alle die Empfindungen


Anmerkung.

Die Rechtschaffenheit spielt hier bloß eine Nebenrolle, die Hauptrolle spielt der, allen Selbstmoͤrdern, die nicht durch eine heftige Leidenschaft dazu angetrieben werden, gemeinschaftliche Lebensuͤberdruß. Auch kann dieses nicht heißen Lebenßuͤberdruß, wenn jemand sich allen Aussichten zu seinem und der Seinigen Fortkommen beraubt sieht, sondern vielmehr Verzweiflung.

S. M.


10-25.

Wenn die Einbildungskraft herrschend ist, so ist sie taͤuschend; weil die Spur der vorhergegangenen Jdeen, mithin die Kennzeichen von der innern Erzeugung einer Vorstellung oft verlohren geht.

Anmerkung.

Die Taͤuschung im Traume beruht keineswegs auf den Mangel der Einsicht in der Verbindung der Vorstellungen, sondern auf die Lebhaftigkeit der Vorstellungen an sich. Wir urtheilen von der Wirklichkeit einer Vorstellung hauptsaͤchlich durch ihre Wirkung. Da nun im Traume die Vorstellung so lebhaft wird, daß sie eben dieselbe Wuͤrkung hervorbringen kann, die der wirkliche Gegenstand hervorzubringen pflegt, so koͤnnen wir sie nicht anders als fuͤr den wirklichen Gegenstand selbst halten.

Eben so taͤuscht uns ein theatralisches Stuͤck bloß dadurch, daß es in uns alle die Empfindungen

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[132/0132] Anmerkung. Die Rechtschaffenheit spielt hier bloß eine Nebenrolle, die Hauptrolle spielt der, allen Selbstmoͤrdern, die nicht durch eine heftige Leidenschaft dazu angetrieben werden, gemeinschaftliche Lebensuͤberdruß. Auch kann dieses nicht heißen Lebenßuͤberdruß, wenn jemand sich allen Aussichten zu seinem und der Seinigen Fortkommen beraubt sieht, sondern vielmehr Verzweiflung. S. M. 10-25. Wenn die Einbildungskraft herrschend ist, so ist sie taͤuschend; weil die Spur der vorhergegangenen Jdeen, mithin die Kennzeichen von der innern Erzeugung einer Vorstellung oft verlohren geht. Anmerkung. Die Taͤuschung im Traume beruht keineswegs auf den Mangel der Einsicht in der Verbindung der Vorstellungen, sondern auf die Lebhaftigkeit der Vorstellungen an sich. Wir urtheilen von der Wirklichkeit einer Vorstellung hauptsaͤchlich durch ihre Wirkung. Da nun im Traume die Vorstellung so lebhaft wird, daß sie eben dieselbe Wuͤrkung hervorbringen kann, die der wirkliche Gegenstand hervorzubringen pflegt, so koͤnnen wir sie nicht anders als fuͤr den wirklichen Gegenstand selbst halten. Eben so taͤuscht uns ein theatralisches Stuͤck bloß dadurch, daß es in uns alle die Empfindungen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/132>, abgerufen am 22.12.2024.