Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.Anmerkung. Daß ein solches Ahndungsgefühl nach unsern bisherigen Einsichten in der Natur der Seele aus den bekannten Gesetzen unsers Erkenntnißvermögens, unerklärbar ist, hat allerdings seine Richtigkeit. Woher können wir aber mit Gewißheit behaupten, daß es damit streitet? Es kann mehrere Wirkungsarten der Seele geben, die sich nur unter gewissen Umständen äußern, und die mit den uns bekannten Wirkungsarten in einem natürlichen Verhältnisse stehen. Die verschiedenen Associationsarten (der Koexistenz, der Folge u.d.g.) heben sich in ihren Wirkungen wechselseitig auf, eine jede Reihe von Jdeen, die durch eine dieser Associationsarten bestimmt wird, wird durch eingeschobene Jdeen aus einer andern Associationsreihe unterbrochen, ohne daß deswegen die Jdentität des Vorstellungsvermögens im Ganzen unterbrochen wird. S. M. 2) Wird dieses Vermögen bei unzähligen Menschen gar nicht bemerkt; am wenigsten aber NB. bei aufgeklärten und vorurtheilsfreien Menschen. 3) Würde ein solches Vermögen mehr zu unsrer Quaal als zu unsrer Glückseligkeit beitragen. Anmerkung. Daß ein solches Ahndungsgefuͤhl nach unsern bisherigen Einsichten in der Natur der Seele aus den bekannten Gesetzen unsers Erkenntnißvermoͤgens, unerklaͤrbar ist, hat allerdings seine Richtigkeit. Woher koͤnnen wir aber mit Gewißheit behaupten, daß es damit streitet? Es kann mehrere Wirkungsarten der Seele geben, die sich nur unter gewissen Umstaͤnden aͤußern, und die mit den uns bekannten Wirkungsarten in einem natuͤrlichen Verhaͤltnisse stehen. Die verschiedenen Associationsarten (der Koexistenz, der Folge u.d.g.) heben sich in ihren Wirkungen wechselseitig auf, eine jede Reihe von Jdeen, die durch eine dieser Associationsarten bestimmt wird, wird durch eingeschobene Jdeen aus einer andern Associationsreihe unterbrochen, ohne daß deswegen die Jdentitaͤt des Vorstellungsvermoͤgens im Ganzen unterbrochen wird. S. M. 2) Wird dieses Vermoͤgen bei unzaͤhligen Menschen gar nicht bemerkt; am wenigsten aber NB. bei aufgeklaͤrten und vorurtheilsfreien Menschen. 3) Wuͤrde ein solches Vermoͤgen mehr zu unsrer Quaal als zu unsrer Gluͤckseligkeit beitragen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0070" n="70"/><lb/> <div n="4"> <head>Anmerkung.</head><lb/> <p>Daß ein solches Ahndungsgefuͤhl nach unsern bisherigen Einsichten in der Natur der Seele aus den bekannten Gesetzen unsers Erkenntnißvermoͤgens, <hi rendition="#b">unerklaͤrbar</hi> ist, hat allerdings seine Richtigkeit. Woher koͤnnen wir aber mit Gewißheit behaupten, daß es damit streitet? Es <choice><corr>kann</corr><sic>koͤnnen</sic></choice> mehrere Wirkungsarten der Seele geben, die sich nur <hi rendition="#b">unter gewissen Umstaͤnden</hi> aͤußern, und die mit den uns bekannten Wirkungsarten in einem natuͤrlichen Verhaͤltnisse stehen. Die verschiedenen Associationsarten (der Koexistenz, der Folge u.d.g.) heben sich in ihren Wirkungen wechselseitig auf, eine jede Reihe von Jdeen, die durch eine dieser Associationsarten bestimmt wird, wird durch eingeschobene Jdeen aus einer andern Associationsreihe unterbrochen, ohne daß deswegen die Jdentitaͤt des Vorstellungsvermoͤgens im Ganzen unterbrochen wird.</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#b"> <persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>S. M.</persName> </hi> </p> <p>2) Wird dieses Vermoͤgen bei unzaͤhligen Menschen gar nicht bemerkt; am wenigsten aber <hi rendition="#b">NB.</hi> bei aufgeklaͤrten und vorurtheilsfreien Menschen.</p> <p>3) Wuͤrde ein solches Vermoͤgen mehr zu unsrer Quaal als zu unsrer Gluͤckseligkeit beitragen.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0070]
Anmerkung.
Daß ein solches Ahndungsgefuͤhl nach unsern bisherigen Einsichten in der Natur der Seele aus den bekannten Gesetzen unsers Erkenntnißvermoͤgens, unerklaͤrbar ist, hat allerdings seine Richtigkeit. Woher koͤnnen wir aber mit Gewißheit behaupten, daß es damit streitet? Es kann mehrere Wirkungsarten der Seele geben, die sich nur unter gewissen Umstaͤnden aͤußern, und die mit den uns bekannten Wirkungsarten in einem natuͤrlichen Verhaͤltnisse stehen. Die verschiedenen Associationsarten (der Koexistenz, der Folge u.d.g.) heben sich in ihren Wirkungen wechselseitig auf, eine jede Reihe von Jdeen, die durch eine dieser Associationsarten bestimmt wird, wird durch eingeschobene Jdeen aus einer andern Associationsreihe unterbrochen, ohne daß deswegen die Jdentitaͤt des Vorstellungsvermoͤgens im Ganzen unterbrochen wird.
S. M.
2) Wird dieses Vermoͤgen bei unzaͤhligen Menschen gar nicht bemerkt; am wenigsten aber NB. bei aufgeklaͤrten und vorurtheilsfreien Menschen.
3) Wuͤrde ein solches Vermoͤgen mehr zu unsrer Quaal als zu unsrer Gluͤckseligkeit beitragen.
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